Der neue Stolz von New York steht auf dem Ground Zero im südlichen Teil Manhattans. Das One World Trade Center reicht 541 Meter in den Himmel und ist damit eines der höchsten Wolkenkratzer der Welt. Kostenpunkt: 4 Milliarden Dollar. Im November wurde der Glas- und Stahlkoloss eröffnet. Der erste Mieter, der einzog, war Condé Nast.
Der Verlag ist bezeichnend für die neuen Bewohner des World Trade Center. Hatten in den alten Zwillingstürmen, welche die 9/11- Terroristen zum Einsturz brachten, noch Unternehmen aus der Finanzbranche die Büros dominiert, mieten sich in den neuen Türmen vorwiegend Firmen aus der Medien-, Technologie- sowie Werbe- und Kommunikationsindustrie ein. Schon jetzt sprechen Insider von einem «in den Himmel ragenden Silicon Valley».
Tech-Firmen vertreiben Geldhäuser
Junge, kreative Firmen belegen in den Gebäuden One und Four World Trade Center, den ersten fertiggebauten Türmen auf dem Ground Zero, rund ein Drittel der bisher vermieteten Büros. Vor den Terrroranschlägen machten sie bloss drei Prozent aus, schreibt die kanadische Zeitung «The Globe and Mail».
Bei den Banken und anderen Finanzkonzernen ist die Entwicklung umgekehrt. Im alten World Trade Center mieteten sie gut 80 Prozent der Büros. Unter den aktuellen Mietern machen sie nur noch 1,3 Prozent aus. Die restlichen gut 40 Prozent der jetzigen Verträge wurden mit staatlichen Einrichtungen geschlossen.
UBS verzichtet auf Büros
Die Finanzbrache wird zusehends aus Lower Manhattan verdrängt – auch wenn sich die Börse an der Wall Street in unmittelbarer Nähe zum World Trade Center befindet. Die Tage, an denen die Finanzkonzerne den südlichsten Teil der Insel Manhattan dominierten, seien vorbei, sagt Makler Marc Shapses vom New Yorker Immobilienkonzern Savills Studley gegenüber «The Globe and Mail». Viele Firmen seien mittlerweile nach Midtown gezogen.
Und diese dürften kaum zurückkehren – trotz der Verlockung eines prestigeträchtigen Büros in einem der neuen Wolkenkratzer. Die Unternehmen würden sich heute vorsichtiger verhalten und bevorzugt ihre bestehenden Mietverträge verlängern, um Kosten zu sparen, sagt Shapses. So haben sich Banken wie Citigroup, JP Morgan und die Schweizer UBS gegen einen Platz in den Türmen entschieden.
Lower Manhattan wird immer hipper
Vor allem kreative Firmen mit jungen Mitarbeitern würden sich für einen Platz im neuen World Trade Center interessieren. Das widerspiegle die Tatsache, dass Downtown Manhattan stetig «hipper» geworden sei, so der Immobilien-Experte.
Einer der neuen Mieter im riesigen Wolkenkratzer ist die Firma High 5 Games, die Games für Casinos und soziale Netzwerke entwickelt. Das One World Trade Center und das Silicon Valley in Kalifornien würden sich gut ergänzen, sagt Marketing-Vize Patrick Benson von High 5 Games gegenüber der kanadischen Zeitung. «Das Gebäude bietet alles, was wir brauchen.» Dazu würden modernste Technologie, offene Büros und Möglichkeiten für eine Erweiterung der Räume gehören.
Vermietung harzt
Der neue Mieter-Trend am Ground Zero verursacht jedoch Probleme für die Vermieter. Viele neuen Technologie- oder Kommunikationsfirmen brauchen im Gegensatz zu Grossbanken oder Versicherungen verhältnismässig wenig Platz. Nicht selten beschäftigen sie nur ein paar Dutzend Mitarbeiter. Die Folge: Knapp 186'000 Quadratmeter im One und Four World Trade Center sind noch unvermietet.
Bis jetzt haben knapp 307'000 Quadratmeter einen Mieter gefunden. Alleine im grössten Wolkenkratzer sind nur 62 Prozent der potenziellen Mietfläche vergeben. Eine Ausnahme unter den neuen Mietern ist Condé Nast. Der Verlag benötigt viel Platz und belegt Büros in der Grösse von über 111'000 Quadratmetern.
Terroranschläge dürften abschrecken
2014 fand man Mieter für lediglich knapp 32'000 Quadratmeter in den zwei bisher fertigen Hochhäusern. Die grösste vermietete Fläche war nicht einmal 10'000 Quadratmeter gross. Sie bezieht die 2007 gegründete Online-Werbe-Firma Mediamath. Gehe es so weiter, dann dürften frühestens 2019 rund 95 Prozent der Büros besetzt sein, schreibt «The Globe and Mail». Problematischerweise kommt hinzu, dass die Büroflächen zu den teuersten der Stadt gehören würden.
Und eine weitere Tatsache wiegt schwer: Die Hochhäuser stehen dort, wo einst Tausende Menschen ihr Leben verloren. Die Terroranschläge in New York dürften noch heute viele Mieter abschrecken. Deshalb glauben auch einige Immobilien-Experten nicht daran, dass die Türme jemals vollständig vermietet werden können.