Der Hauskäufer aus dem Aargau konnte dem Berater einer Grossbank in den Verhandlungen für seine Hypothek satte 45'000 Franken Rabatt abringen. Seine Argumente waren aber auch wirklich überzeugend: Die Hälfte der Kaufsumme von zwei Millionen Franken brachte er selber auf. Zudem hatte er nach dem Hauskauf sogar noch frei verfügbare Mittel von fast 100'000 Franken, die er auf ein Konto bei der Bank verschieben konnte. Im Verlauf der Preisverhandlung drückte er so den von der Bank zunächst angebotenen Satz von 2,07 Prozent für eine Hypothek über 15 Jahre auf 1,77 Prozent. Über die gesamte Laufzeit der Hypothek ergibt das eine Ersparnis von 45'000 Franken.
Feilschen und vergleichen lohnt sich bei Hypotheken. Das Interesse am Thema ist derzeit turmhoch. Inzwischen wird nach dem Begriff Hypothek ähnlich oft gesucht wie nach Miete. Das ist umso erstaunlicher, als in der Schweiz noch immer fast zwei Drittel der Bevölkerung Mieter sind. Erklären lässt sich das mit den Tiefstständen bei den Hypothekarzinsen. Allein seit Anfang Jahr sind die durchschnittlichen Sätze für Hypotheken mit zehn Jahren Laufzeit noch mal um 0,3 Prozentpunkte auf 1,6 Prozent gefallen. Die tiefen Zinsen machen den Immobilienkauf im Vergleich zur Miete sehr attraktiv. Wer eine Wohnung kauft, statt sie zu mieten, spart viel Geld.
Zinsrabatte von bis zu 0,4 Prozentpunkten
Noch attraktiver wird der Immobilienkauf für jene, die beim Abschluss der Hypothek feilschen. Gemäss Erfahrungen der Experten der Finanzberatungsfirma MoneyPark können Zinsrabatte von bis zu 0,4 Prozentpunkten im Vergleich mit den publizierten Sätzen, die man auch «Schaufensterpreise» nennt, herausgeholt werden.
Das gilt vor allem für die Offerten bei Grossbanken, wo häufig am meisten Spielraum für Rabatte besteht. Bei Kantonal- und Regionalbanken kann dagegen nur selten mit Abschlägen von über 0,3 Prozentpunkten gerechnet werden, bei Versicherungen sind es noch 0,15 Prozentpunkte, und bei Online-Hypothekenanbietern gibt es meist gar keinen Verhandlungsspielraum mehr.
Mehrere Offerten sinnvoll
Auf jeden Fall gilt es, mehrere Offerten von verschiedenen Anbietern einzuholen. Darunter von mindestens einer Versicherung und einem Online-Anbieter, denn deren publizierte Sätze sind oft am günstigsten. Gleichzeitig sind sie aber auch restriktiver in der Vergabe von Hypotheken. So vergibt etwa der von der Glarner Kantonalbank 2012 lancierte Online-Anbieter Hypomat nur Hypotheken bis zu einer maximalen Belehnungsobergrenze von 66 Prozent – ansonsten ist eine Belehnung bis zu 80 Prozent Standard. Die BVK, die Pensionskasse der Angestellten des Kantons Zürich, belehnt eine Immobilie sogar nur bis zu 60 Prozent – ausser für Angestellte des Kantons Zürich, die bis zu 75 Prozent Kredit erhalten.
Insgesamt beträgt das Volumen der ausstehenden Hypothekarkredite in der Schweiz über 900 Milliarden Franken. Die Versicherer dürften Marktanteile gewonnen haben, gemäss Experten liegt ihr Anteil aber noch unter fünf Prozent. Sie bieten vor allem bei längerfristigen Festhypotheken sehr konkurrenzfähige Konditionen. Die grösste Versicherungsgesellschaft der Schweiz, die Zurich Insurance Group, hat beispielsweise ein Hypothekarvolumen von 4,5 Milliarden Franken ausstehend, mehrheitlich mit längeren Laufzeiten von zwischen sechs und zwölf Jahren.
Versicherung bringt Rabatt
Im Gegensatz zu den Online-Anbietern können bei Versicherungen Rabatte zu den Schaufensterpreisen ausgehandelt werden. Preisnachlässe gibt es etwa, wenn neben der Hypothek auch noch eine Versicherung beim selben Anbieter abgeschlossen wird. Das erhöht die Rentabilität der Kundenbeziehung und verbessert die Verhandlungsposition gegenüber der Versicherung. Bis 0,1 Prozentpunkte Preisnachlass könne mit diesem Argument in Verhandlungen herausgeholt werden, sagt Michael Hartmann, Hypothekenexperte bei MoneyPark.
Da Banken am meisten Verhandlungsspielraum gewähren, können ihre Preise nach harten Verhandlungen von allen Anbietern durchaus am tiefsten ausfallen, selbst dann, wenn ihre Schaufensterpreise deutlich höher sind als bei Versicherungen oder Online-Anbietern. Das setzt allerdings voraus, dass Eigenheimbesitzer die richtigen Argumente anführen können, um den Hypothekarzinssatz zu drücken.
Das grösste Verhandlungspotenzial
Das grösste Verhandlungspotenzial haben jene, die ihre Immobilie zu weniger als 80 Prozent belehnen. Wenn sie zu weniger als 65 Prozent belehnt wird, liegen bis zu 0,2 Prozentpunkte Abschlag drin. Wer also auf eine Immobilie im Wert von einer Million Franken eine Hypothek von weniger als 650 000 Franken aufnimmt, hat gute Argumente.
Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass der Kaufpreis einer Immobilie nicht mit dem Schätzwert der Bank übereinstimmen muss. Bei rund einem Drittel der Immobilienkäufe setzen die Banken derzeit ihren Schätzwert tiefer an. Wer eine Immobilie für 1,2 Millionen Franken kauft, dem kann es passieren, dass die Bank ihren Schätzwert bei nur einer Million Franken ansetzt. Darauf basiert dann die Berechnung der Belehnungshöhe. Als Folge müssen Käufer entsprechend mehr Eigenkapital aufbringen, um die tiefere Belehnungsquote zu erreichen.
Gute Argumente
Gute Karten in der Verhandlung hat auch, wer der Bank Zusatzgeschäfte anbieten kann. Etwa dadurch, dass er Vermögen von einer anderen Bank zur Hypothekarbank verschieben kann – manchmal reicht es bereits, das Lohnkonto zu übertragen. Bis zu 0,15 Prozentpunkte lassen sich manchenorts mit diesem Argument herausholen.
Auch wem nach dem Immobilienkauf noch substanzielle Barmittel bei der Bank bleiben, der kann in den Verhandlungen reüssieren und bis zu 0,1 Prozentpunkte herausholen – mindestens 25'000 Franken sollten es allerdings schon sein, sonst wird die Bank dieses Argument kaum ernst nehmen.
Noch einmal 0,1 Prozentpunkte liegen bei der Verhandlung drin, wenn die Hypothekarsumme hoch ist. Denn mit der Höhe der Hypothek nimmt der Aufwand für die Bank kaum zu, aber die Einnahmen daraus steigen, sodass sich ein «Mengenrabatt» rechtfertigen lässt.
Wer eine Immobilie an guter Lage kauft, kann auch dieses Argument in die Verhandlung einfliessen lassen, was wiederum bis zu 0,1 Prozentpunkte Nachlasspotenzial ergibt. Ausschlaggebend ist, dass dem Bankberater glaubhaft gemacht werden kann, dass die Immobilie eine gute Wiederverkäuflichkeit aufweist. Das ist insbesondere für Stadtwohnungen an gesuchter Lage der Fall.
Rund 0,05 Prozentpunkte Verhandlungsspielraum können bei guter Tragbarkeit drinliegen. Das bedeutet, dass fünf Prozent des Hypothekarvolumens nicht mehr als 30 Prozent des jährlichen Einkommens ausmachen sollten – im Gegensatz zum Branchenstandard von 33 bis 35 Prozent.
Abschlag für mittlere Altersgruppe
Noch einmal 0,05 Prozentpunkte Abschlag können herausgeholt werden, wenn die Hypothekarnehmer im mittleren Alter sind, also etwa zwischen 39 und 49 Jahre alt. Das ist die von Banken bevorzugte Altersgruppe. Sie ist im Beruf oft bereits etabliert und doch noch relativ weit von der Pensionierung entfernt, nach der das Einkommen meist sinkt und sich die Tragbarkeit der Hypothek dementsprechend verschlechtert.
Als weiterer Verhandlungspunkt lässt sich der Zivilstand als Argument für Rabatte beim Hypothekarzinssatz einsetzen. Verheiratete können bis zu 0,05 Prozentpunkte herausholen. Dies, weil der Ehepartner solidarisch mithaften muss und zwei Schuldner aus Sicht der Bank oder der Versicherung besser sind als nur einer.
Alle beschriebenen Rabatte zusammengenommen addieren sich zwar auf 0,9 Prozentpunkte. Aber in der Praxis können kaum solch hohe Abschläge herausgeholt werden. Bei einwandfreien Voraussetzungen lassen sich gemäss den Erfahrungen der Experten von MoneyPark kaum je mehr als 0,4 Prozentpunkte realisieren.
Die höchsten Rabatte
Die höchsten Rabatte lassen sich natürlich auf langfristigen Hypotheken erzielen, aber auch bei Libor-Sätzen können Abschläge verhandelt werden. Letztere sind nach wie vor sehr günstig, haben aber etwas an Attraktivität eingebüsst, weil die Zinsdifferenz zu den langfristigen Hypotheken geringer geworden ist. Allein seit Anfang dieses Jahres ist die Differenz zwischen der durchschnittlichen Libor-Hypothek und der zehnjährigen von 0,8 auf 0,7 Prozentpunkte geschmolzen.
Während die Zinsen den Immobilienkäufern weiterhin sehr viel Rückenwind geben – vor allem nach geschickten Verhandlungen mit den Banken –, ist die Luft bei den Kaufpreisen dünner geworden. Das zeigt sich etwa darin, dass die Immobilienpreise seit 2008 um rund 30 Prozent gestiegen sind, während die Einkommen praktisch unverändert blieben. Es können sich also immer weniger Menschen Immobilien leisten, was sich irgendwann auf die weitere Preisentwicklung auswirken wird. Nur schon deshalb ist anzuraten, beim Immobilienkauf einen Puffer einzubauen. Dieser kann dann bei den Verhandlungen um den Hypothekarkredit erst noch als Argument für Zinsrabatte eingesetzt werden.
Spielraum auch bei Refinanzierung
Natürlich bietet sich nicht nur bei Neuhypotheken Verhandlungsspielraum, sondern auch bei der Refinanzierung. Gemäss den Erfahrungen der MoneyPark-Experten ist er dort aber geringer. Vor allem wenn die Hypothek in mehrere Tranchen mit sehr unterschiedlichen Laufzeiten unterteilt worden ist, hat der Kunde kaum Verhandlungsmacht. Die Hypothekaranbieter wissen, dass es für die Kunden sehr mühsam ist, mit einer Teilhypothek zu einem anderen Anbieter zu gehen. Nicht nur wäre das Volumen der Hypothek dann kleiner, was sich ungünstig auf die Preisverhandlung auswirken würde, sondern auch der Administrationsaufwand wäre mit zwei Anbietern deutlich grösser.
MoneyPark rät deshalb dazu, dass das Auslaufen der einzelnen Hypothekartranchen schon zu Beginn nicht mehr als zwei Jahre auseinanderliegen sollte. Dann kann der Kunde die gesamte Darlehensschuld über eine sogenannte Forward-Hypothek ablösen. Dabei werden die Konditionen für eine Hypothek in zwei Jahren bereits heute fixiert. Das verbessert die Verhandlungsposition der Kunden bei einer Refinanzierung.