Damit wir uns richtig verstehen: Sanktionen gegen das Terrorregime Wladimir Putins sind richtig. Und auch dass die Schweiz als globaler Handels- und Finanzplatz in der Verantwortung steht, ist ausser Zweifel. Aber es geht um ein Sanktionsregime, das sich mittlerweile zum undurchsichtigen Monsterkonstrukt ausgewachsen hat. Das fängt bei den Sanktionslisten an, von denen es mittlerweile ein halbes Dutzend gibt, darunter jene der Ukraine, USA, EU, von Australien und Grossbritannien. Die Sanktionsliste der Amerikaner umfasst 1244 Personen, jene der EU 1800 und bei Grossbritannien sind es 1612. Und die Listen sind unterschiedlich. Viktor Vekselberg ist von den Amerikanern (aus fragwürdigen Gründen) sanktioniert, nicht aber von der EU oder der Schweiz.

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Die einen Oligarchen sind persönlich sanktioniert, nicht aber ihre Firmen. Bei anderen ist es eine Firma, aber nicht die Person. Das Seco, die zuständige Behörde in der Schweiz, und die globalen Firmen im Land – ABB, Nestlé, UBS etc. – müssen dafür sorgen, dass die für sie relevanten Sanktionslisten eingehalten werden. Denn es gilt nicht nur jene, welche für die Schweiz massgeblich ist, jene der EU, sondern auch jene der Amerikaner, weil man schliesslich keinen Ärger mit der US-Justiz haben will. Eine Herkulesaufgabe, die durchaus fehleranfällig ist.

EU-Staaten zeigen Brüssel die lange Nase

Verwerflich ist aber, dass ausgerechnet jene Länder, die eine eigene schwarze Liste erstellen und sich als moralische Instanzen gebärden, sich oft selber nicht an die eigenen Sanktionen halten. Das gilt für die USA, die fröhlich «Licences» an US-Firmen vergeben, damit sie weiterhin mit russischen Staatsbetrieben geschäften können und Extraprofits einstreichen.

Noch schlimmer sind die Europäer: Die Hälfte der 27 Staaten foutiert sich um die Sanktionen der EU und zeigt Brüssel die lange Nase. Dass EU-Staaten wie Griechenland, Malta oder Zypern bislang Villen und Bankkonten im Wert von rund 200’000 Franken blockiert haben, ist ein Witz – und dass Griechenland Brüssel obendrein nötigen kann, fünf Tankerfirmen von der EU-Sanktionsliste zu streichen, um das Plazet für das elfte EU-Sanktionspaket einstimmig durchzukriegen, ist ein Skandal.

Statt sich um derlei eklatante Missstände in den eigenen Reihen zu kümmern, schiessen EU-Staaten auf das durchaus solide Sanktionsregime der Schweiz. Deren Behörde gerät ins Stottern und wehrt sich kaum. Auch nicht dagegen, dass der US-Botschafter in Bern bei seinen Angriffen selbst die Summe aller Russen-Vermögen in der Schweiz mit den blockierten Vermögen von Sanktionierten durcheinanderbringt. Und er vermutlich gar nicht weiss, dass seine Regierung bislang keine Zahlen zu den von ihr eingefrorenen Vermögenswerten offengelegt hat. 

Es zeigt sich beim politisch aufgeladenen Streit um Sanktionen einmal mehr, dass der Bundesrat überfordert ist, wenn es darum geht, unsachlichen Druck vom Ausland zu parieren und die Dinge ins richtige Licht zu rücken. Das machen andere Länder, etwa Grossbritannien, viel besser. Jede Blockierung einer Oligarchenvilla, jedes Einfrieren eines Bankkontos, jede Spurensuche nach einer Superjacht wird per Lautsprecher der Welt verkündet. Seht her, wir greifen durch!

Und die Schweiz? Lässt sich am Nasenring durch die Manege der Weltöffentlichkeit führen.