Das Urteil des Bundesgerichts fiel einstimmig: Das Frauenrentenalter bleibt bei 65 Jahren. Die Volksabstimmung vom September 2022 wird nicht annulliert. Zu Recht erteilte das höchste Gericht den Klägern eine Abfuhr. Gewerkschaften und links-grüne Politikerinnen hatten verlangt, das Resultat der Volksabstimmung aufzuheben. Dies, nachdem das Bundesamt für Sozialversicherungen zugegeben hat, sich bei den Prognosen zur AHV-Finanzlage verrechnet zu haben.
Die Wirtschaft kann aufatmen. Es ist kaum vollstellbar, was für ein Chaos ein Urteil zur Aufhebung der Abstimmung verursacht hätte. Warum? Weil es in der Abstimmung nicht nur um die Erhöhung des Frauenrentenalters ging, sondern auch um die Zusatzfinanzierung der AHV über die Mehrwertsteuer. Seit Anfang Jahr erheben Firmen zusätzliche 0,4 Prozent Mehrwertsteuer der Kaufsumme zur Sanierung der ersten Säule. Das Geld fliesst der AHV zu. Diesen Zuschlag hätten Firmen der Käuferschaft theoretisch zurückerstatten müssen. Unvollstellbar, so sah es auch das Bundesgericht.
Auch haben sich Arbeitnehmerinnen, die bald in Pension gehen, und Firmen, die sie anstellen, auf das neue Rentenalter bereits eingestellt. Unternehmen haben keinen Ersatz rekrutiert, weil sie mit den Frauen, die bis 65 arbeiten, rechnen. Vor der Abstimmung lag das Rentenalter bei 64 Jahren, jetzt ist es 65. Auch hier befand das Gericht zu Recht: Einen solchen Vorgang per Urteil rückgängig zu machen, dafür müssten sehr wichtige Gründe vorliegen. Das ist natürlich nicht der Fall. Auch da waren sich die Richterinnen und Richter in der mündlichen Beratung einig.
Prognosen sind Prognosen – und damit unsicher
Zwei Richterinnen fanden zwar, der Fehler der AHV-Prognosen im Abstimmungsbüchlein sei gravierend und damit geeignet, das Abstimmungsverhalten zu verändern. Aber drei Richter sagten wohl zu Recht, dass die AHV-Fehlprognose als Prognose erkennbar war und dass gemeinhin bekannt sei, dass Prognosen falschliegen können. Das zuständige Bundesamt hatte sich um 4 bis 8 Milliarden Franken verschätzt und damit die Finanzlage schlechter dargestellt, als sie sich heute darstellt. Jeder, der wollte, auch die Gegnerinnen einer Erhöhung des Frauenrentenalters, hätte die Zahlen hinterfragen können. Sie hatten es nicht gemacht. Selber schuld, befanden drei Richter zurecht.
Rückblickend zeigt sich, dass die Stimmrechtsbeschwerde der Gewerkschaften und Linken reines Politmarketing war. Ärgerlich nur, dass etliche Medien die Erwartungen für eine Annullierung geschürt hatten. Gut ist aus der Sicht der Wirtschaft, dass das Bundesgericht die Rechtssicherheit weit höher gewertet hat als alle anderen Argumente.