Der Weinbau im Wallis beschränkt sich nicht nur auf das Rhonetal. Auch in einigen Seitentälern werden Reben kultiviert und deren Trauben zu ansprechenden, eigenständigen Weinen verarbeitet. So findet man etwa im Vispertal von Trockensteinmauern gestützte Rebterrassen auf dem Gemeindegebiet von Visp, von Visperterminen, Zeneggen, Stalden, Staldenried und sogar von Kalpetran, das mehr als 10 Kilometer südlich von Visp entfernt liegt. Das Vispertal gilt – nicht zuletzt dank dem Föhn – als eine der trockensten und sonnenreichsten Gegenden der Schweiz. Dieses für den Rebbau vorteilhafte Mikroklima ermöglicht es, dass an den steilen, gegen Süden und Südwesten ausgerichteten Hängen von Visperterminen bis auf über 1000 Höhenmeter Reben angebaut werden.
Genossenschaft die richtige Lösung
Damit gehören die Terrassenrebberge von Visperterminen zu den höchsten Weinbergen Europas. Und obwohl im Vispertal rund die Hälfte der zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch existierenden Weinberge aufgegeben wurden, haben sich die Rebpflanzungen von Visperterminen – mit Ausnahme weniger Parzellen in extremen und schwierig zu erreichenden Höhenlagen – bis heute halten können.
Dass dem so ist, sei auch das Verdienst der 1979 gegründeten Genossenschaftskellerei St. Jodern, erläutert Alain Helmrich, der aus dem Elsass stammende Kellermeister. Helmrich: «Da die wenigsten Rebbauern in Visperterminen ihre Weine selbst kelterten, hatten sie bis dahin die geernteten Trauben an Kellereien im Rhonetal verkauft. Doch mit den steigenden Produktionsmengen in den 1970er-Jahren und dem gleichzeitig abnehmenden Weinkonsum zeigten diese immer weniger Interesse an den Trauben aus Visperterminen. Den Winzern blieb nichts anderes übrig, als selbst die Initiative zu ergreifen und aus der Not eine Tugend zu machen. Sie gründeten ihre eigene Winzergenossenschaft, die sie nach Sankt Jodern, dem Landespatron des Wallis, benannten.»
«Perle der Alpenweine»
1980 wurde der erste Jahrgang gekeltert und abgefüllt. Zu Beginn war es noch keineswegs klar, ob das Gemeinschaftswerk Bestand haben würde. Doch dank des qualitätsorientierten Kurses des langjährigen Kellermeisters Pirmin Heinzman vermochte sich die St. Jodernkellerei innert weniger Jahre zu etablieren. Geschickt verstand man es, die hier im grossen Stil angebaute und bestens gedeihende Heida-Rebe als besondere Spezialität herauszustreichen. Zwar ist die «Perle der Alpenweine», wie man den Heida in Visperterminen stolz und werbewirksam nennt, keine autochthone Sorte (er ist identisch mit dem Savagnin blanc des französischen Jura, aus dem der berühmte Vin Jaune gekeltert wird), doch von den hier traditionell angebauten Varietäten bringt er besonders interessante Resultate hervor. Längst hat die Begeisterung für den fruchtbetonten, vollmundigen Weisswein auch den französischsprachigen Teil des Wallis erfasst. Hier heisst die Sorte allerdings nicht mehr Heida, sondern Païen.
Gut ein Drittel mit Heida bestockt
Die St. Jodernkellerei verarbeitet heute die Ernte von rund 50 Hektaren Rebfläche, von der gut ein Drittel mit Heida bestockt ist. Er wird in zwei trockenen Versionen angeboten: Traditionell im Stahltank vinifiziert (dieses Gewächs gehört neuerdings zur prestigeträchtigen Vereinigung Mémoire des Vins Suisses) und in Barriques ausgebaut. Dazu kommt eine Mélodie genannte, restsüsse Variante. Im Herbst dieses Jahres soll neu eine vierte Version auf den Markt kommen. «Es wird ein im Stahltank vinifizierter Heida aus alten, wurzelechten Rebstöcken sein», verrät Alain Helmrich, der vor zwei Jahren Pirmin Heinzmanns Nachfolge angetreten hat und wie sein Vorgänger die erfolgreiche Qualitätsstrategie nahtlos und mit viel Engagement weiterführt. Neben dem Heida werden auf dem kalkreichen Moränenboden von Visperterminen auch die weissen Sorten Chasselas, Riesling x Sylvaner, Johannisberg und Muscat kultiviert.
Eine Rarität ist die autochthone Sorte Resi, die bereits 1313 urkundlich belegt ist, Anfang des 20. Jahrhunderts jedoch weitgehend der Reblaus zum Opfer fiel und heute nur noch auf 2 Hektaren angebaut wird. Noch dominieren die weissen Sorten mit einem Anteil von über 60 Prozent die Weinproduktion der St. Jodernkellerei. «Wir sind bestrebt, den Anteil der roten Sorten zu vergrössern. Das Ziel ist ein Verhältnis von 1:1», kommentiert Helmrich. Bei den roten Varietäten stehen traditionellerweise der Pinot noir und der Gamay im Vordergrund, die reinsortig oder als Cuvée mit den in den letzten Jahren dazugekommenen Gamaret und Syrah abgefüllt werden.
Die Weine können direkt in der Kellerei gekauft werden: St. Jodernkellerei, Unterstalden, Visperterminen; Tel. 027 946 41 46 www.jodernkellerei.ch
Sechs ausgewählte Weine
Johannisberg 2009 Kräftige, fruchtige Nase mit floralen Noten. Straffer, geschmeidiger Körper, stoffig, dezente Säure, mineralische Bitternote, langer Nachhall (13.60 Franken).
Muscat 2009 Verführerisch aromatisches Bouquet. Im Gaumen reichhaltig, schöne Aromenfülle, harmonische Säure, langes Finale (16.50 Franken).
Resi 2009 Frisch-fruchtige Nase mit Aromen von Zitrusfrüchten. Mittelgewichtiger Körper, knackige Säure, saftig, ansprechende, würzig-herbe Aromatik, gute Länge (19.50 Franken).
Heida Visperterminen 2009 Vielschichtiges, delikates Bouquet mit Aromen von exotischen Früchten, Orangenblüten und Honig. Im Gaumen körperreich-kräftig, vielschichtige Aromatik mit floralen Noten, dezente Säure, sehr langes Finale (19 Franken).
Heida Barrique 2009 Expressive, nuancenreiche Nase. Fleischig-kräftiger Körper, schöne, komplexe Aromatik, harmonische Säure, sehr langer, finessenreicher Abgang (27 Franken).
Gamay 2009 Ansprechendes, fruchtiges Bouquet mit Aromen von Kirschen und roten Beeren. Im Gaumen gute Fülle, rotbeerige Aromatik mit Würznoten, geschliffene Tannine, präsente Säure, langes Finale (12.90 Franken).