Kurz vor Weihnachten konnte sich Ifpi Londons Leiterin der Rechtsabteilung endlich auch auf die Feiertage freuen. Denn am Abend des 22. Dezembers 2011 hatte Jo Oliver die letzten Sätze in ihren langen Report über alle wichtigen Gerichtsverfahren gegen Raubkopierer und Internetpiraten Europas eingetippt.

Gar keine Freude hatte die oberste Juristin des mächtigsten Musikverbandes Europas an der rechtlichen Situation mit dem Zuger Sharehoster Rapidshare aus Baar. Der Dateienhosting-Service Rapidshare sei «verantwortlich fürs Hosten Unmengen von urheberechtsverletzenden Musikinhalten», schrieb Oliver ihren Mitstreitern Ende Jahr. Etwas, das Rapidshare bestreitet - seit der internationalen Razzia Ende Januar beim Konkurrenten Megaupload immer vehementer.

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Allzu grosse rechtliche Sorgen muss sich Rapidshare aber nicht machen, glaubt man Olivers Report, der «Handelszeitung Online» vorliegt.

«Viele Klagen produzieren»

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland eine Reihe von Gerichtsverfahren gegen Rapidshare angestrengt. Dabei hat die Musikindustrie laut dem Dokument mehr als 40 gerichtliche Verfügungen gegen Rapidshare erwirkt.

Ifpi Londons Ableger in Deutschland, seit 2007 unter Bundesverband der Musikindustrie (BVMI) bekannt, verfolgte dabei zwei Ziele. Erstens: Sehr viele Klagen produzieren, um Rapidshare unter Druck zu setzen. Zweitens: Rapidshares Pflicht zum Filtern von Inhalten auf ihren Servern rechtlich zu definieren.

Im April 2010 erliess ein Gericht in München eine Verfügung, die Rapidshare verpflichtete, alle Kopien eines Albums auf ihren Servern zu entfernen. Es handelte sich dabei um ein Pre-release-Album, war also schon vor Verkaufsstart online als Raubkopie erhältlich. Eine ähnliche Verfügung wurde in Verbindung mit einem anderen Musiktitel im Mai 2010 erlassen.

«Beschwerlichere Arbeit»

Diese Urteile waren von grosser Bedeutung. Denn die meisten älteren Gerichtsentscheide bezogen sich jeweils nur aufs Entfernen von Links, nicht auf Titel. Im Report kommt Ifpi London zum Schluss: «Diese Entscheidungen verpflichteten Rapidshare damit zur Filterung, was eine viel beschwerlichere Aufgabe ist, als jene Verpflichtungen, die aus älteren Verfügungen stammen.» 

Weiter heisst es im Report: «Diese richtungsweisenden Entscheide» würden von der Industrie auch in «zukünftigen Gerichtsverfahren verwendet».

Auf die Frage, was solche Verfügungen für Rapidshare bedeuten, antwortete Anwalt und Rapidshare-Sprecher Daniel Raimer: «Wir müssen alles in unserer Macht stehende unternehmen, um die angemahnte Urheberrechtsverletzung zu unterbinden. Unser Anti-Abuse-Team muss versuchen, alle im Internet veröffentlichten Links zu finden, die solche Kopien führen. Da das zu einem grossen Teil Handarbeit ist, ist der Aufwand erheblich.»

«Schwerwiegende Verzögerung»

Beide Verfügungen wurden Rapidshare in der Schweiz zugestellt, schreibt Ifpi London im Report. Jedoch seien sie nur mit «schwerwiegender Verzögerung» zugestellt worden, wegen «administrativen Problemen», womit man auf die Zusammenarbeit zwischen Behörden der Schweiz und Deutschlands anspielt.

Jo Oliver kommt darum zum Schluss, dass wegen diesen «administrativen Problemen» das Produzieren von massenhaft Klagen nicht praktikabel sei.

Ein Umzug, der sich lohnte

Es scheint, als ob sich der Umzug der Firma Rapidshare im Jahre 2006 von Deutschland in die Schweiz rechtlich auszahlt, mit Zins und Zinseszins. Ein Umzug aber, behauptet Rapidshare-Pressesprecher Raimer, der «einzig und allein» in der persönlichen Situation des Gründers von Rapidshare, Christian Schmid, begründet sei. Raimer weiter: «Er hat seinen Lebensmittelpunkt aus privaten Gründen in die Schweiz verlegt.»

Sicher ist: Schmid und seinem inneren Kreis gefällt die Schweiz. In Küssnacht am Rigi kaufte er sich eine Villa am Vierwaldstättersee. Auch die jetztige Geschäftsführerin Alexandra Zwingli geniesst dort den Blick aufs Bergpanorama.