Da ist der Kollege, der einem während eines Meetings ins Wort fällt. Jener, der einen trotz Halbwissen belehrt - und der, der die eigenen Ideen als die seinen verkauft. Viele Frauen werden diese Situationen aus ihrem Arbeitsalltag kennen. Die «New York Times»-Kolumnistin Jessica Bennett beschreibt in ihrem neuen Buch «Feminist Fight Club» nun, wie Frauen mit diesem sogenannten Mikrosexismus umgehen können.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Und zwar, indem sie sogenannte «Feminist Fight Clubs» (FFC) gründen – sich also mit anderen Frauen verbünden, anstatt diese als Konkurrenz zu sehen. Nur so könnten sie gegen den «Feind», wie Bennett die Männer plakativ nennt, auftrumpfen. Die 34-Jährige hat mit ihrer Idee prominente Fans gesammelt: Sie gilt als Protégé von Sheryl Sandberg, der Nummer Zwei bei Facebook. Sandberg gibt auf Instagram zu: «Ich trage mit Stolz eine Mitgliedskarte des Feminist Fight Clubs».

Auch ein Schweizer Problem

Von Bennetts Ratschlägen dürften auch Arbeitstätige in der Schweiz profitieren. Denn den subtilen Sexismus, den Bennett beschreibt, kennen hierzulange viele Frauen. Jüngst machte auf sozialen Medien der #SchweizerAufschrei die Runde. Darunter nannten Frauen und Männer Beispiele, in denen Geschlechter-Stereotypen sich in den Alltag einschleichen. SP-Parlamentarierin Min Li Marti twitterte etwa: «Wenn dir der Ratskollege sagt, das Thema sei halt kompliziert, vielleicht könne mir das mein Mann später erklären.» Eine andere Nutzerin schrieb: «Als Doktorandin hören, als Alleinerziehende könne man keine Diss schreiben, drum kriegt die Stelle ein junger Mann.»

Dass solche Haltungen das Ungleichgewicht im Arbeitsalltag nähren, zeigen Zahlen: Hierzulande machen immer noch deutlich weniger Frauen Karriere als ihre männlichen Kollegen. Zudem werden Frauen in vielen Branchen immer noch massiv schlechter bezahlt.

Auch Männer dürften von Bennetts Ratschlägen profitieren. Sie können ebenfalls in einen FFC aufgenommen werden - und sind als Verbündete gar essentiell, so die Autorin.

Die grössten «Feinde» und wie Frauen auf Sie reagieren können:

Der «Manterrupter»

Er lässt Frauen nicht ausreden. Prominentes Beispiel: Donald Trump. Der republikanische Präsidentschaftskandidat fiel seiner demokratischen Kontrahentin Hillary Clinton im ersten TV-Duell 51 Mal ins Wort. Sie unterbrach ihn nur 17 Mal.

Dasselbe passiert in Meetings, schreibt Bennett. Sie zitiert Studien, wonach Männer Frauen in Gesprächen doppelt so häufig ins Wort fallen, als anders herum.

Das rät Jessica Bennett:

  • Weiterreden. Wenn ein Mann dazwischenredet sollten Sie unbeirrt fortfahren. Gleichzeitig können Sie ihm einen Blick zuwerfen, der bedeutet: «Wage es nicht, mich zu unterbrechen».
  • Ansprechen. Sprechen Sie den Störenfried an: «Ich bin noch nicht fertig. Gib mir noch eine Sekunde».
  • Einspringen. Wenn eine weibliche Kollegin von einem Störenfried unterbrochen wird, sagen Sie: «Kannst Du Sie ausreden lassen?»
  • Zusammenhalten. Will eine Frau eine Frage stellen, kommt aber nicht zu Wort, können Sie sie direkt ansprechen und ihr so Gehör verschaffen: «Was denkst Du, Sabrina?»
  • Nach vorne lehnen. Das gilt vor allem für gesetzte Meetings. Die Körperhaltung verleiht ihnen Autorität.
  • Sich einen guten Platz ergattern. Männer setzen sich am Sitzungstisch oft an strategisch günstige Plätze - nämlich dort, wo Entscheidungen getroffen werden.
  • Regeln aufstellen. Sind Sie in einer Machtposition, können Sie die Regel aufstellen, dass Unterbrechungen tabu sind, während jemand spricht oder eine Idee präsentiert.

Der Ideen-Klauer

Er heimst das Lob für die Arbeit anderer ein. Studien zeigen, dass in gemischen Arbeitsgruppen tendenziell die Männer die Lorbeeren für die gemeinsame Arbeit erhalten.

Das rät Jessica Bennett:

  • Feste Worte. Präsentieren Sie Ideen selbstbewusst und übernehmen Sie Verantwortung für den Inhalt. «Ähms», «Sorrys» oder Babysprache sind nicht erlaubt.
  • Danken. Versucht jemand dennoch, ihre Idee als die seine darzustellen, holen Sie sich die Lorbeeren zurück. Danken Sie der Person: «Ich bin froh, dass Sie meine Idee gut finden und meine Einschätzung teilen. Genau so hatte ich das gemeint.»
  • Wingman. Suchen Sie sich einen Komplizen, am besten einen männlichen. Machen Sie mit ihm aus, dass er zustimmend nickt, wenn Sie sprechen oder ihren Aussagen zustimmt. Wenn jemand ihre Ideen klauen will, kann er einspringen: «Genau, so wie Jessica es gesagt hat.»
  • E-Mail. Haben Sie eine grandiose Idee präsentiert, schicken Sie danach eine zusammenfassende E-Mail an die wichtigen Personen. So kennzeichnen Sie die Idee als die Ihre - schwarz auf weiss.
  • Like. Unterstützen Sie andere Frauen öffentlich. Präsentiert jemand eine besonders gute Idee, zeigen Sie laut ihre Zustimmung, klatschen Sie in die Hände oder schnippen Sie mit den Fingern.

Der Zur-Sekretärin-Degradierer

Dieser Kollege macht Sie zu seiner Sekretärin. Er fragt etwa, ob Sie in einem Meeting Notizen machen könnten, setzt Sie in den cc wichtiger E-Mails und bittet Sie, Kaffee für einen Kunden zu holen.

Das rät Jessica Bennett:

  • Dumm stellen. Wenn Sie jemand bittet, Kaffee zu kochen, sagen Sie: «Das würde ich ja gerne, wenn ich nur wüsste, wie.» Schickt Sie jemand zum Kopierer, reicht die Ansage: «Ich habe den Kopierer so oft kaputt gemacht - ich sollte die Maschine nicht anfassen.»
  • Direktheit. Bittet Sie jemand, mitzuschreiben, sagen Sie direkt, dass Sie das nicht wollen. Mitzuschreiben versetze Sie in eine passive Rolle, Sie würden sich aber lieber aktiv einbringen.
  • Alternative vorschlagen. Etwa: «Ich kann gerade nicht, aber mein Kollege Beat ist super beim Notizen machen.»
  • Keine Freiwilligen-Arbeit. Studien zeigen, dass Frauen deutlich häufiger administrative Aufgaben übernehmen - sich aber auch deutlich häufiger freiwillig dafür melden. Hören Sie auf damit.

Der «Mansplainer»

Der Mansplainer ist schlauer als Sie. Das denkt er zumindest. Er erklärt Ihnen auf eine gönnerhafte, oft herablassende Art, die Welt. Häufig auch ohne dass Sie ihn darum gebeten hätten.

Das rät Bennett:

  • Weisen Sie ihn darauf hin. Der Mansplainer merkt oft nicht, dass er Ihnen ungebetenerweise Sachen erklärt, nach denen Sie ihn nicht gefragt haben.
  • Ignorieren. Ausser der Mann ist ein Experte auf dem entsprechenden Gebiet, sollte er lieber die Klappe halten, als Sie zu belehren.

*Jessica Bennett ist Kolumnistin bei der «New York Times» und schreibt für Sheryl Sandberg's Nonprofit Organisation LeanIn.org. Sie ist Mitgründerin und Kuratorin der Lean In Collection. Zusammen mit der Fotoagentur Getty Images möchte Sie durch Fotografie ändern, wie Frauen im Fotobestand dargestellt werden.

*Feminist Fight Club von Jessica Bennett können Sie auf Amazon.de bestellen (12,99 Euro, bzw. 14,10 Franken).