Der Schweizer Brauerei-Verband befürwortet das Corona-Gesetz, wie Verbandspräsident Nicolo Paganini an der jährlichen Medienkonferenz des Verbands erkläre. «Nicht weil wir Zertifikats-Fetischisten wären. Aber im Moment ist das Zertifikat die kleinere Einschränkung als eine erneute Schliessung der Gastronomie.»
Erfolgreiches Braujahr
Paganini weiss, wovon er spricht. Seine Branche blickt auf ein aussergewöhnliches Braujahr zurück. Das Geschäftsjahr wird bei den Brauereien traditionell von Oktober bis September geführt, und dieses war insgesamt stark von Schliessungen betroffen.
Im vergangenen Braujahr wurde in der Schweiz denn auch 4,9 Prozent weniger Bier konsumiert (siehe Grafik). Der Absatzrückgang entspreche der Menge von 100 Millionen Stangen Bier, erklärt Verbandsdirektor Marcel Kreber.
Anders als im Vorjahr verteilte sich der Rückgang gleichmässig auf Import und Inlandproduktion. 2020 war der Inlandanteil zum ersten Mal seit Jahren gesunken. Rund drei Viertel des in der Schweiz verkauften Biers wird im Inland gebraut. Dazu gehören auch unter Lizenz gebraute Biere ausländischer Marken wie Sagres oder Heineken.
Gross waren die Veränderungen bei den Absatzkanälen. Im vergangenen Braujahr wurde drei Viertel des Bieres über den Detailhandel vertrieben. In den Jahren vor Corona lag dieser Anteil bei etwa 60 Prozent. Der Grund dafür ist einfach: Während mehrere Monate waren die Restaurants geschlossen. Die Konsumenten tranken ihr Bier zu Hause.
In den Läden kam es denn auch starken Verdrängungskämpfen. Offenbar nutzten die Händler das Überangebot, um Preise zu drücken. «Wir habe da keine konkreten Zahlen», sagt Präsident Paganini. «Aber schauen Sie mal, wie viele Aktionen es derzeit gibt.» Die Regale würden nicht länger, so Paganini.
«Die Reserven sind aufgebraucht»
Glück im Unglück hatten Brauereien mit einer starken Position im Handel. Besonders schwierig dagegen ist die Situation für meist regionale Brauereien, die vor allem auf Fassbier und Mehrweg für die Gastronomie setzen. Der Trend zum Detailhandel dürfte denn auch die Konzentration im Markt verstärkt haben, sind es doch vor allem die ganz grossen Brauereien, die den Detailhandel beliefern. 98 Prozent des Bieres wird in der Schweiz von den 50 grössten Brauereien hergestellt. Insgesamt gibt es rund 1200 registrierte Brauereien.
Die wirtschaftliche Lage sei für viele Betriebe angespannt, sagt Verbandsdirektor Marcel Kreber. Zwar habe man bisher keine Rückmeldungen über Konkurse. «Aber die Reserven sind aufgebraucht.» Man sitze auf Nadeln. «Steht uns ein Shutdown bevor? Kriegen wir die Kurve?» Man fürchte, dass sich ein Teil der Brauereien irgendwann nicht mehr über Wasser halten kann.