Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist in einer komfortablen Lage: Mit Blick auf die Inflation und die aktuellen Inflationserwartungen war die SNB weniger unter Handels- und Erklärungsdruck als andere grosse Notenbanken der Welt wie die Europäische Zentralbank oder das Fed in den USA. Anders als dort liegt die Inflation in der Schweiz mit 1,4 Prozent klar im akzeptablen Bereich von maximal 2 Prozent.

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Für den Entscheid, den Zins jetzt um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent zu senken, dürfte vor allem die Entwicklung des Wechselkurses die Hauptrolle gespielt haben. Einmal mehr hat SNB-Präsident Thomas Jordan denn auch den grossen Einfluss des Frankens für die monetären Bedingungen in der Schweiz und damit auch für die Inflation betont.

Die Frankenaufwertung entspricht höheren Zinsen

Von Anfang Jahr bis Ende Mai hat sich der Franken deutlich abgeschwächt. Zum Euro hat die Schweizer Währung kurzzeitig fast die Parität erreicht; das heisst, der Kurs der Gemeinschaftswährung blieb nur noch knapp unter einem Franken. Mittlerweile hat sich die Entwicklung radikal gedreht.

Die neuerliche Aufwertung des Frankens hat seither zu einem Kurs von zeitweise unter 95 Rappen geführt. Auf die monetären Bedingungen und die Folgen für die Inflation wirkt sich die Frankenaufwertung gleich aus wie höhere Zinsen. Die Zinssenkung kann man daher als Gegensteuer-Massnahme dazu verstehen.

Die Folgen des Zinsentscheids waren auf dem Devisenmarkt unmittelbar zu sehen. Der Preis eines Euros ist wieder auf 0.955 Franken gestiegen.

Von der Inflationsfront hat die SNB wegen der gelockerten Geldpolitik ohnehin nichts zu befürchten, wenn ihre aktuelle Einschätzung der weiteren Entwicklung zutrifft. Selbst nach Berücksichtigung der jetzigen Zinssenkung soll die Teuerung nach SNB-Einschätzung bis 2026 auf 1 Prozent weitersinken. Auch ein Teuerungsdruck durch importierte Inflation befürchtet die SNB nicht, da sie auch im Ausland von einem weiteren Rückgang ausgeht.

Eine baldige weitere Zinssenkung ist unwahrscheinlich

Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage dürfte aber für die nächste Zukunft keine weitere Zinssenkung der SNB zu erwarten sein. Der reale, also kaufkraftbereinigte Leitzins liegt jetzt etwa im sogenannt neutralen Bereich, das heisst dort, wo er die Teuerung und die Konjunktur weder befeuert noch bremst. Dazu kommt, dass auch die anderen grossen Notenbanken mit Zinssenkungen deutlich zurückhaltender bleiben dürften, als das noch vor wenigen Monaten erwartet wurde. Das zumindest lässt sich aus den Marktdaten lesen.

Sicher ist allerdings gar nichts. Das betrifft vor allem die Entwicklung des Frankenkurses. Thomas Jordan erklärt dessen jüngste Aufwertung mit den gestiegenen politischen Unsicherheiten in Europa. Diese sind noch alles andere als ausgestanden. Sie und auch andere geopolitische Risiken können jederzeit eine weitere Aufwertung des Frankens bewirken – und die SNB zu einer weiteren Zinssenkung bewegen.