Die Uhrzeit angeben und bezahlen: Mehr kann die Swatch Bellamy nicht. Ist die neue Bezahluhr von Swatch dennoch Konkurrenz für die anderen Anbieter von Mobile-Payment-Lösungen wie Apple Pay, das bald in die Schweiz kommt, das Bezahlsystem Twint oder die Bezahluhr von Swatchs Kontrahenten Mondaine? Ein Vergleich.
Während Apple Pay oder Twint auf einem mobilen Gerät installiert werden müssen, ist die Swatch Bellamy nicht auf Handys oder Wearables angewiesen. «Was uns ausmacht, ist die Unabhängigkeit», sagt Carlo Giordanetti, Creative Direktor von Swatch, im Gespräch mit handelszeitung.ch.
«Die Swatch Bellamy braucht kein Smartphone und keine Smartwatch, um zu funktionieren.» Seiner Meinung nach ist dies das zentrale Verkaufsargument für die Uhr: «Vielen Menschen ist heutzutage die Verbindung all ihrer Geräte wichtig. Daneben gibt es aber einen weiteren Trend: den der Vereinfachung.»
Unabhängigkeit von anderen Geräten
Viele Menschen strebten an, sich von unnötigem Balast zu befreien. Immer mehr Nutzer löschten Apps auf ihren iPhones, um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können. «In diesen Trend passt die Swatch Bellamy perfekt hinein. Sie hat zwei Funktionen: die Uhrzeit anzuzeigen und als kontaktloses Zahlungsmittel zu dienen», so Giordanetti.
Auch Twint setzt auf Unabhängigkeit, jedoch eher in der Nutzerbasis: «Twint ist eine plattformunabhängige Lösung, die sowohl auf Android als auch iOS-Geräten funktioniert», sagte Twint/Paymit-Sprecher Victor Schmid kürzlich zu handelszeitung.ch. Zudem biete Twint Funktionalitäten, die für Konsumenten und Händler weit über die von Apple Pay hinausgingen – etwa die Einbindung von Kundenkarten oder Coupons.
NFC-Technologie entscheidend
Technologisch kann die Swatch Bellamy mit der Konkurrenz mithalten: Wie Apple Pay und die Mondaine-Uhr funktioniert die Bezahlfunktion über einen Near-Field-Communication-Chip (NFC-Chip). Der Zahlvorgang ist damit vergleichbar mit einer kontaktlosen Kreditkarte. Dies hat den Vorteil, dass Kunden nicht wie bei Twint entweder Bluetooth einschalten oder einen QR-Code scannen, sowie den Kaufbetrag in der App eingeben müssen, bevor gezahlt wird.
Bei Zahlungen über NFC können Kunden an jedem beliebigen Terminal für kontaktlose Kreditkarten zu zahlen. Die Twint-Variante ist auch für die Händler aufwändiger, weil sie neue Terminals kaufen müssen. Vorteil beim Konkurrenten Mondaine könnte sein, dass der Nutzer den NFC-Chip aus seiner Uhr herausnehmen und in ein anderes Gerät einsetzen kann. Bei der Swatch Bellamy ist der NFC-Chip fest unter dem Display eingebaut. Dasselbe gilt für Apple Pay: Hier ist der NFC-Chip Bestandteil des iPhones oder der Applewatch.
Kampf um die Karten
Sowohl die Swatch Bellamy als auch die Apple Watch kooperieren mit Visa und der Cornèrbank. Apple ist in der Schweiz bereits weitere Kollaborationen eingegangen - neben Visa auch mit Mastercard, sowie mit den Kartenherausgebern BonusCard.ch und Swiss Bankers. Wer am Schluss ein breiteres Publikum für seine Zahloption gewinnen kann, hängt davon ab, welche Finanzinstitute mit an Bord geholt werden können. Entscheidet die UBS oder Credit Suisse einen bestimmten Bezahldienst zu nutzen, wäre dies vermutlich ein Game Changer für diesen Mobile-Payment-Anbieter.
Ob die Grossbanken sich jedoch für eines der Konkurrenz-Lösungen entscheiden, ist zu bezweifeln. Denn derzeit weiss Twint die fünf grössten Schweizer Banken hinter sich – darunter auch die UBS und CS. Sie werden ihr Bezahlsystem schützen wollen und haben kein Interesse daran, Kreditkarten für andere Services herauszugeben.
Nutzung und Funktionen
Die Applewatch ist eine Smartwatch und bietet dadurch deutlich mehr Funktionen als die Swatch Bellamy. Für letztere müssen Kunden zudem aktiv in einen Shop gehen, um die Uhrzu erstehen. Apple Pay ist hingegen bereits auf iPhones und Applewatches vorinstalliert. Dies könnte sich nachteilig für die Bezahllösung von Swatch auswirken. Twint hinkt anderen Anbietern, die auf NFC setzen, nicht nur technologisch hinterher. Mit Twint kann der Kunde auch nur in der Schweiz bezahlen, während sowohl Apple Pay, als auch die Swatch Bellamy global an jedem kontaktlosen Terminal zum Einsatz kommen.
Die Swatch Bellamy überzeugt auch in der Laufzeit: Während die Apple Watch jeden Tag aufgeladen werden muss, braucht die Swatch Bellamy nicht mehr Batterie als eine Swatch-Uhr ohne Zahlungsfunktion. Die Batterie-Laufzeit wird auf gute zwei Jahre geschätzt. Stolpern könnte Swatch über die beschränkte Gültigkeit seiner Bezahlfunktion: Shoppen können Kunden mit der Swatch Bellamy nämlich nur während zwei Jahren. Danach müssen sie eine neue Uhr kaufen, um wieder damit zahlen zu können. Gegenüber der Uhr von Mondaine, die ebenfalls keine Smartwatch ist, hat die Swatch Bellamy keine klar ersichtlichen Vorteile.
«Swatch ist eine Lebenseinstellung»
Ob sich ein Bezahlmodell in der Schweiz durchsetzt oder ob mehrere Anbieter Platz auf dem Schweizer Markt haben, wird sich zeigen. Interessant wird sein, ob Kunden lieber mit simplen Varianten wie der Swatch Bellamy oder der Mondaine-Uhr bezahlen, oder ob Smartwatches weiter an Beliebtheit gewinnen. In letzterem Fall dürften auch Anbieter wie Swatch umrüsten. Weiter wird sich zeigen, auf welches Bezahlmodell die Banken und Kreditkartenherausgeber aufspringen und ob es bei der Swatch Bellamy nur um einen kurzweiligen Hype unter Swatch-Fans oder um ein längerfristig beliebtes Modell handelt.
Swatch-Creative Director Giordanetti ist optimistisch: «Wir sind in der Schweiz - man kann dem Wettbewerb mit anderen Uhren kaum entgehen.» Er denkt, dass auf dem Markt Platz für mehrere kontaktlose Bezahllösungen ist. Für welche sich der Kunde am Ende entscheidet, sei mehr eine Frage der Lebenseinstellung, als eine der Funktionalität: «Swatch ist eine Lebenseinstellung und ein Lifestyle. Wenn Sie sich für eine Swatch entscheiden, ist kein Platz für eine andere Uhrenmarke.»