Der Bundesrat will mit Brüssel verhandeln. Die bilateralen Verträge mit der EU sollen vertieft werden. Dazu gehört ein neues Stromabkommen, das die Schweiz braucht. Das Forschungsabkommen Horizon soll wieder installiert werden und Tausenden Forscherinnen und Forschern den Zugang verschaffen. Und der spezielle schweizerische Lohnschutz soll für beide Seiten für verbindlich erklärt werden. Diese News sind seit gestern raus.

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Die Gewerkschaften wussten bereits seit ein paar Tagen davon. Vor einer Woche hatte Guy Parmelin sie persönlich informiert. Abgemacht war, dass alle Sozialpartner – die vier Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter – stillhalten. Doch der Gewerkschaftsbund und Travailsuisse hielten sich nicht daran. Seit Montag fordern sie lauthals Nachbesserungen am vorläufigen Verhandlungsstand. Sie behaupten fröhlich, dass aus dem Projekt Bilateralen III «ein Liberalisierungsprogramm geworden» sei, das es abzuwenden gelte. Sollte der Vorwurf stimmen, dann wäre es eine gute Nachricht.

Erstens der Bahnverkehr. Heute geniessen die SBB und die Privatbahnen ein Quasi-Kartell. Die SBB sorgen für ein Milliardenloch in der Bundeskasse. Die sind notorisch defizitär. Die sogenannten Privatbahnen sind zwar leistungsfähiger, aber ebenfalls hochgradig subventioniert. Es ist höchste Zeit, dass der Zugang zum schweizerischen Bahnnetz für ausländische Akteure geöffnet wird. Heute dürfen nur Züge aus dem Ausland in die Schweiz fahren, nicht aber innerschweizerisch in Konkurrenz treten.

Zweitens die freie Wahl des Stromanbieters, auch für Haushalte. Davon dürften geschätzt über zwei bis drei Millionen Haushalte profitieren. Sie könnten von einer teuren Anbieterin zu einer günstigeren wechseln oder von einem Wasserstromlieferanten zu einem mit Atomstrom.

Und drittens mehr Konkurrenz aus dem Ausland durch Entsendebetriebe. Ausländische Arbeitnehmende, die in der Schweiz eingesetzt werden, werden voraussichtlich tiefere Spesen erhalten. Die Preise durch Entsendebetriebe sinken. Dies dürfte den inländischen Wettbewerb beflügeln, der heute im Baugewerbe ein Anbietermarkt ist. Die Kosten für Firmen, Bauherren und Konsumentinnen könnten nach Inkrafttreten der Bilateralen III sinken. Ein Ruck würde durchs Land gehen wie vor zwanzig Jahren.

Die Vorwürfe der Gewerkschaften an den Bundesrat und die Arbeitgeberverbände sind Good News für die Schweiz. Jetzt muss der Bundesrat solche Vorteile nur noch zu verkaufen lernen. 

Was hingegen beschämend ist, dass die Gewerkschaften auf das Ressentiment gegenüber der Migration anspielen und die Furcht vor der Zehn-Millionen-Schweiz schüren – ein Wahlslogan der SVP. Vereinfacht hiess es am Montag, dass die Abneigung gegen die Migration stärker werde, wenn der inländische Lohnschutz nicht verschärft werde. Hier spielen die Gewerkschaften mit dem Feuer. Nicht nur sind viele ihrer Mitglieder selbst Migranten und Migrantinnen, sondern auch die natürlichen Allianzpartner in den linken Parteien dürften keine Freude an dieser Strategie haben. Ob sich die Gewerkschaftsbosse das gut überlegt haben?