Man hat es schwer als Milliardär. Erst die Kriseneskalation: Da mausert sich die Subprime- zur Immobilienkrise und dann weiter zur Finanz- und nun zur Wirtschaftskrise, und mit jeder Stufe schmilzt der private Geldvorrat schneller. Insgesamt 70 Milliarden Franken haben die 300 reichsten Schweizer dieses Jahr verloren, und ein Ende der Vermögensvernichtung ist angesichts der Börsenaussichten nicht abzusehen. Und als ob das nicht genug wäre, wird das tägliche Luxusleben der Reichsten auch noch immer kostspieliger: in den letzten 24 Monate um 15,2 Prozent, um genau zu sein. Pro Jahr sind das durchschnittlich 7,3 Prozent – mehr als viermal so viel wie die normale Teuerung.

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Dies zeigt der Schweizer Lebenshaltungskostenindex der Superreichen, der Stonehage Affluent Luxury Living Index (Salli), den das Family Office Stonehage exklusiv für BILANZ berechnet hat. Er misst jährlich die Preise eines Warenkorbes und gleicht damit dem Landesindex der Konsumentenpreise – mit einem Unterschied: Dieser Warenkorb ist ganz auf die Bedürfnisse der Wohlhabenden abgestimmt. Hummer statt Hühnchen, Cartier statt Casio, Porsche statt Peugeot – in den Salli findet nur Eingang, was gut und teuer ist. «Die offiziellen Teuerungsraten stimmen einfach nicht für die Superreichen», sagt Ewald Scherrer, Leiter des Zürcher Stonehage-Ablegers. Der Salli schafft Abhilfe. Stonehage entwickelte ihn, um den Banken, auf deren Dienste das Family Office zugreift, eine hohe Messlatte zu setzen beim realen Ertrag, den sie bei der Verwaltung der Kundenvermögen erzielen müssen.

GÜNSTIGERE «KRONENHALLE». Konkret finden sich im Luxuswarenkorb Statussymbole wie ein Aston Martin V8 Vantage, eine Rolex Cosmograph Daytona in Weissgold oder ein Burberry-Trenchcoat. Diese schönen Geldverschwendungen unterscheiden sich jedoch kaum von den Konsumvorlieben der Superreichen anderswo auf der Welt. Der Salli untersucht deshalb auch die Preisentwicklung spezifischer Schweizer Produkte und Dienstleistungen. Natürlich erst einmal die Wohnungsmiete in Küsnacht, am Zürichberg oder in der Genfer Altstadt, bei jeweils angemessenen 400 Quadratmetern. Aber auch Truffes von Sprüngli gehören dazu oder ein Menu im Genfer Edelrestaurant Le Parc des Eaux-Vives. Oder zwei Konzertkarten der besten Kategorie im KKL Luzern und ein Wochenskipass für die Familie in St.  Moritz samt einem Tag Privatskilehrer.

Die Preise für derartige Annehmlichkeiten sind zum Teil heftig gestiegen: Ein Kilo Beluga-Kaviar etwa hat in zwei Jahren um stolze 233 Prozent zugelegt und kostet nun 6930 Franken (alle Preise per Ende August). Champagner wurde 42 Prozent teurer, Kunst legte um 35 Prozent zu. Die Hermès Birkin Bag (35 Zentimeter gross) kostet 18 Prozent mehr – Gott sei Dank, wird sie laut Salli nur alle drei Jahre einmal gekauft. Billiger wurde seit 2006 nur weniges: das Menu im Zürcher Edelrestaurant Kronenhalle für zwei Personen etwa um 6,2 Prozent (im Index schlägt es nun jeden Monat mit je 270 Franken zu Buche), die sechs Kisten Trinidad-Zigarren mit 24 Fundadores aus Kuba (um 20 Prozent) oder das Edelparfum X von Clive Christian (minus 15 Prozent).

NACHFRAGE ZIEHT AN. Dass die Teuerung bei Gigi Oeri, Ernesto Bertarelli oder Viktor Vekselberg mehr als viermal so stark ausfällt wie bei Otto Normalverbraucher, erstaunt nur auf den ersten Blick. Denn die Preise für Luxusgüter haben weltweit in den letzten Jahren stark zugelegt. Kaum eine Uhrenmanufaktur, die nicht jedes Jahr aufschlägt; kaum eine Delikatesse, die nicht mit jeder Saison teurer wird. Möglich wurde das wegen der stark gestiegenen Nachfrage aus Boomländern wie Indien, China und Russland. Für den Schweizer Luxuswarenkorb zusätzlich belastend wirkt die Explosion der Immobilienpreise an den Toplagen am Zürich- und Genfersee.

Dieses Schicksal teilt die Schweiz mit London, für das Stonehage ebenfalls seit einigen Jahren einen Salli errechnet. Auch hier liegt die Teuerung für die Crème de la Crème deutlich über derjenigen für den Mittelstand. Die Berechnungsmethoden für London und die Schweiz sind die gleichen, allerdings ist der Warenkorb anders zusammengesetzt, um lokale Geschmacksunterschiede zu berücksichtigen. Schönstes Beispiel: Die Lebenshaltungskosten der begüterten Britin beinhalten auch eine Brustvergrösserung. «Hierzulande weniger üblich» findet Scherrer diesen Ausgabeposten und verzichtete auf die Übernahme in den Schweizer Salli.

26 PROZENT FÜRS REISEN. Doch auch so finden sich für den begüterten Schweizer genug schöne Wege, sein Geld auszugeben. Grösste Einzelposten sind laut Salli die Beteiligung an einem Privatjet (umgerechnet 211  565 Franken pro Jahr), die Unterbringung von zwei Kindern im Lyceum Alpinum in Zuoz (134  400 Franken), Kunst (134  991 Franken) und natürlich die obligate Haushaltshilfe, vermittelt von Bonne Ménagère (63  700 Franken). Der grösste Posten im Salli-Warenkorb, nämlich 35 Prozent von jährlich 1,37 Millionen Franken, betrifft das Wohnen und die Familie, weitere 26 Prozent gibt der Schweizer Superreiche für Reiseaktivitäten aus. So werden im Salli die Preise erfasst für ein Juni-Wochenende im Pariser Luxushotel George V, eine Woche Chaletaufenthalt in Verbier oder einen First-Class-Flug zum Christmas Shopping nach New York. Für die klassischen Statussymbole (Schmuck, Autos, Kunst) lassen Mr. & Mrs. Millionär typischerweise 24 Prozent ihres Budgets liegen. Lukullische Vergnügungen (von Champagner über Zigarren bis zum Diner in «Petermann’s Kunststuben») sowie Kultur und Erholung (Zürcher Opernball oder die Mitgliedschaft im Polo Club de Veytay) sind mit acht beziehungsweise sieben Prozent vergleichsweise geringe Kostenposten.

Und gut möglich, dass die Preise auch nicht mehr wachsen werden – zumindest vorerst. «2009 dürften wir wohl erstmals einen Rückgang der Preise sehen», erwartet Stonehage-Mann Scherrer. Denn die durch Finanz- und Wirtschaftskrise eingedampften Vermögen werden auch die Nachfrage nach Luxusprodukten sinken lassen – und damit die Preise. Durchaus wahrscheinlich also, dass unsere Superreichen nächstes Jahr ihren Vermögensverlust auf diese Weise wenigstens ein klein bisschen bremsen können. Man hat es doch nicht so schwer als Milliardär.

Im Dienste der Reichsten

Stonehage hat exklusiv für BILANZ den Schweizer Lebenshaltungskostenindex der Superreichen errechnet, den Stonehage Affluent Luxury Living Index (Salli). Stonehage ist das grösste unabhängige Multi Family Office der Welt. Es strukturiert und bewirtschaftet die Vermögen und Interessen reicher Familien aus aller Welt, derzeit mehr als 20 Milliarden Dollar für über 1100 Kunden. Der operative Sitz von Stonehage ist in London, rund ein Drittel der über 300 Angestellten arbeitet jedoch in der Schweiz – nicht nur wegen der Niederlassungen in Zürich und bald in Genf, sondern vor allem weil das ganze Backoffice in Neuenburg angesiedelt ist.