Viele Babyboomer konnten sich noch ein Eigenheim leisten, die Generationen X und Y scheinen sich diesen Traum immer weniger erfüllen zu können. Was hat sich verändert?

In den vergangenen Jahren sind die Preise von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen generell gestiegen, wenngleich mit regionalen und wohnungsspezifischen Unterschieden. Zudem sind die Richtlinien betreffend Mindestanforderungen an die Hypothekarvergabe in der Vergangenheit verschärft worden.

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Selbst genutztes Wohneigentum kann auch durch Vorbezug oder Verpfändung der zweiten Säule und/oder der Säule 3a finanziert werden. Welches sind die jeweiligen Vor- und Nachteile?

Der Vorteil eines Vorbezugs besteht darin, dass die Gelder als Eigenkapital gelten. Doch sie werden aus der Kasse herausgelöst – dadurch reduziert sich das Altersguthaben bis zur Pensionierung um den Betrag des Vorbezugs sowie der aufgelaufenen Zinsen. Als Folge des tieferen Altersguthabens resultieren für den Vorbezüger oder die Vorbezügerin Leistungskürzungen wie etwa tiefere Rente im Alter. Bei einer Verpfändung wird das Altersguthaben nicht reduziert, solange die Zahlungsverpflichtungen der Hypothekarkredite bedient werden können. Die verpfändeten Vorsorgegelder dienen den hypothekarvergebenden Institutionen als Sicherheit. Das Wohneigentum kann dadurch höher belehnt werden – nämlich bis zu 90 anstelle der üblichen 80 Prozent. Aufgrund der höheren Belehnung führt eine Verpfändung jedoch zu einem höherem Hypothekarzinsaufwand.

Welche Säule wird häufiger «angezapft»: die zweite Säule oder 3a?

Soweit mir bekannt ist, gibt es keine neuere Studie zu dieser Frage. Unsere eigene Studie aus dem Jahr 2013 zeigt, dass knapp die Hälfte der befragten Personen (49 Prozent) nur Gelder aus der zweiten Säule beanspruchen, 24 Prozent nur die Säule 3a und weitere 27 Prozent beides. Bei beiden Säulen werden die Gelder wesentlich häufiger durch Vorbezug beansprucht.

Yvonne Seiler Zimmermann
Quelle: ZVG

Die Finanzexpertin

Name: Yvonne Seiler Zimmermann

Funktion: Professorin für Banking und Finance am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern (HSLU)

Karriere: Nach der Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Basel war Yvonne Seiler Zimmermann bei der Eidgenössischen Bankenkommission in der Gruppe Risikomanagement tätig, bevor der Wechsel an die HSLU als Dozentin und Projektleiterin erfolgte.

Wohneigentum oder Pensionskasse respektive Säule 3a: Wo ist das Geld besser aufgehoben?

Führt man sich die Grundidee der Wohneigentumsförderung (WEF) mit Vorsorgegeldern vor Augen, sollte es kein Entweder-oder geben. Ursprünglich ging man davon aus, dass Wohneigentum werterhaltend ist und somit dem Vorsorgegedanken nicht widerspricht. Allerdings setzt dies voraus, dass die Investition in Wohneigentum nachhaltig ist und im Wert eher steigt. Ist dies der Fall, kann das Wohneigentum beispielsweise bei finanziellen Problemen verkauft und die Hypothek inklusive allfälliger Vorbezüge mit dem Verkaufserlös zurückbezahlt werden.

Für den WEF-Beansprucher entsteht dadurch kein finanzieller Schaden?

Genau. Ebenfalls vereinbar mit dem Vorsorgegedanken ist der Vorbezug, wenn damit die Wohnkosten aufgrund einer tieferen Belehnung mindestens im Umfang der Rentenkürzung reduziert werden können. Gegeben ist dies, wenn mit dem Vorbezug beispielsweise die Hypothek amortisiert oder beim Erwerb nicht ein umso teureres Wohneigentum finanziert wird

Was geschieht, wenn das vorbezogene Geld dennoch in ein teureres Wohneigentum investiert wird?

Dann resultiert für die Vorbezügerin dennoch kein finanzielles Problem im Alter, solange sie während ihres Erwerbslebens mit einem steigenden Einkommen rechnen kann. Ist dies der Fall, kann die Hypothek amortisiert oder das Geld für das Alter gespart werden. Den gleichen Effekt hat ein Vermögenszuwachs aus Erbschaften, Erbvorbezug oder Schenkung. Treten diese Bedingungen jedoch nicht ein, kommt es zu Einbussen.

«Bei einem Vergleich zwischen traditionellem Wohneigentum und Wohneigentum auf Zeit zeigen unsere Modellrechnungen, dass sich WAZ umso mehr rentiert, je höher der Hypothekarzinssatz liegt.»

Yvonne Seiler Zimmermann

Und bei einer Verpfändung?

Hier wird ebenfalls von steigendem Einkommen oder Vermögen ausgegangen. Nur dadurch wird es möglich, die hohen Wohnkosten, die aufgrund der hohen Belehnung durch Verpfändung entstanden sind, durch Amortisation zu reduzieren.

«Wohneigentum auf Zeit» haben Sie vor rund fünf Jahren als Lösung für jene angepriesen, die sich kein Haus «für immer» leisten können. Wie viel Zuspruch hat dieser Lösungsansatz in der Praxis gefunden?

Die Akzeptanz ist sowohl bei Investoren wie auch bei potenziellen Bewohnerinnen und Bewohnern hoch. Das hat unsere Erhebung aus dem Jahr 2017 gezeigt. 72 Prozent der Wohneigentümer können sich vorstellen, «Wohneigentum auf Zeit» (WAZ) zu erwerben. Bei den Mietenden ist die Zustimmung mit 78 Prozent noch höher. Neben den tieferen Wohnkosten wird auch als positiv empfunden, dass man sich nach Ende der Laufzeit nicht um den Verkauf des Objektes kümmern muss.

Also ein Modell für die Zukunft?

WAZ trifft den heutigen Zeitgeist, da das Bedürfnis, ein Leben lang etwas besitzen zu müssen, einem Denken in Lebensphasen weicht. Denn in jeder Lebensphase ändern sich die Bedürfnisse. Zudem trägt Wohneigentum auf Zeit auch dem Nachhaltigkeitsaspekt Rechnung: Durch die optimale Bewirtschaftung können Gebäude auch energetisch besser unterhalten und Bodenressourcen geschont werden.

Wie wirkt sich die aktuelle Lage am Schweizer Immobilienmarkt auf diese Eigentumsform aus?

Bei einem Vergleich zwischen traditionellem Wohneigentum und Wohneigentum auf Zeit zeigen unsere Modellrechnungen, dass sich WAZ umso mehr rentiert, je höher der Hypothekarzinssatz liegt. Insofern spielt die aktuelle Lage mit steigenden Zinsen dieser neuen Eigentumsform eindeutig in die Hand.

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