Mit den sonnigen Temperaturen brutzelt sie wieder auf Terrassen, an Feuerstellen am Fluss und in mobilen Foodtrucks: Ohne die simple Bratwurst mit Brötli und Senf kommt kein Quartierfest und kein Waldausflug aus. Heute greifen Grilllustige öfter auch zu pflanzlichen Würsten - auch wenn sie nicht strikt vegetarisch oder vegan leben.

Denn die Offenheit für pflanzliche Ernährung ist gewachsen. In der Schweiz verzichteten letztes Jahr fünf Prozent der Leute gänzlich auf Fleisch, wie es im aktuellen Marktbericht von Swissveg heisst. Die Zahl der vegetarisch oder vegan lebenden Menschen stieg damit seit 2017 jährlich um rund 14 Prozent.

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Fleischalternativen erreichen Mainstream

Besonders vegi-affin zeigen sich junge Frauen mit Hochschulabschluss in Deutschschweizer Städten: Laut Swissveg sind über 60 Prozent der vegetarisch und über 80 Prozent der vegan lebenden Personen weiblich.

Doch auch eine breite Masse kann sich dem Bericht zufolge immer mehr mit pflanzlichen Produkten anfreunden: 2022 wurden Fleischalternativen erstmals von 57 Prozent beider Geschlechter gekauft. Zwei Jahre zuvor konnten sich noch weniger als die Hälfte der Männer zum Konsum von Fleischalternativen überwinden.

Vegiwürste auf Platz Vier

Detailhändler spüren die steigende Konsumfreude: Gemäss dem Plant Based Food Report von Coop wurden 2022 vor allem pflanzliche Schnitzel, Geschnetzeltes und Burgerpatties verkauft. Letztere machten sogar ein Fünftel des gesamten Burger-Umsatzes aus. Wurstalternativen folgten an vierter Stelle.

Im Schweizer Gesamtmarkt erreichen Fleisch-Ersatzprodukte einen jährlichen Marktumsatz von 87,5 Millionen Franken. Vegane Würste allein bringen 10 Millionen Franken ein.

Verglichen mit dem Absatz von tierischen Produkten bleiben pflanzliche Alternativen allerdings ein Nischenmarkt. So machen Ersatzprodukte aktuell knapp 3 Prozent des Umsatzes mit Fleisch- und Fleischersatzwaren aus.

Tierische Würste bringen mit einem jährlichen Absatz von 500 Millionen Franken weiterhin ein Vielfaches an Geld. Im Detailhandel mit Fleischwaren beläuft sich ihr Umsatzanteil auf gut 11 Prozent.

Während der Markt mit pflanzlichen Alternativen anfangs ausserordentlich schnell - also zwischen 10 und 20 Prozent jährlich - gewachsen sei, befinde er sich hierzulande nun in der Normalisierungsphase, sagt ein Nestlé-Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Seit Anfang Jahr sei der Schweizer Gesamtabsatz von Wurstalternativen um 4 Prozent gestiegen.

Proteingehalt unterscheidet sich stark

Mit Blick auf gesundheitliche Aspekte können pflanzliche Würste Vorteile bieten: Fleischprodukte enthalten oft hohe Fettanteile, darunter gesättigte Fettsäuren, die den Cholesterinwert im Blut erhöhen, wie es bei der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) heisst.

Bei einer herkömmlichen St. Galler Bratwurst werden etwa Schweine- und Kalbfleisch, Speck, Eis, Salz und Gewürze vermischt und in Naturdärme gefüllt. Um den Marktstandards zu entsprechen, muss die Wurst einen Proteinanteil von mindestens 11,2 Prozent aufweisen. Eine Olma Bratwurst enthält auf 100 Gramm zum Beispiel 13 Gramm Protein und 20 Gramm Fett.

Pflanzliche Wurstalternativen bestehen hingegen oft aus mehr Protein und weniger Fett: Die Bratwurst-Alternative der Marke Planted liefert etwa 17 Gramm Erbsenprotein und 14 Gramm Fett. Die Garden-Gourmet-Variante von Nestlé hat 14,6 Gramm Sojaprotein und 10,4 Gramm Fett.

Allerdings können die Aminosäuremuster tierischer Lebensmittel von Menschen am besten aufgenommen werden. Daher ist die Verwertbarkeit von pflanzlichem Eiweiss gemäss der SGE weniger gut als diejenige von tierischem.

Auch sind nicht alle Vegiwürste gleich: Die Version der Cooplinie Green Mountain enthält etwa lediglich 5,8 Gramm pflanzliches Eiweiss - also viel weniger Protein als eine Wurst aus Fleisch.

CO2-Sparpotenzial gross

Beim Umweltpotenzial herrscht jedoch Einigkeit: Die Erzeugung von Fleisch und Milchprodukten belaste die Umwelt durch die Entstehung von grosser Mengen an Treibhausgasen und Ammoniak, heisst es etwa im aktuellen Umweltbericht des Bundesrates. "Eine mehr pflanzenbasierte Ernährungsweise kann dazu beitragen, diese Umweltbelastungen deutlich zu reduzieren", so das Fazit.

Effektiv ist die Ressourcenbilanz von Wurstersatzprodukten beachtlich: Im Vergleich zu einer herkömmlichen Bratwurst spart die pflanzliche Alternative von Planted laut firmeneigenen Angaben bis zu 71 Prozent CO2 und bis zu 79 Prozent Wasser.

Auch WWF Schweiz berechnet, dass sich der Fussabdruck eines durchschnittlichen Schweizers bei vegetarischer Ernährung um 24 Prozent und bei veganer Ernährung gar um 40 Prozent reduziert. So kann der Genuss einer simplen Wurst eben doch eine grosse Wirkung haben.