2018 wird es nirgends mehr Millionäre geben als in China. Wenig überraschend sind denn auch chinesische Konsumenten einer der wichtigsten Treiber für den globalen Luxusmarkt. Zu diesem Schluss kam kürzlich ein Bericht der Beratung McKinsey.
Reiche Chinesen sind aktuell für einen Drittel der weltweiten Ausgaben im Luxussektor verantwortlich. Bis 2025 soll dieser Anteil gar auf 44 Prozent ansteigen, so die Erwartung der Experten. Wer als Luxusfirma wachsen will, kommt um die potenziellen Käufer im Reich der Mitte also nicht umhin.
Offline mit online verknüpfen
Heute findet Luxus im Land von Online-Riese Alibaba noch weitgehend offline statt. Aktuell wird nur 7 Prozent des Umsatzes auf Onlinekanälen gemacht. Kurzfristig werde sich daran wohl nicht viel ändern, prognostizieren die McKinsey-Berater. Für die weitere Entwicklung sei entscheidend, wie es den Anbietern gelinge, den stationären Handel mit dem Internetgeschäft zu verknüpfen.
Und genau hier setzen die beiden grossen Player des Onlinehandels in China gerade an. Den Anfang machte im August Alibabas Shoppingplattform Tmall mit «Luxury Pavilion», diesen Monat zog Rivale JD.com mit Toplife nach.
Vierfacher Umsatz
Wer auf Alibabas Luxuspavillon einkaufen will, braucht eine Einladung. Und diese bekommt nur, wer das entsprechende Kapital mitbringt. Auch die Zahl der teilnehmenden Luxusmarken soll begrenzt sein. Mit dieser Exklusivität will sich die Luxus-Seite vom Massenprodukt Tmall abheben. «Wir verwenden zurzeit viel Energie auf dieses Thema», sagt Europa-Chef Terry von Bibra.
Die Strategie scheint aufzugehen: Einen Monat nach dem Start seien die Verkäufe der teilnehmenden Marken durchschnittlich um 150 Prozent gestiegen. Noch besser sei es für Moët Hennessy und Rimowa (LVMH) gelaufen. Diese hätten ihren Umsatz vervierfachen können, zeigten Zahlen von Tmall.
Exklusiver Service
Für eine Bilanz zu JD.com’s Toplife ist es zu früh. Auf der Plattform buhlen zum Start erst sechs Marken um Kunden: La Perla, Emporio Armani, Ports, Rimowa (LVMH), B&O Play und Trussardi. Diese können ihre Produkte auf Toplife in eigenen Flagschiff-Geschäften anbieten. Im Unterschied zu «Luxury Pavilion», das in die Tmall-Umgebung eingegliedert ist, existiert Toplife unabhängig.
Gleichzeitig profitieren La Perla und die weiteren Teilnehmer von den Ressourcen von JD.com. Dazu gehören ein Rund-um-die-Uhr-Kundendienst, Marketingmassnahmen, ein modernes Vertriebszentrum und das Firmen-eigene Logistiknetzwerk. Für das gewisse Extra sorgt JD Luxury Express: In ausgewählten Grossstädten können sich die Kunden bestellte Waren von einem Überbringer in Krawatte und weissen Handschuhen liefern lassen.
Angst vor Fälschungen
Die Plattformen sind da, die Kunden offenbar auch – wo sind die Schweizer Marken? Bei Luxury Pavilion seien bereits Tissot und TAG Heuer an Bord, für eine weitere Kooperation sei er offen, sagt Bibra. Auch für die Zusammenarbeit mit jener Firma, deren Produkt das Handgelenk des Managers ziert: Rolex. Offen zeigt sich auch JD.com: «Wir sind definitiv auch an Schweizer Marken für Toplife interessiert und zurzeit führen wir Diskussionen mit mehreren», so Sprecher Josh Gartner. Noch allerdings sei nichts spruchreif.
Einen Coup könnte Toplife mit Swatch landen. Erst kürzlich scheiterten dessen Verhandlungen mit Amazon. Nick Hayek wird vom «Wall Street Journal» zum gescheiterten Deal folgendermassen zitiert: «Wir bieten ihnen einen Mehrwert, aber sie sollten auch einen Mehrwert für die Marke schaffen.»
Ein Knackpunkt waren offenbar Amazons fehlende Zusicherungen, vermehrt gegen Fälschungen und unautorisierte Händler vorzugehen. Glaubt man den Beteuerungen von Josh Gartner, ist das bei Toplife kein Thema: «Konsumenten kaufen direkt von den Marken – es sollte keine Risiko für gefälschte Ware bestehen.»
Franzosen als Vorreiter
LVMH ist Swatch bereits einen Schritt voraus. Mit Marken wie Rimowa und Tag Heuer ist der Luxusriese auf chinesischen Onlineportalen vertreten. Für Amazon gab es dagegen ebenfalls eine Abfuhr. CFO Jean-Jacques Guiony sieht keine gemeinsame Basis für eine Zusammenarbeit. Amazon passe nicht zur Marke, begründete der Finanzchef den Schritt gegenüber Analysten im vergangenen Jahr.
Chinas riesiges Luxus-Potenzial wollen sich die Franzosen nun aber nicht entgehen lassen. Sie könnten Wegbereiter für viele weitere Marken werden – auch aus der Schweiz.
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