Gibt es gutes Bier in der Schweiz? Ganz klar! Ist Bier eine Schweizer Errungenschaft? Auf keinen Fall. Das Land ist bei Hopfen und Malz ein Einwanderungsland. Traditionell trank man hierzulande mässig guten Wein aus Trauben oder Äpfeln, nicht Bier. Es gibt keine jahrhundertealte Brautradition in Dörfern und Klöstern. Die mit Abstand älteste Brauerei ist Schützengarten mit Gründungsjahr 1779. Und vor allem: Da, wo gebraut wurde, steckte oft Deutschland drin – deutsche Brauer, deutsche Rezepte, deutsche Rohstoffe.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Das berühmteste Beispiel dafür war der Aargauer Bauer und Gastwirt Theophil Roniger, der in Deutschland auf Wanderschaft ging und dann – zurück in Rheinfelden – die Idee einer schlossartigen Brauerei auf freiem Feld kopierte. Und vermutlich auch gleich den Namen «Feldschlösschen» abkupferte. Es funktionierte. 

Kaum Vielfalt in der Schweiz

Hierzulande beschränkte sich die Biervielfalt danach lange auf drei bis vier von einem Kartell tolerierte, eingeschweizerte Biersorten: Lager und Spezial in Hell und Dunkel sowie Weizenbier. Nur wenige brachen aus diesem Schema aus. Erst als das Kartell in den 1990er-Jahren unter Druck ausländischer Biermigration – sprich: Import – kollabierte, wurde die Szene bunter. Grosse Brauereien gingen ein, neue wurden gegründet.

Aus den USA wanderte die Heimbraukultur in die Schweiz ein und mit ihr englisch-amerikanische Bierstile wie Pale Ale und India Pale Ale (IPA). Irgendwann wurde selbst Feldschlösschen zur IPA-Brauerei.

Und so ist es nur konsequent, dass Feldschlösschen nun – gut 150 Jahre nach Ronigers Deutschlandreise – zum grossen Förderer deutscher Bierstile wird. Nachdem die Firma bereits 2023 mit offenbar grossem Erfolg das deutsche Pils auf dem Schweizer Markt etabliert hat, lanciert sie nun in der Gastronomie ein weiteres Bier nach deutschem Stil: das als «Helles» deklarierte «Helvetic». Zwar gut schweizerisch eingebürgert, mit Schweizer Hopfen und einer Solidaritätsabgabe für die Beizerinnen und Beizer. Aber doch mit klar deutscher DNA.

Mir kann das nur recht sein. Deutsches Pils schmeckte mir schon immer besser als das meist etwas zu liebliche Schweizer Spezli. Und wo ein deutscher Stil drinsteckt, schreibt man das besser auch gleich so auf die Flasche. Die Patrioten und Patriotinnen dürfen mich nun gerne mit Malztreber bewerfen.

Typisch: Helvetic

<p>Bierflasche der Sorte "Helvetic" von Feldschlösschen. Bierstil Helles, gebraut mit Schweizer Hopfen. Für Apéro-Kolumne. </p>

Bierflasche der Sorte Helvetic von Feldschlösschen. Bierstil Helles, gebraut mit Schweizer Hopfen.

Quelle: Handout

Der Hopfen stammt aus der Schweiz, doch das Rezept ist deutsch geprägt: Das «Helvetic» ist ein klarer Secondo. Der Stil «Helles» ist zwar dem Schweizer Lager nahe, setzt aber auf etwas andere Malzsorten und eine andere Rezeptur: Das Ergebnis ist ein gut trinkbares, leicht süssliches Bier mit sehr milden 15 Bittereinheiten.

Helvetic, Brauerei Feldschlösschen, Rheinfelden. 4,7% Alkohol, 27,5 cl für ca. 1.40 Franken

In dieser Kolumne schreiben «Handelszeitung»-Redaktor Michael Heim, «Handelszeitung»-Redaktorin Tina Fischer und Autor Ben Müller abwechselnd über Bier und Wein. Heim selbst ist an einer Vereinsbrauerei beteiligt.