«Wer hat Lust auf Bier?» Im Büro macht man sich selten so einfach beliebt wie mit dieser Frage. Nur der Chef meint schnöde, er trinke kein Bier. Heute aber gibts etwas Spezielles, denn wir greifen tief in die Alkoholkiste.
Normalerweise hat Bier um die 5 Prozent Alkohol. Bei intensiven IPAs oder Bockbieren vielleicht 6 bis 7 Prozent. Doch da ist noch lange nicht Ende der Bierstange. Richtig spannend wirds erst im zweistelligen Bereich.
Die Brauereien Brewdog aus Schottland und Schorschbräu aus Deutschland haben sich lange einen Wettkampf um den Weltrekord geliefert. Kurz vor 60 Prozent (ja, sechzig) schlossen sie dann einen Waffenstillstand und brauten gemeinsam ein letztes Bier. Beim Stand von 41 Prozent («Sink the Bismark» von Brewdog) durfte auch ich mal mittrinken. Ein Genuss war das nicht, spannend aber allemal. Denn mit normalen Brauverfahren ist so etwas gar nicht zu machen.
Mehr Zucker, weniger Wasser
Zwar können Brauer – anders als Winzer – den Alkoholgehalt in einem Bier präzise hochtreiben, indem sie mehr Malz einsetzen und so mehr Zucker lösen. Mehr als 25 bis 30 Prozent Zuckeranteil lassen sich jedoch schwer erreichen, weshalb gelegentlich mit zusätzlichem Zucker oder Kandiszucker nachgeholfen wird (ausser natürlich bei den Deutschen mit ihrem Reinheitsgebotsfimmel). So kommt man schon mal auf Biere in der Liga starker Rotweine. Mit 16,5 Prozent dürfte das Jahrgangsbier von Pilgrim derzeit eines der stärksten Schweizer Biere sein.
Jenseits von 15 Prozent kommt jedoch ein weiteres Problem dazu: Die Hefe, die aus Zucker Alkohol machen soll, gibt zunehmend auf und stirbt. Gewisse schaffen mehr, andere weniger, aber bei spätestens bei 20 Prozent ist Schluss.
Wie kommen dann die Rekordwerte zustande? Mit dem Eisbock-Verfahren, bei dem Bier angefroren wird. Weil das Wasser vor dem Alkohol gefriert, lässt es sich als Eis entnehmen. Es verbleibt ein Konzentrat. So lässt sich der Alkoholgehalt fast beliebig erhöhen.
Und bringts das auch? Schnapslagen sind Spielereien, aber Starkbiere in tieferen Gefilden können extrem spannend – und lecker – sein. Alkohol ist ein Geschmacksträger, richtig eingebunden resultieren intensive Biere mit fast unbegrenzten Möglichkeiten. Ausbau im Whiskyfass? Elegante Sauerbiere? Jahrelange Lagerung? Das ist Bier in ganz anderen Dimensionen!
Mit Durstlöschern hat das nichts mehr zu tun, mit Genuss dafür umso mehr. «So ein Bier schmeckt auch mir!», lautet das Fazit nach der Degustation. Chef glücklich, Ziel erreicht.
Typisch: Eisbock 13
Dieses Bier ist mit 13 Prozent nicht nur stark, es ist auch richtig interessant. In der Nase Spuren von Sojasauce und die Weizenbier-typische Banane, im Mund überrascht dann die feine Säure, die den Alkohol elegant bricht. Ein vielschichtiges Bier aus dem Hause der Weltrekordhalter.
Eisbock, Schorschbräu, Gunzenhausen (D). 13 Vol. % Alkohol, 33 cl für ca. 8 bis 10 Fr.