Hat Russland den Zins auf die offenen Dollar-Staatsanleihen bezahlt? In Dollar? In Rubel? Warum ist das Geld noch nicht bei den Gläubigern? Die Unklarheit zu den seit Mittwoch fälligen Zahlungen dauert an. Die US-Bank JP Morgan Chase hat als Korrespondenzbank wohl die Mittel erhalten und bearbeitet, meldet Bloomberg. Die Gelder seien an die Citigroup weitergeleitet worden. Die Gläubiger warten aber noch auf den Erhalt der 117 Millionen US-Dollar.
JP Morgan fungiert demnach als Korrespondenzbank für Russland, um die Gelder an die Zahlstelle Citigroup zu überweisen. JP Morgan hat das Geld an die Citigroup weitergeleitet, nachdem sie am Mittwoch die erforderlichen Genehmigungen der US-Behörden eingeholt und erhalten hatte, heisst es.
Die Gefahr ist nicht gebannt
Vertreter von JPMorgan und Citigroup lehnten eine Stellungnahme gegenüber Bloomberg ab.
Die «technischen Schwierigkeiten» bei der Übermittlung des Geldes zeigen für S&P Global Ratings, dass sich das Risiko eines Zahlungsausfalls weiter erhöht – entweder dieses Mal oder in Zukunft. Nichtsdestotrotz führte der Schritt von JP Morgan dazu, dass die russischen Credit-Default-Swaps weiter fielen, nachdem sie in dieser Woche stark gesunken waren, während die Kurse der 2023 und 2043 fälligen Anleihen des Landes gestiegen sind.
Die Meldungen über einen anstehenden Staatsbankrott Russlands häufen sich – und sie sind berechtigt. Doch was genau würde das bedeuten? Welche Folgen hätte das? Wäre es das erste Mal? Und aus welchem Grund riskiert Russland den Zahlungsausfall
Die wichtigsten sieben Punkte lesen Sie im Text von Co-Chefredaktor Markus Diem. Doret erklärt er auch, was das für die Weltwirtschaft bedeutet. Verwerfungen drohen am ehesten durch indirekte Folgen: etwa für andere Schwellenländer, die durch Russlands Zahlungsausfall von Investoren ebenfalls gemieden werden könnten oder die für ihre Mittel hohe Risikoaufschläge bezahlen müssen. Möglich ist auch, dass Derivatstrukturen – wie die berühmt-berüchtigten CDS – einzelnen Instituten hohe Verluste bescheren können, die in den Daten nicht erkennbar sind.
Russlands Möglichkeit, die Zahlungen an die Anleiheinhaber zu leisten, wird von den internationalen Märkten mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt. Das russische Finanzministerium hatte zuletzt erklärt, man habe das Geld für die Zinszahlung in Höhe von 117 Millionen Dollar am 14. März an eine nicht namentlich genannte Korrespondenzbank überwiesen.
Das Finanzministerium sagte, es werde versuchen, die Zinsen in Dollar zu zahlen und nur dann auf Rubel zurückgreifen, falls dies nicht gelinge. Russland hat eine Nachfrist von 30 Tagen, um die Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
Die Anlegerinnen schöpfen Zuversicht
«Wenn die Mittel für die Investoren nicht zugänglich sind oder wenn eine Zahlung in einer Währung erfolgt, die nicht in den Kreditbedingungen festgelegt ist, und wir davon ausgehen, dass der Investor der alternativen Zahlung nicht zustimmt, könnten wir dies als Zahlungsausfall betrachten», sagten die Analysten von S&P in einer Erklärung am Donnerstagabend und stuften Russlands Fremdwährungsrating von CCC- auf CC herab.
Gleichwohl nährte die Nachricht von JP Morgans Überweisung Optimismus. Die Preise für russische Staatsanleihen stiegen über alle Laufzeiten hinweg, und die implizite Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls Russlands innerhalb eines Jahres sank auf 57 Prozent. Letzte Woche lag sie noch bei 80 Prozent.
Als Korrespondenzbank kann JP Morgan Dienstleistungen im Namen eines anderen Finanzinstituts erbringen. Die Citigroup zieht in ihrer Rolle als Zahlstelle Kuponzahlungen von den Anleiheemittenten ein und verteilt die Mittel an die Bondhalter. Dabei handelt es sich weitgehend um administrative Aufgaben.
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(bloomberg/ise)