Am 22. September kommt die Biodiversitätsinitiative vors Volk. Aus dem Titel der Initiative könnte man ableiten, dass es nur darum geht, den Schutz der biologischen Vielfalt der Schweiz zu sichern. Dem ist aber nicht so. Mit ihr soll auch der Schutz von Ortsbildern sowie von Denkmälern zementiert und sogar verschärft werden. Die Folgen der Initiative sind daher sehr weitgehend – für die Immobilien- und Bauwirtschaft wie auch für private Hauseigentümer.

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Schon heute ist das Bauen in schutzwürdigen Gebäuden oder Ortsteilen sowie ausserhalb des Baugebiets ein bürokratischer Hürdenlauf. Gerade der rigide Ortsbildschutz Isos verzögert und stoppt Bauvorhaben, wie man am Beispiel der Stadt Zürich sieht. Isos steht als Abkürzung für das Bundesinventar der schützenswerten Schweizer Ortsbilder, ergänzt den Denkmalschutz der Gemeinden und Kantone und erfasst etwa historische Dorfkerne, Strassen oder Plätze.

Seit 2016 steht rund 75 Prozent der Stadt Zürich unter Isos-Schutz. Werde die Initiative angenommen, drohe in den nächsten Jahren der Stadt ein Baustillstand, warnte Hochbauvorsteher André Odermatt (SP) vor wenigen Woche. Wohlgemerkt: ein Linker, der davor warnt. Immer häufiger werden Bauprojekte verzögert oder verhindert, weil die Schutzvorschriften direkt angewendet werden. Die bauliche Verdichtung, die eigentlich angestrebt wäre, dürfte so gut wie abgewürgt werden.

Schwierige Realisierung von Neubauten

Private Hauseigentümerinnen wären bei Annahme der Initiative stark tangiert. Angenommen, ein Hausbesitzer möchte eine Photovoltaikanlage installieren: In diesem Fall könnten übergeordnete Gremien wie die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission oder die Kommission für Denkmalpflege das Projekt aufgrund nationaler denkmalpflegerischer Interessen unterbinden. Und nicht nur dieses – ganze Ortsteile könnten davon betroffen sein.

Selbst die Realisierung von Neubauprojekten dürfte massiv schwieriger werden. Denn die Initianten und Initiantinnen verlangen, dass 30 Prozent der Landesfläche für die Biodiversität zur Verfügung steht. So viel Land wäre dann unantastbar. Aktuell sind 8 Prozent geschützt. Geht man ins Detail, zeigt sich: In der Schweiz sind 56,9 Prozent der Landesfläche unproduktive Gebiete sowie Wald. Zählt man die Alpweiden dazu, welche nicht zur landwirtschaftlichen Nutzfläche gehören, kommen 12 Prozent obendrauf. Bereits rund 70 Prozent unserer Landesfläche sind vor Eingriffen durch den Menschen geschützt.

Kommt hinzu: Da mit der Initiative der Landschaftsschutz viel stärker gewichtet würde, hätte deren Annahme auch zur Folge, dass die Energiegewinnung aus Wasserkraft weiter erschwert würde. Eine Erweiterung oder ein Neubau von Stauseen würde in weite Ferne rücken.

Dass die intakte Naturvielfalt eminent wichtig ist, steht ausser Frage. Allerdings würde mit der Annahme dieser Initiative das «Schützen» ausgebaut und das «Nützen» stark eingeschränkt. Der bereits akute Wohnungsmangel in den Städten würde sich noch mehr akzentuieren. Es droht eine eigentliche Baublockade.