Neben dem Blauburgunder und dem Vernatsch zählt der autochthone Lagrein zu den roten Südtiroler Leitsorten. Die untrennbar mit der Landeshauptstadt Bozen verbundene Varietät, die bereits in der Weinordnung Karls IV. von 1370 als einer der «pesten Poczner» Weine erwähnt wird, hat in den letzten Jahren eine wahre Renaissance erlebt. Trotz seines schon früh erkannten Potenzials führte der Lagrein aber lange ein Schattendasein.

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Der verbreiteten Vorliebe für leichte, süffige Weine entsprechend, verarbeiteten die Kellereien den grössten Teil der Lagreintrauben zu einem hier «Kretzer» genannten Roséwein. Und selbst das wenige, was auf der Maische zu purpurroten Weinen vergoren wurde, diente in der Regel als Verschnittwein für hellfarbige Rotweine, vorab für den St.Magdalener, der aus Vernatsch und bis zu 10 Prozent Lagrein gekeltert wird. Nur geringe Mengen des «dunklen» Lagrein wurden in Flaschen abgefüllt.

Vom Kretzer redet heute niemand mehr

Dies hat sich freilich im letzten Jahrzehnt grundlegend geändert. Vom Kretzer redet heute kaum mehr jemand. Geradezu euphorisch gelobt wird dagegen der «richtige» Lagrein, der sich dank Ertragsreduktion und kellertechnischer Verbesserungen zu einem der renommiertesten Südtiroler Gewächse gemausert hat.

In ganz Südtirol sind heute rund 430 Hektaren mit Lagreinreben bestockt. Die traditionellen Anbaugebiete liegen jedoch auf dem Stadtgebiet von Bozen, vorab in Gries, einem 1925 eingemeindeten Stadtteil, und im vornehmen Wohnquartier Maretsch, unweit des historischen Zentrums.

Auf den sandigen, kieshaltigen Geröll- und Schuttböden in der Ebene bringt der Lagrein die besten Resultate. Viele Rebpflanzungen mussten jedoch in der Nachkriegszeit der sich ausdehnenden Stadt weichen, weshalb die Sorte heute auch auf geeigneten Böden im Unterland sowie im Überetsch und im Etschtal angebaut wird.

Verbindung zum Aargau

Mit ihren ausgezeichneten Lagreinweinen einen Namen gemacht hat sich die Kellerei der im Bozner Stadtteil Gries gelegenen Benediktinerabtei Muri-Gries. Der erste Teil des Namens der Abtei verweist auf die Aargauer Gemeinde Muri. Nach der Säkularisierung der Klöster im Kanton Aargau mussten die Mönche ihr Stammhaus in der Schweiz verlassen und siedelten, einem Angebot von Kaiser Ferdinand folgend, 1845 in das leer stehende Augustinerchorherrenstift im Bozner Stadtteil Gries um.

Seit über zwei Jahrzehnten hat der weltliche Kellermeister Christian Werth sein Hauptaugenmerk auf den Lagrein gerichtet. Tatsächlich gehören die Lagreingewächse der Klosterkellerei Muri-Gries zu den besten ihrer Gattung. Das gilt ebenso für den fruchtbetonten, im grossen Holzfass gereiften Lagrein «Dunkel» der Basislinie, der delikat nach Kirschen duftet und von eleganter, mittelgewichtiger Statur ist, wie auch für den aus Trauben alter Reben gekelterten und in Barriques ausgebauten Lagrein Riserva «Abtei Muri». Mit seinem kräftig-fruchtigen Bukett, seinem stoffig-dichten und geschmeidig-samtigen Körper, der gut ausbalancierten Säure und den weichen Tanninen repräsentiert er auf höchstem Niveau den neuen Lagreinstil.

Rustikale Sorte

Im Allgemeinen beeindrucken die Lagreingewächse mit Aromen von Waldbeeren, frischen Kirschen, Veilchen und Gewürzen. Oft macht sich auch eine typische Bitternote bemerkbar. Solange sich diese im Hintergrund hält, ist das nicht störend, denn der Lagrein ist im Grunde eine recht rustikale Sorte, der man erst in den letzten zwei Jahrzehnten dank konsequenter Ertragsreduktion und sorgfältiger Kellerarbeit zu neuem Ansehen verholfen hat.

Doch manchmal wird leider zu viel des vermeintlich Guten getan: Als önologisch zurechtdesignter und auf den internationalen Massengeschmack getrimmter Wein wird der Lagrein zu einer Karikatur seiner selbst. Von den in letzter Zeit verkosteten Lagreinweinen können – neben jenen der Klosterkellerei Muri-Gries – die Lagen-Lagrein «Taber» der Kellerei Bozen und «Lindenburg» der Tenutae Lageder sowie die Lagrein der Tenuta Kornell, des Weinguts Glögglhof sowie von Alois Lageder empfohlen werden.


Die Weinhandlung Georg Vogel in Zürich (www.weinvogel.ch) hat in der Schweiz das umfassendste Angebot an Südtiroler Weinen.