Es ist ein Prestigeprojekt zweier Männer: SVP-Bundesrat Ueli Maurer will seiner politischen Klientel zeigen, dass die Forderungen nach einem Regulierungsabbau kein hohles Versprechen sind. Und Finma-Chef Mark Branson versucht, sich vom Vorwurf im Parlament und in der Finanzbranche zu befreien, die Kontrolle über Banken übereifrig auszuüben.
So ging er letzten Juli in die Offensive und versprach, die Finanzmarktaufsicht künftig «proportional» auszurichten, das bedeutet: Grosse, systemrelevante Institute sind härter anzufassen und solide Kleinbanken sind zu entlasten. Gleichzeitig lancierte er ein Pilotprojekt mit 67 Kleinbanken.
Es nennt sich Kleinbankenregime und ist eine Art Bürokratieabbau. Unter diesem Regime müssen Kleinbanken der Finma weniger Kennzahlen liefern als früher, etwa zum Eigenkapital. Auch versprach Branson, die Aufsichtskosten um jährlich rund einen Drittel der 100 Millionen Franken senken.
Ende Woche endet nun die Vernehmlassung über den neuen Rechtsrahmen, der das Pilotprojekt in ein Definitivum überführen lässt. Dafür braucht es eine Änderung der Eigenkapitalverordnung. Sie liegt in der Kompetenz Maurers. Seine Kader schwärmen, das Vorhaben sei «weltweit einmalig in der Aufsicht». Dies sei in der Debatte bisher untergegangen.
Hoffen auf künftige Vorteile
Die Ziele sind also hochgesteckt, das Potenzial für Enttäuschungen ist entsprechend gross, was sich prompt in Kommentaren zeigt: «Viele Kleinbanken sind vom Resultat ernüchtert», sagt ein Kenner. Der Tenor? Die Absicht ist löblich, aber der Regulierungsabbau hat nicht so viel gebracht wie versprochen.
Am Beispiel der Ersparniskasse Schaffhausen, die am Pilotprojekt teilnimmt, zeigt sich: Im Geschäftsbericht von 2017 sind die aufsichtsrelevanten Zahlen auf einer vollen A4-Seite dargestellt, im jüngsten Geschäftsbericht füllen sie knapp eine halbe Seite. «Die Umstellung war einfach, aber ob die künftige Aufsicht uns viel weniger Aufwand bescheren wird als früher, muss sich noch zeigen», sagt Geschäftsführer Beat Stöckli. Er hofft, dass seine Bank dank dem neuen Status von kommenden Regulierungsrunden eher verschont bleibt.
SNB verlangt dreimal mehr als Minimum
Die Quelle der Ernüchterung ist die Nationalbank (SNB). Sie sagt im Prinzip Ja zur reduzierten Kleinbankenaufsicht. Aber sie torpediert den politischen Willen, indem sie die Eintrittsbedingungen ins erleichterte Prüfregime hochhält. Zwei Beispiele: Sie verlangt 9 Prozent Verschuldungsquote, während die Finma und Banken 8 Prozent als genügend ansehen. Das rechtliche Minimum liegt heute bei 3 Prozent, also dreimal tiefer.
Auch verlangt die SNB mindestens 20 Prozent mehr Cash-Reserve als vorgeschrieben. Wo liegt das Problem, fragen sich die Banken? «Wo keine Risiken anfallen, soll man auf eine Regulierung verzichten», ärgern sich Vertreter von Kantonal- und Regionalbanken. Es gehe hier um einen «verschwindend kleinen Anteil des Finanzplatzes, der die Stabilität kaum» tangiere.
Hinzu komme, dass die SNB laufend statistische Angaben zu Krediten verlange, was ein Riesenaufwand sei. «Hier sind wir weit weg von einer Entlastung», sagt ein Bankleiter. Die SNB argumentiert, dass Kleinbanken 10 Prozent des Kreditmarktes ausmachten und «bereits entlastet» seien. Wo die Wahrheit liegt, ist schwer auszumachen. Ein Fall fürs Parlament?