Donald Trump kümmerte sich während seiner Präsidentschaft wenig um internationale Regeln, am wenigsten um jene des internationalen Handels. «Amerika zuerst» (America First) war seine Devise. Seit der Präsidentschaft seines Nachfolgers von den Demokraten, Joe Biden, ist der Begriff des Handelskriegs weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden, mit dem man noch Trumps Wirtschaftspolitik bezeichnet hat.
Gänzlich zu Unrecht. Biden führt den Handelskrieg seines Vorgängers fort – nicht nur gegenüber China, auch gegenüber Europa. Nur verkauft er diese Politik nach aussen weniger aggressiv.
Das aktuellste Beispiel dafür ist der «Inflation Reduction Act», der mit einer Reduktion der Inflation herzlich wenig zu tun hat. Darin verpackt sind massive Steuerabzüge, die die Konsumentinnen und Konsumenten nur erhalten, wenn sie US-Produkte kaufen. Beim Erwerb eines Elektroautos aus den USA, dessen Batterie ebenfalls zur Hälfte aus US-Komponenten besteht, gibts zum Beispiel einen Abzug von 7500 Dollar.
Die Europäer sind wenig überraschend empört über die Benachteiligung ihrer Güter. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nannte das US-Gesetz einen «Killer unserer Industrie» und EU-Präsidentin Ursula von der Leyen beschwor die Amerikaner in Davos, doch im beiderseitigen Interesse von einer solchen Politik Abschied zu nehmen.
Nicht nur ein Problem für Europa
Nützen tuts wenig. Konzernchefinnen erklären hinter vorgehaltener Hand, dass sie bei neuen Investitionen klar die USA bevorzugen wollen. Europa sei nur noch «gut» im Setzen neuer Regulierungen, ist da sarkastisch zu vernehmen. Das Problem der Europäer ist nicht zu unterschätzen: Die Euro-Zone lebt faktisch von der Nachfrage von aussen, wie sich das an den Aussenhandelsüberschüssen zeigt.
Aber nicht nur die Europäer haben ein Problem. Die jüngsten Entwicklungen stehen zwar nicht für ein Ende der globalisierten Wirtschaft – dafür sind die internationalen Produktionsverflechtungen zu gross. Aber mit neuen Hürden, Zöllen und Subventionen gerät massiv Sand ins Getriebe der Weltwirtschaft. Das bedeutet: Alles wird weniger effizient und teurer und der Wohlstand sinkt.
Auf der Strecke bleiben auch allgemeine Regeln, auf die schwächere Länder und kleine offene Länder wie die Schweiz besonders angewiesen sind. Für diese Regeln steht die Welthandelsorganisation WTO in Genf. Doch seit die Amerikaner deren Entscheidungsgremium blockieren, ist die Organisation faktisch zur lahmen Ente verkommen.
Was nun droht, ist eine Spirale zu immer mehr Protektionismus. Denn seit sich die USA als bisherige Schutzmacht des Freihandels von diesem offen abwendet, gibt es auch für andere kein Halten mehr, um mit eigenen Massnahmen nachzuziehen.
In der Kolumne «Freie Sicht» schreiben neben Reiner Eichenberger, Professor für Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg, der Ökonom Klaus Wellershoff von Wellershoff & Partners sowie der «Handelszeitung»-Chefredaktor Markus Diem Meier. Die in den Kolumnen vertretenen Ansichten können von jenen der Redaktion abweichen.
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«Ich bin gegen Import-Zölle», sagt er dann, «aber wir brauchen sie jetzt. Wir brauchen eine Übergangsphase, damit wir uns neu aufstellen können, bis wir bereit sind, bis wir der Herausforderung auf Augenhöhe begegnen können». Dabei gehe es vor allem um «preislich vernünftige» Fahrzeuge, die aktuellen E-Autos aus europäischer Produktion seien zu teuer, «das können sich viel zu wenige Menschen leisten. Und das verlangsamt den Umsteig. Und dann können wir die von der Politik eingeforderten Ziele nicht erfüllen». Gegen den Dogmatismus der Politiker und Beamten könne man sich nicht mehr wehren. Diesem aber etwas Pragmatismus hinzuzufügen, das sei durchaus noch möglich.
https://radical-mag.com/2022…
"Im Winter 1929/30 geriet Deutschland in den Strudel der sich aus dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929 entwickelnden Weltwirtschaftskrise. Der Kapitalstrom nach Deutschland versiegte, als die für die deutsche Wirtschaft so dringend benötigten ausländischen Kredite abgezogen wurden. In den USA und in Europa setzte sich zunehmend nationaler Protektionismus durch, das Welthandelsvolumen fiel von 1929 bis zum Tiefpunkt der Rezession 1932 um 25 Prozent. Der deutsche Warenexport sank in demselben Zeitraum von 13,5 auf 5,7 Milliarden Reichsmark, da der Außenhandel ebenso rapide zurück ging wie die Industrieproduktion des Deutschen Reichs, die um circa 40 Prozent fiel."
https://www.dhm.de/lemo…