Für den Reformator Jan Hus war es ein Gefängnis, für den kleinen Bruder von Napoleon Bonaparte ein vorübergehender Wohnsitz und für die Opernsängerin Lisa della Casa über fünfzig Jahre lang ihr Zuhause: das Schloss Gottlieben am Seerhein im Kanton Thurgau bei Konstanz. Seit Ende 2022 steht das im Jahr 1251 von Bischof Eberhard II. von Waldburg erbaute Anwesen für 15 bis 20 Millionen Franken zum Verkauf. Angeboten wird die historische Immobilie von Ginesta Immobilien aus Küsnacht ZH.

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Das Interesse dürfte gross sein, da Schlösser in der Schweiz nur selten zum Verkauf stehen und begehrte Prestigeobjekte sind. Je länger die Geschichte des Schlosses zurückreicht, desto mehr gewinnt es an Strahlkraft. «Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem», heisst es vonseiten der Immobilienmakler.

Schlossbesitzer sind oft Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur, wie alt Bundesrat Christoph Blocher, der ehemalige Flughafen-Zürich-Chef Josef Felder, der langjährige SRG-Forschlungsleiter Matthias Steinmann, Sternekoch Andreas Caminada oder der Ende 2021 verstorbene Unternehmer August von Finck.

Zunehmend entdecken auch affluente Privatpersonen den Markt für historische Liegenschaften für sich, zu dem neben Schlössern auch Burganlagen, Herrenhäuser, historische Stadthäuser, Denkmäler und andere Denkmalimmobilien zählen. Die Palette der anvisierten Nutzungsmöglichkeiten ist dabei breit gefächert und reicht vom Selberbewohnen über die gewerbliche Nutzung als Stiftung, Hotel, Restaurant, Museum oder Eventlocation bis hin zum Aufbewahrungsort für eine Gemälde- oder Autosammlung – je nach Objekt und bei Bedarf auch im Mix.

Wer sich für den Kauf einer historischen Immobilie interessiert, kann bei Maklern wie FSP Fine Swiss Properties, Ginesta Immobilien, Engel & Völkers, Barnes Suisse, Nobilis Estate, LP Prestige, K Properties, Luxury Estate, Zurich Sotheby’s International Realty oder Sotheby’s Concierge Auctions fündig werden und sollte vor allem drei Dinge mitbringen: das nötige Budget, eine Menge Geduld und Herzblut.

Hohe Nebenkosten im Blick haben

Robert Ferfecki von FSP Fine Swiss Properties, einem der führenden Vermarkter von historischen Immobilien in der Schweiz, sagt: «Der Kauf einer historisch bedeutenden Immobilie bringt viel kulturelle und soziale Verantwortung mit sich. Der Eigentümer oder die Eigentümerin trägt die Verantwortung dafür, dass das Objekt konserviert und in die Zukunft weitergetragen wird.» Dies geht in der Regel mit viel Zeitaufwand einher, da eine Renovierung oft in Etappen läuft.

Interessierte sollten zum Kaufpreis einen finanziellen Sicherheitspuffer einplanen, der nicht nur laufende Unterhalts- und Instandhaltungskosten berücksichtigt. Denn bei vielen Objekten müssen zunächst aufwendige Renovierungs- oder sogar Sanierungsarbeiten erfolgen, bevor sich die Räumlichkeiten nutzen lassen. Zudem kann es sein, dass sich einige Mängel erst im Verlauf der Arbeiten zeigen, wie Hausschwamm, mangelhafte Bausubstanz oder zu geringe Tragfähigkeit in den Etagen.

Dazu kommt ein weiterer Punkt, den Kaufinteressierte beachten sollten: «Bei historischen Immobilien findet man oft keine gültigen Baupläne und kann niemanden mehr nach den Baudetails fragen. Dann muss ein Gebäude mit Lasertechnik komplett neu vermessen werden», sagt Matthias Helzel, Immobilienmakler bei der Vermittlung historischer Immobilien (VHI) im deutschen Bruckmühl.

Der Kauf einer historisch bedeutenden Immobilie bringt viel kulturelle und soziale Verantwortung mit sich.

Robert Ferfecki, FSP Fine Swiss Properties

Je nach Erhaltungszustand der Liegenschaft können die anfallenden Kosten den Kaufpreis übersteigen. Dies wird auch bei Schloss Salenstein der Fall sein, das dem verstorbenen Winterthurer Immobilienkönig Bruno Stefanini gehörte und derzeit exklusiv über FSP angeboten wird. «Auf den Kaufpreis von mindestens 5 Millionen Franken kommt bestimmt noch mal das Ein- bis Zweifache für die Renovierung obendrauf, denn das Schloss war vierzig Jahre lang nicht bewohnt und ist komplett sanierungsbedürftig», sagt Immobilienfachmann Ferfecki. «Die ganze Haustechnik, Boden- und Wandbeläge, der Balkon, die Fenster, bauphysikalische Massnahmen – das muss alles gemacht werden.»

Denkmalschutz und weitere Auflagen beachten

Angesichts der Besonderheiten, hohen Kosten und potenziellen Risiken, die mit dem Kauf einer historischen Immobilie einhergehen, ist es sehr wichtig, dass sich interessierte Käufer und Käuferinnen im Vorfeld genau überlegen, warum sie das jeweilige Objekt kaufen möchten, wie sie es nutzen wollen und was für Umbauten gegebenenfalls nötig sind.

Sofern diese geplant sind, ist es ratsam, einen Sachverständigen (etwa Denkmalpflegeexpertinnen oder Architekten) mit an Bord zu holen, der sich sämtliche Unterlagen für die Liegenschaft genau anschaut, um abzuklären, ob sich die Pläne auch umsetzen lassen. Denn diese könnten durch Denkmalschutzauflagen untersagt sein oder deutlich erschwert werden, was manche Kaufüberlegung womöglich bereits im Keim erstickt. «Man muss vorab eine sehr gründliche technische, historische und rechtliche Due Diligence machen und die historische Immobilie mit Fachleuten besichtigen und prüfen. Auch sollten vorgängig mit den Behörden Gespräche wegen möglicher Schutzverträge und -auflagen geführt werden», bringt es Claude Ginesta von Ginesta Immobilien auf den Punkt.

«Bei einer Immobilie, die unter Denkmalschutz steht, kann man nicht einfach Wände oder Decken durchbrechen», mahnt auch VHI-Mann Helzel, denn der Erhalt oder das Zurückversetzen in den ursprünglichen Zustand stehen hier ganz oben auf der Prioritätenliste. Schliesslich zählen diese in der Regel zum kulturellen Erbe und werden als besonders schützenswert angesehen. Entsprechend hoch wird die Denkmalschutzmesslatte angesetzt. «Historische Objekte haben oft sogenannte Raumbücher, worin der geschützte Zustand in Worten und oft auch in Bildern detailliert festgehalten ist», weiss Ginesta.

Allgemein verbindliche Vorgaben gibt es aber nicht, denn die Denkmalpflege ist Sache der Kantone, die eigene Massstäbe anlegen dürfen. Heisst: Faktisch existieren in der Schweiz 26 verschiedene Auslegungen von Denkmalschutzvorgaben, die sich mitunter stark unterscheiden. So kann es sein, dass in einem Kanton wenig Auflagen und Einschränkungen gelten, während in einem anderen sogar der Austausch einzelner Badfliesen oder anderer kleiner Elemente, der Einsatz von bestimmten Materialien oder Änderungen an der Bausubstanz erst von der zuständigen Behörde abgenickt werden muss. Derartige aufwendige und bürokratische Auflagen begrenzen den architektonischen Gestaltungsspielraum und bringen ein weiteres Problem mit sich. Denn einige Arbeiten wie das Freilegen von Stuckaturen oder der Umgang mit alter Bausubstanz erfordern besondere handwerkliche Expertise, doch Spezialhandwerker und -handwerkerinnen sind schwer zu finden.

Potenzial für Wertsteigerungen

Wichtig zu wissen: Der Denkmalschutz kann sich auch auf Nebengebäude, Stallungen, Gärten oder einen zum Anwesen gehörenden Park erstrecken. Und auch in anderer Hinsicht kann es bei historischen Liegenschaften Einschränkungen geben, die interessierte Käuferinnen und Käufer einhalten müssen. «Die örtlichen Vorgaben der Gemeinde für dieses Kulturgut müssen geprüft werden», sagt Jon Peer, Leiter Projektentwicklung bei Von Graffenried Liegenschaften aus Bern. So kann es sein, dass bei einem Objekt keine gewerbliche oder kulturelle Nutzung erlaubt ist, weil es sich in einer Touristikzone befindet, in der hohes Verkehrsaufkommen untersagt ist. Ebenfalls möglich ist zudem, dass ein Kauf an gesellschaftliche Auflagen gekoppelt wird.

So hat sich der Bündner Künstler Not Vital nicht nur dazu verpflichtet, das Schloss Tarasp kulturhistorisch aufzuarbeiten. Sondern auch dazu, der Öffentlichkeit weiterhin Zugang zu dem tausendjährigen Wahrzeichen des Unterengadins zu gewähren – zumindest bis zum Jahr 2030, bevor das Schloss in eine Stiftung übergehen soll. Im Gegenzug für die Auflagen, Einschränkungen und Abstriche, die mit dem Kauf einer schützenswerten historischen Immobilie einhergehen, kommt der Staat – respektive die jeweiligen Kantone und Gemeinden – der Käuferin in der Regel finanziell entgegen.

«Bei einem Umbau mit der Denkmalpflege können Bauherren fast immer mit finanzieller Unterstützung rechnen», sagt Christoph Freiherr Schenck zu Schweinsberg, Leiter des Geschäftsbereichs Schlösser und Herrenhäuser bei Engel & Völkers. Wie hoch diese ausfällt, ist von den Einzelentscheidungen der kantonalen Denkmalpflege abhängig. «Gefördert werden jedoch nur notwendige und werterhaltende Massnahmen, keine wertvermehrenden. Zudem müssen die Finanzhilfen vor Beginn der Bauarbeiten bei der kantonalen Fachstelle beantragt werden», so Freiherr Schenck zu Schweinsberg. Auch eine Mitfinanzierung des Bauinventars ist möglich. «Zudem gibt es zahlreiche Stiftungen, die historische Bauten und zweckverwandte Nutzungen finanziell unterstützen», ergänzt Peer.

Das Wertsteigerungspotenzial hängt von vielen Faktoren ab: Neben dem Erhaltungszustand sind die Lage und Anbindung hierbei die wichtigsten Kriterien. Und auch die historische und kulturelle Besonderheit des Objekts kann den Wert positiv beeinflussen – etwa weil es ein Anziehungspunkt für Touristen und Touristinnen ist. Zwei weitere Kriterien sind zudem die Ausstattung und der herrschende Zeitgeist, der laut Immobilienfachmann Ginesta momentan ein Faible für historische Objekte mit Umschwung zeigt, weil diese oft geschützt sind und nicht überbaut werden dürfen. «Zudem lassen sich in historischen Gebäuden oft höhere Mietzinsen realisieren als in schmucklosen Gebäuden», ergänzt Peer.

Ein Stück Zeitgeschichte bewahren

Vor allem Schlossbesitzerinnen und -besitzer haben hier gute Karten, denn ihre royalen Anwesen punkten gleich mehrfach: Sie sind meist gut gelegen, verfügen über eine grosszügige Fläche und profitieren davon, dass sie einen unverbaubaren Ausblick besitzen, weil sie sich in einem Areal befinden, in dem Neubauten nicht oder nur unter strikten Auflagen möglich sind.

Trotzdem sind selbst Schlösser am Markt keine Selbstläufer. Denn natürlich gibt es auch Objekte, die sich wegen ihres schlechten Erhaltungszustands, des Preises, ihrer Geschichte oder aus anderen Gründen schwer vermitteln lassen. Um diese und andere historische Kulturdenkmäler trotzdem als ein Stück Zeitgeschichte zu bewahren, hat der Schweizer Heimatschutz zusammen mit der Stiftung Ferien im Baudenkmal das Online-Angebot «Marché Patrimoine» lanciert. Dabei handelt es sich um eine Plattform, die darauf abzielt «historische Bauten an sensibilisierte Käuferinnen und Käufer zu vermitteln, um sie als wichtigen Teil der regionalen Geschichte langfristig zu erhalten». Denn die kulturelle Rendite ist mitunter die wertvollste Rendite.