Diesen Tropfen aus den USA kippt man nicht nach einer mit «summa cum laude» beendeten Jura-Dissertation, auch nicht nach einer siegreich entschiedenen Eishockey-Schweizermeisterschaft. Selbst zum Super Bowl wird drüben in den USA, seinem Heimatland, der Opus One nicht gereicht, nein, er ist eher etwas für nachdenkliche Geniesser, für jene Menschen also, die im Lauf ihres Lebens irgendwann erkannt haben, dass das Verständnis für grosse Weine ebenso lebensprägend sein kann wie die Lektüre von James Thurbers und E.B. Whites «Wozu Sex?» oder die Tagebücher des Witold Gombrowicz.

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Auch nach 20 Jahren noch gut
Dies ist zumeist auch der späte Zeitpunkt im Leben, an dem sich die Erkenntnis einstellt, dass die Investition in eine Kiste teuren Weines selbst aus ökonomischer Sicht sinnvoller sein kann als der Ankauf von Wertpapierfonds der örtlichen Bank. Und eine Kiste sollte es schon sein, um alle drei oder vier Jahre konzentriert die Opus-Entwicklung sinnlich nachzuvollziehen: Denn dieser Wein steht auch nach 20 Jahren noch gut da. Während wie bei einem guten Bordeaux in jungen Jahren, auch wegen des hundertprozentigen Ausbaus in Eichenfässern, eine würzige Frucht, eher raue Tannine gepaart mit Schokolade und Cassis dominieren, werden später, im Alter, die Aromen erdiger.Dann, wenn wenig Sauerstoff, aber viel Gehalt in der Luft liegt, wenn man sich vor lauter Respekt bei jedem kleinen Schluck das Atmen verkneift und einfach nur denkt: «Ach, hätte ich nur früher damit begonnen, in solche roten Gläser zu schauen.»

Wein muss erzählen, woher er kommt
Exakt 77 Prozent Cabernet Sauvignon, 12 Prozent Merlot, 5 Prozent Cabernet Franc, der Rest gehört dem Petit Verdot und dem Malbec. Aber Zahlen besagen in diesem Fall nicht viel: So hat der 2005er nicht weniger Merlot, präsentiert sich aber sanfter und geschmeidiger als der 2006er. Wichtig ist der Merlot in den Cuvées der Bordeaux-Weine im Allgemeinen für die Fruchtnoten, aber dieser Wein kommt ja aus Oakville, Napa Valley, Kalifornien. Und so soll es ja auch sein. Angesprochen auf den Stil, auf das Ziel seiner Arbeit, erklärt Michael Silacci, seit 2001 Opus-One-Weinmacher: «Der Wein soll erzählen, woher er kommt und wie und wann er entstanden ist. Jeder Vintage muss die Arbeit im Rebberg und die jeweiligen klimatischen Bedingungen reflektieren.»

Schliesslich gibt es unter europäischen Weinfreunden die – nicht ganz unberechtigte – Meinung, nach welcher alle Jahrgänge in Kalifornien mehr oder weniger gleich schmecken. Silacci aber präsentiert stolz die signifikanten Unterschiede in den jüngsten Jahrgängen: 2005 ist soft, gar cremig, aber gleichzeitig konzentriert, 2006 dagegen vibriert dank einer guten Säure auf der Zunge, dunkle Schokolade, speckig, leicht geräuchert, aber auch seidig, während der gerade auf den Markt gekommene 2007 seine delikaten Johannisbeer- und Himbeer-Aromen in seinem noch jugendlichen Mantel versteckt.

Alles in allem komme, so Silacci, der Opus One 2005 seinem Idealbild für diesen Wein nahe: «Aber ich habe das nicht absichtlich gemacht. Im Glas ist nur das, was uns das Jahr 2005 gegeben hat.»

 

Zusammensetzung der Cuvée: Der Merlot ist das Herz des Weins

Fünf Rebsorten Einfach ist es nicht, denn für den Opus One werden in Oakville in Kalifornien in vier unterschiedlichen Weingärten fünf Rebsorten angepflanzt, aus denen der Opus One schliesslich gekeltert wird. Deren jeweiliger Anteil an der fertigen Cuvée muss jedes Jahr wohlüberlegt sein: Natürlich stellt für Opus-One-Weinmaker Michael Silacci der Cabernet Sauvignon mit seiner Tanninstruktur das Rückgrat des Weines dar; auch der Cabernet Franc verfügt über eine gute Struktur, weist aber eher dezente florale Aromen auf. Der Petit Verdot dagegen kommt würzig daher, mit violetter Farbe; Malbec ist Farbe und Struktur. Und der Merlot, so der Weinmacher, fülle die Mitte aus: «Der Merlot ist das Herz des Weines. Aber man darf nie vergessen, dass all diesen Rebsorten eine besondere Rolle zukommt, dass sie, wenn sie im Wein zusammenkommen, besser werden.» Aber eigentlich ist Silacci, ein detailbesessener Perfektionist, an den speziellen Besonderheiten seiner Rebsorten gar nicht so sehr interessiert: «Entscheidend ist für mich das grosse Bild, das Endergebnis, die endgültige Mischung. So eben, wie der Opus One auftritt.»