Dem Mieterinnen- und Mieterverband (MV) reichts. Explodierende Mieten, missbräuchlich hohe Renditen und kaum vorhandene Wohnungen – dem soll ein Ende gesetzt werden. An einer Pressekonferenz in Bern vergangenen Montag legte MV-Präsident und Ständerat Carlo Sommaruga (SP, GE) einen Forderungskatalog vor. Zuoberst rangiert eine staatliche Mietzinskontrolle. Nicht nur Menschen mit geringen Löhnen seien unterdessen von der Misere am Wohnungsmarkt betroffen, sondern auch der Mittelstand. Womit er recht hat.  

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Die Lage am Mietwohnungsmarkt hat sich verschärft. Und längst gibt es zwei Welten auf dem Wohnungsmarkt. Die eine ist jene der Angebotsmieten oder Neumieten. Darunter versteht man neue Wohnungen, die auf Online-Plattformen ausgeschrieben sind. Die Preise dafür sind zum Teil unverschämt hoch. Dabei gäbe es Vorschriften – die nicht greifen.

Ein Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2020 legt fest, wie hoch die Rendite für Wohneigentümer und Immobilienkonzerne maximal sein darf, und in welchem Umfang die Mieten steigen dürfen – aktuell sind es Renditen bis zu 3,25 Prozent. Doch die Realität sieht anders aus. Gemäss einer Studie der Raiffeisenbank betrug die Gesamtrendite für Vermieter bei Wohnliegenschaften 2021 rund das Doppelte, 6,5 Prozent. Das ist volkswirtschaftlich betrachtet miserabel.

Nun gibt es zwar die Möglichkeit, sich gegen eine zu hohe Anfangsrendite zu wehren. Der Mieter oder die Mieterin muss innert dreissig Tagen den unterschriebenen Mietzins anfechten, um zu seinem Recht zu kommen. Und schon wären wir bei der zweiten Regulierung, die nicht greift. Denn das traut sich kaum jemand.

2021 wurden gerade mal 1200 Anfangsmieten angefochten – von rund 500’000 Fällen. Das entspricht etwa 0,2 Prozent aller neuen Mietverträge. Aus diesem Grund fordert nun der Mieterverband eine Renditekontrolle durch den Staat. Wie diese genau funktionieren soll, sagt er nicht. Eine neue, planwirtschaftliche Regulierung, die zwei andere, die nicht funktionieren, ablösen soll. 

Kehrseite der Mietabzockerei

Doch nun zur Kehrseite der Mietabzockerei. Und diese heisst Bestandesmieten oder Altmieten. Und diese sind, im Gegenteil zu Angebotsmieten, keine Goldschürfminen. Mietpreiserhöhungen von bestehenden Mieten (Bestandsmieten) sind so gut wie nicht möglich (der Vermieter darf den Mietzins nur dann erhöhen, wenn die Teuerung steigt, der Referenzzinssatz angehoben worden ist, die Unterhalts- und Betriebskosten tatsächlich angestiegen sind oder grössere Umbauten oder Renovationen gemacht worden sind).

Bestandesmieten verharren oft jahrzehntelang auf demselben Niveau. Die Mieter bleiben quasi in der Wohnung stecken, weil sie anderswo nichts Gleichwertiges finden. Der Lock-in-Effekt. 80-Jährige wohnen in 5,5-Zimmer-Wohnungen, Familien finden keinen Wohnraum.

Paradebeispiel ist die Stadt Zürich, wo es Bestandsmieten en masse gibt. Für eine 4,5-Zimmer-Wohnung zahlt man gemäss dem Amt für Statistik 1858 Franken im Durchschnitt. Ein Viertel der Wohnungen in Zürich sind gemeinnützig vermietet. Die günstigsten 10 Prozent der 4-Zimmer-Wohnungen liegen bei 840 Franken. 

Wir sehen: Es gibt nicht nur Miethaie. Es gibt Auswüchse auf beiden Seiten, der Vermieter und der Mieter. Da Bestandesmieten dermassen tief sind, ist es verständlich, dass die Vermieter zum Teil halbreguläre Lösungen suchen, um sie zu erhöhen, etwa mit Pinselrenovationen und Massenkündigungen, wo sie danach die Mietzinsen manchmal verdoppeln.

Die Mieter reagieren mit dem Vorstoss zu schärferen staatlichen Regulierung. Doch mehr Gesetze führen nicht zwangsläufig zu besseren Lösungen. Das Mietrecht in der Schweiz ist 1990 in Kraft getreten. Eigentlich sollte dieses völlig neu gedacht werden. Doch dafür fehlt der Mut. Und der Konsens. So wird wohl auch der Vorstoss des Mieterverbands versanden.