Biertrends kommen und gehen. Galten hopfige Biere – als Krönung das India Pale Ale – lange als Inbegriff innovativer Brauereien, ist diese Welle nun langsam am Abebben. Statistiken dazu gibt es keine, aber episodisch hört man, dass die Nachfrage nach den Hopfenbomben rückläufig sei. Dafür werde wieder mehr klassisches Lagerbier verkauft. Der Trend zum Hellen schwappt gerade von Deutschland in die Schweiz.
Mit «Hellem» ist nicht einfach die Farbe des Bieres gemeint, auch wenn hell da durchaus zutrifft. Ursprünglich als helles Lagerbier aus Bayern bekannt geworden, gilt Helles – zumindest im grossen Kanton – mittlerweile als eigener Stil. Ein süffiges, mildes Lagerbier, das weniger stark gehopft ist als das Pilsner. Und der Stil boomt. Marken wie Augustiner oder Tegernseer reiten die Welle besonders gut.
Den Schweizer Brauereien dürfte das nur passen. Ihr traditionelles Kartellbier war schon immer eher ein Helles als ein Pilsner, denn für Letzteres fehlt ihm das letzte Quäntchen Bitterkeit. Geschmacklich unterscheidet sich unser Lager am ehesten durch etwas mehr Süsse und vielleicht etwas weniger Kohlensäure vom Hellen aus Bayern.
Der Hype wird vor allem die grossen Brauereien freuen. Denn einfach anmutendes Bier zu brauen, ist verdammt schwierig – das kann ich als Hobbybrauer bestätigen. Während fast jede Mikrobrauerei ein ansehnliches IPA hinkriegt, trennt sich bei Lager, Pils und Spezial ziemlich schnell die Spreu vom Weizen. Wo intensive Hopfenaromen handwerkliche Patzer im IPA überdecken, riecht man bei klassischen Lagerbieren jede Schwankung in der Qualität.
Hat der Brauer die Temperaturen verfehlt und zu viel oder zu wenig vergärbaren Zucker gelöst? Verlief die Gärung nicht nach Plan? Kam das Bier beim Abfüllen in Kontakt mit zu viel Sauerstoff? Die schlanken, filtrierten Biere erlauben wenig Varianz. Und das können die Profis von den hochgerüsteten Grossbrauereien nun mal besser als Amateure und Kleinbrauerinnen.
Eigentlich fehlt jetzt nur noch, dass einer der grossen Brands ein Schweizer Helles als Alternative zu Lager und Spezial auf den Markt bringt. So wie man das zuletzt beim Pilsner – zum Beispiel bei Feldschlösschen – beobachten konnte. Den Unterschied dürften die wenigsten herausschmecken. Aber erfolgreiches Biermarketing war schon immer vor allem Kopf- und weniger Geschmackssache.
Geschmacklich ist das Augustiner makellos. Ein direktes Lagerbier ohne Ecken und Kanten, schlank und süffig. In der Nase ist der Hopfen fein wahrnehmbar, doch der Abgang bleibt mild. Etwas enttäuscht hat uns beim Test nur der Schaum, der für ein deutsches Bier gar schnell nachgab.
Lagerbier Hell, Augustiner-Bräu Wagner, München. 5,2 Vol.%. Alc, 50 cl für 2.50 bis 3.00 Fr.