Ein Eigenheim ist und bleibt für Frau und Herr Schweizer der grösste Traum. Doch für die meisten bleibt er ein Wunschtraum. Denn die Preise für Wohneigentum dürften auch in Zukunft weiter steigen.

Die Preise für privates Wohneigentum haben seit Ausbruch von Corona im Jahr 2020 kräftig angezogen, wie Donato Scognamiglio, Chef des Immobiliendienstleisters IAZI am Donnerstag an einer Medienkonferenz erläutert. Die Löhne könnten nicht mit den Immobilienpreisen mithalten.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Seit dem Jahr 2000 haben die Löhne um 10 bis 15 Prozent, die Immobilienpreise dagegen um 170 Prozent angezogen. Daher schaffe man es mit Arbeiten nicht mehr, eine Immobilie zu kaufen. Es brauche eben auch hier eine 3G-Lösung, sagt Scognamiglio: «Gewonnen, geerbt oder gestohlen.» Anders könne ein Heim fast nicht mehr finanziert werden

Allein 2020 sind Einfamilienhäuser um 5,8 Prozent gestiegen und Eigentumswohnungen um 5,1 Prozent. Das sei das höchste Jahreswachstum seit Anfang 2013 bzw. 2014. Vor allem in peripheren Regionen wie in Graubünden, dem Jura oder der Innerschweiz sei das Preiswachstum sehr hoch gewesen. Die Preise für Mehrfamilienhäuser legten um 4,5 Prozent zu.

Hohe Hürden

Doch nicht nur die steigenden Immobilienpreise sind eine Hürde. Auch regulatorische Vorschriften wie strenge Eigenkapitalvorschriften oder die Tragbarkeitsvorschriften der Banken erschwerten für Private den Kauf einer Wohnimmobilie. Trotz tiefer Zinsen wird nämlich bei der Kreditvergabe ein kalkulatorischer Zins von 4 bis 5 Prozent verwendet. Damit wird berechnet, ob sich die Hypothekarnehmer auch bei steigenden Zinsen die Immobilie leisten können.

Mit Festhypotheken könnten sich Häuslebauer aber gegen steigende Zinsen absichern. Daher könnte das Prinzip des kalkulatorischen Zinssatzes, das letztlich mit dazu beitrage, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung von Immobilienbesitz ausgeschlossen werde, eigentlich hinterfragt werde, sagte Scognamiglio.

Party geht weiter

Dass sich an den steigenden Preisen so bald etwas ändert, glaubt Scognamiglio derweil nicht. «Die Party am Immobilienmarkt geht weiter.» Steigende Immobilienpreise sind allerdings kein auf die Schweiz beschränktes Problem, sondern ein internationales. Dies sei eine Folge des Gratisgeldes, mit dem die Zentralbanken seit Jahren die Märkte fluteten, sagte Scognamiglio. Das Geld habe keinen Wert mehr und daher komme es zu Fehlallokationen.

Die brummende Wirtschaft, ein starkes Bevölkerungswachstum, ein knappes Angebot und limitiertes Bauland seien weitere Faktoren, die für ein Anhalten des Booms sprächen. Zusätzlich befeuert werde der Markt durch die Folgen der Covidkrise, weil Wohnen wichtiger geworden sei.

Die Bereitschaft älterer Hausbesitzer etwa, sich vom trauten Eigenheim zu trennen, sei wegen der grossen Steuerbelastung tief. Nur bei einer Ersatzbeschaffung könnten die Steuern aufgeschoben werden. Zudem würden ältere Einfamilienhäuser vermehrt abgerissen und die Grundstücke durch rentablere Mehrfamilienhäuser ersetzt.

Zur Frage, ob es bald zu den von gewissen Marktteilnehmern seit Jahren befürchteten Crash am Immobilienmarkt kommt, meinte er: "Man weiss es einfach nicht." Ein paar heikle Punkte gebe es wohl, sagt Scognamiglio und verwies auf das Risiko steigender Zinsen, die zu tieferen Bewertungen führen würden.

Auch die hohe Hypothekarverschuldung berge Risiken. Derzeit beträgt das Hypothekarvolumen in der Schweiz rund 1074 Milliarden Franken. Das ist rund 1,5 mal so viel wie das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP). Während der Immobilienkrise der 1990er Jahre war das BIP laut Sconamiglio noch grösser als das Hypothekarvolumen.

(sda/mbü)