Die Ergebnisse des gestrigen Abstimmungssonntags waren durchs Band erfreulich. Hier möchte ich mich auf die beiden Gesundheitsinitiativen beschränken. Da ist zum einen das Signal, dass die Bevölkerung der Schweiz das Gesamtinteresse im Blick behält. Die Aussicht auf einen staatlichen finanzierten Deckel auf den Krankenkassenprämien hat wie vor kurzem die Aussicht auf eine 13. AHV für viele verlockend geklungen, doch diesmal hat die Mehrheit die Argumente gegen diese weiteren Staatszuschüsse ernst genommen.
Erfreulich ist der Ausgang zur Prämieninitiative wie jener zur Kostenbremse aber auch, weil beide für die tatsächlich bestehenden Probleme im Gesundheitswesen keine Lösung angeboten haben. Im Gegenteil. Nichts hätte den immer weiter steigenden Kosten entgegengewirkt, sie wären bloss im eh schon überbelasteten Staatsbudget angefallen.
Die Kostensteigerung im Gesundheitsweisen ist teilweise durch unseren Reichtum bedingt – wir können uns mehr Ausgaben für unsere Gesundheit leisten und tun das auch – aber auch durch bessere und teurere Behandlungsmethoden. Nicht hier liegt aber das wahre Problem, sondern in gigantischen Fehlanreizen. Die ökonomische Lösung für Fehlanreize sind gewöhnlich Marktlösungen. Auf idealen Märkten vergleichen Konsumenten für ihren Kaufentscheid den Nutzen, den sie sich von angebotenen Leistungen und Gütern versprechen, mit den Preisen, die sie dafür bezahlen müssen. Anbieter in Konkurrenz versuchen daher ihre Kosten und damit ihre Preise so tief wie möglich zu halten, um wirtschaftlich zu überleben.
Schwer zu bekämpfenden Fehlanreize
Im Gesundheitswesen ist ein idealer Markt aus vielen Gründen nicht möglich, alleine schon, weil ein Arzt meist besser als seine Patientin weiss, was sie braucht. Er legt ihren Nutzen fest und die Patientin zweifelt das besser auch nicht an, denn sonst spielt sie mit ihrem Leben. Über Preise verhandeln die beiden in der Regel nicht, die Kosten können sie schliesslich weiterreichen – an die Krankenkasse oder den Staat. Als potenzielle Patientinnen oder Patienten zahlen wir je nach Franchise kaum mehr etwas dafür, wenn wir zum Arzt oder ins Spital rennen, selbst für Bagatellen, und wir wollen dort die beste und teuerste Versorgung.
Anbieter wie Spitäler, Ärzte und Pharma haben ebenfalls kaum Anreize, uns hier zu bremsen. Im Gegenteil, denn auch sie können Rechnungen weiterreichen. Das befeuert eine Spirale von immer mehr beanspruchten Leistungen und steigenden Kosten und damit Prämien. Jede und jeder will dann erst recht mehr vom System profitieren.
Die Abstimmungsresultate haben am Grundproblem dieser Fehlanreize als Kostentreiber nichts verändert, sie haben einzig eine noch schlechtere Entwicklung verhindert. Ein Vorteil von Volksabstimmungen ist aber, dass sie erstens oft mit einem gesellschaftlichen Lernprozess einhergehen und dass sie zweitens die Politik zu Massnahmen, bzw. konstruktiven Gegenvorschlägen zwingen. Im aktuellen Fall sorgt ein Gegenvorschlag jetzt für einen grösseren Ausgleich für jene, die tatsächlich übermässig durch Prämien belastet werden und ein weiterer Gegenvorschlag verpflichtet den Bund dazu, sich vertieft mit den Fehlanreizen auseinanderzusetzen und sie zu korrigieren. Eine Lösung ist das noch lange nicht, aber immerhin stimmt die Richtung.