Der Höhenflug des dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk scheint kein Ende zu nehmen. Der Hersteller der begehrten Abnehmspritze Wegovy überholte am Donnerstag den amerikanischen Elektroautobauer Tesla beim Börsenwert, nachdem Novo Nordisk erste, positive Studiendaten für ein mit Spannung erwartetes Medikament gegen Fettleibigkeit bekanntgab. Die Aktien stiegen um acht Prozent auf ein Rekordhoch und liessen Novo Nordisk in der Rangliste der weltweit wertvollsten Unternehmen auf Platz zwölf von 14 aufsteigen.
Das Unternehmen teilte auf einem Kapitalmarkttag mit, dass die Teilnehmer in einer Phase-1-Studie mit der Abnehm-Tablette Amycretin nach zwölf Wochen im Schnitt gut 13 Prozent an Gewicht verloren hätten. Im Vergleich dazu habe der Gewichtsverlust bei der Abnehmspritze Wegovy bei sechs Prozent nach zwölf Wochen und bei 15 Prozent nach 68 Wochen gelegen.
Seit Sommer 2021 hat sich der Wert von Novo verdreifacht
Anleger werteten die Nachricht als Hinweis darauf, dass Novo neben dem äusserst erfolgreichen Wegovy noch mehr in der Pipeline hat. «Novo hat deutlich gemacht, dass das Amycretin-Molekül wahrscheinlich die Grundlage der schnell wachsenden Pipeline des Unternehmens bilden wird», sagte Guggenheim-Analyst Seamus Fernandez.
Die Aktien von Novo haben ihren Kurs seit Juni 2021, als Wegovy in den USA auf den Markt kam, mehr als verdreifacht. Das Diabetesmittel Ozempic und die Abnehmspritze haben Novo zu Rekordumsätzen verholfen und es zum wertvollsten börsennotierten Unternehmen in Europa gemacht, noch vor dem Luxusgüterkonzern LVMH. Am Donnerstag erreichte die Marktbewertung des Unternehmens 566 Milliarden Dollar und lag damit vor Tesla und Visa. Die Analysten von Berenberg hatten in der vergangenen Woche berechnet, dass fast die Hälfte der Bewertung von Novo auf der Pipeline an neuen Medikamenten in der Entwicklung basiert, wie etwa Amycretin.
Konkurrent Eli Lily liegt bei Abnehmtablette vorn
Wegovy gehört zur Klasse der GLP-1-Agonisten, die eigentlich zur Behandlung von Diabetes entwickelt wurden und den Blutzucker senken sowie ein Sättigungsgefühl fördern. Es war das erste Medikament dieser Klasse, in der auch der US-Pharmakonzern Eli Lilly gut mit im Rennen ist. Nach dem Erfolg forschen Pharmaunternehmen an weiteren vielversprechenden Therapien zur Gewichtsreduzierung wie Amycretin, das auf ein Hormon namens Amylin in der Bauchspeicheldrüse abzielt, das das Hungergefühl beeinflusst.
Fondsmanager Markus Manns gab zu bedenken, dass die bisher zugelassenen Abnehmmedikamente gespritzt werden müssen. Lilly habe im Rennen um eine Abnehmtablette deutlich die Nase vorne: "Das Unternehmen wird seine zulassungsrelevanten Orforglipron-Daten bereits in 2025 berichten, während Novo eventuell in 2025 erst mit der zulassungsrelevanten Amycretin-Studie beginnen kann."
Novo Nordisk kündigte auch an, seinen Fokus, der derzeit bei Diabetes- und Abnehmmedikamenten liegt, auszuweiten und künftig auch Behandlungen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen anzubieten. Im August hatte das Unternehmen Studiendaten veröffentlicht, wonach Wegovy auch einen klaren kardiovaskulären Nutzen hat. Das stärkt das Unternehmen in seinen Bemühungen, das Mittel von seinem Image als Lifestyle-Medikament zu befreien. "Ein Unternehmen mit so einem Klumpenrisiko in einem Therapiegebiet muss versuchen, andere Standbeine zu entwickeln", sagte Portfoliomanager Wolfgang Lickl von der KB-Vermögensverwaltung. "Der schiere Erfolg in den Bereichen Diabetes und Adipositas wird das schwierig machen, aber im kardiovaskulären Bereich gibt es viele Synergien.
(reuters/mth)