Die Tage des Verbrennungsmotors sind gezählt. Wie lange wird es dauern, bis auf den Strassen ausschliesslich Fahrzeuge mit Stecker unterwegs sind – in der Schweiz und in Europa?

Noch lange. Der Umstieg auf elektrisch ist entschieden und wird vollzogen. Erst ab 2035 dürfen keine fossilen Verbrenner mehr verkauft werden.

Dieser Verkaufsstopp ab 2035 gilt für die EU. Wie sehen die Bemühungen ausserhalb des Kontinentes aus?

In China dürfte der Umstieg in einem ähnlichen Zeitrahmen erfolgen, in Nordamerika etwas später. Der Rest der Welt hinkt noch deutlich hinterher.

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Die Schweiz liegt bei den Immatrikulationen von Elektroautos auf Platz neun im europäischen Vergleich. Norwegen und andere skandinavische Länder besetzen die vordersten Plätze. Woran liegt das?

Länder in Skandinavien haben sich ein Ziel gesetzt, Massnahmen zur Zielerreichung definiert und setzen diese gradlinig um. Wir in der Schweiz hingegen zögern, schreiben Berichte und erstellen keine marktfreundlichen Bedingungen für die weitere Elektrifizierung.

«Die Schweiz war bei der Markteinführung ganz vorne mit dabei.»

 

Das war doch mal anders?

Ja, die Schweiz war bei der Markteinführung der Elektromobilität ganz vorne dabei im europäischen Vergleich. Nun fallen wir kontinuierlich zurück.

Je schwerer die Fahrzeuge, desto schwieriger der Markteintritt für alternative Antriebe. Was spricht für, was gegen E-LKW?

E-LKW werden künftig die wirtschaftlichste, ökologischste und energieeffizienteste Technologie darstellen und somit den Ansprüchen am besten entsprechen. Heute ist man bei den Preisen noch nicht auf Augenhöhe mit fossilen Antrieben. Es wird aber viel investiert, die Logistik richtet sich auf einen elektrischen Fuhrpark aus, und ein Versorgungsnetz ist in Planung.

Der Erfolg von Elektromobilität steht und fällt mit einem flächendeckenden Netz an Ladestationen. Gemäss einer aktuellen Studie des BFE muss der Aufbau der Ladeinfrastruktur deshalb in zwölf Jahren weitgehend abgeschlossen sein. Was meinen Sie, schaffen wir das?

Je mehr Elektroautos auf den Markt kommen, desto grösser wird der Druck, die nötigen Ladeinfrastrukturen zu installieren. Wir haben innovative und aktive Ladestationsbetreiber, beim öffentlichen Ladenetz sind wir sehr gut aufgestellt.

Und beim privaten Ladenetz?

Hier ist die Ausgangslage schlecht. Wir haben den höchsten Mieteranteil in Europa. Anders als unsere Nachbarn verfügen die Mieterinnen und Mieter nicht über die Berechtigung, Ladestationen zu installieren. Wir versuchen, mit einem politischen Vorstoss Abhilfe zu schaffen.

Wie sieht Ihrer Ansicht nach eine effiziente Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge aus?

Beim Auto gilt, dass überall dort geladen werden soll, wo es über längere Zeit steht. In der Garage, am Arbeitsplatz oder beim Einkaufen. Laden ist divers und bietet dem Nutzer deshalb viele Vorteile. Erreichen wir dies, entstehen weitere Mehrwerte. Die Kosten für den Verteilnetzausbau werden minimiert, und wir können die Solarenergie besser ausschöpfen.

Das heisst?

Zukünftig werden Elektroautos bei Bedarf Strom wieder zurückspeisen. Elektroautos werden so zum Bestandteil unseres Energiesystems. Das Potenzial ist riesig. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, damit wir dies nutzen können.

Krispin Romang
Quelle: ZVG

Der E-Mobilmacher

Name: Krispin Romang
Funktion: Geschäftsführer Swiss E-Mobility
Ausbildung: Betriebsökonom FH

Unternehmen Swiss E-Mobility ist der Elektromobilitätsverband der Schweiz. Er setzt sich auf politischer Ebene für die Marktentwicklung der Elektromobilität in der Schweiz ein und befasst sich mit wirtschaftlichen, rechtlichen, technischen, strukturellen, ökologischen und sozialen Fragen der Elektromobilität, gibt Empfehlungen ab und trifft Massnahmen zuhanden von Behörden und Parlamenten. Swiss E-Mobility wurde 2012 auf Initiative der Mobilitätsakademie des TCS gegründet und wird von über achtzig Institutionen unterstützt.

Die Schweiz verfügt über eines der besten und dichtesten Ladenetze Europas. Ein Schlüsselelement ist hier die ausreichende Stromversorgung durch die lokalen Elektrizitätsdienstleister. Wie managen diese den erhöhten Strombedarf?

Vor allem durch den Zubau erneuerbarer Energiequellen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit der Elektrifizierung massiv Energie sparen. Zudem ergibt sich die Chance, dass wir vom Importeur zum Produzenten werden. Wir reduzieren die Abhängigkeit vom Ausland und beschleunigen den Ausstieg aus fossilen Treibstoffen. Alles Dinge, die mit der Energiestrategie eigentlich bereits beschlossen sind.

Klimatechnisch am konsequentesten wäre, wenn sich der Strombedarf für Elektrofahrzeuge dereinst komplett mit «sauberem» Strom decken lässt. Wie realistisch ist das?

Es gibt verschiedene Szenarien, die den Weg aufzeigen. Beispielsweise beschreibt die Roadmap Grossen, wie eine sichere Schweizer Stromversorgung aus komplett erneuerbaren Quellen machbar ist. Dieser konsequente Weg kommt uns zudem am günstigsten.

Aufgrund der drohenden Strommangellage stiegen die Strompreise in der jüngsten Vergangenheit. Was spricht aus Sicht von Unternehmen dafür, jetzt auf Elektroantrieb umzustellen?

Die Energiepreise sind volatil, dies trifft auf alle Energieträger zu. Die Elektromobilität ist unter Berücksichtigung der Vollkosten die preiswerteste Antriebsform. Es gibt keinen Grund, beim nächsten Fahrzeug nicht auf ein Elektroauto zu setzen.

Was sind die Vor-, was die Nachteile einer Elektroflotte?

Wer auf Elektroautos umstellt, trägt seinen Teil zur Erreichung der Energie- und Emissionsziele bei und ist schlussendlich elektrisch günstiger unterwegs als fossil. Die Herausforderungen sind grundsätzlich gleich wie bei der privaten Flotte. Insbesondere die Installation von Heimladestationen, sofern Mitarbeitende die Geschäftsfahrzeuge auch privat nutzen.

Wie gehen Flottenmanager bei der Umsetzung eines elektrischen Fuhrparks am besten vor? Wo liegen die Stolpersteine?

Jeder Umstieg ist mit Aufwand verbunden. Es gilt, diesen Umstieg gut vorzubereiten. Professionelle Unterstützung macht fast in allen Fällen Sinn. Das Angebot an spezialisierten Unternehmen ist mittlerweile gross. Wir als Verband bieten ebenfalls Beratungen an. Zudem können wir bei der Suche nach einem geeigneten Umsetzungspartner helfen.

Vollelektrisch in die Zukunft: Zahlen, Fakten, Prognosen

Gemäss der Erhebung «Elektromobilität in der Schweiz 2023» von Swiss E-Mobility ist 2022 der Anteil an Steckerautos weiter gestiegen. Fast jeder vierte Neuwagen kann am Netz geladen werden. Diese Zunahme ist allein auf vollelektrifizierte Autos zurückzuführen – Plug-in-Hybride waren zum ersten Mal rückläufig. Gemessen an der Einwohnerzahl wurden in den Kantonen Zug, Nidwalden und Schwyz am meisten Elektroautos neu zugelassen. Am Schluss der Tabelle finden sich die Stadtkantone Basel-Stadt und Genf. Der Tesla Y führt die Top fünf der meistverkauften batterieelektrischen Personenwagen 2022 an, gefolgt vom Tesla Model 3, dem Skoda Enya, dem Audi Q4 und dem VW ID.3.

Die Elektroautodynamik setzte sich 2023 weltweit fort, verlangsamt sich aber in der EU etwas. Die Schweiz hat wie im vergangenen Jahr wiederum einen Platz eingebüsst und liegt aktuell auf Platz neun im europäischen Vergleich; damit befindet sie sich aber noch deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Zum ersten Mal seit 2019 ist die Marktpenetration der Steckerautos in China stärker als in Europa. Der US-Markt hat innert eines Jahres mit einem Plus von 49 Prozent deutlich zugelegt, bewegt sich jedoch immer noch auf einem geringen Niveau.

Der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur in der Schweiz konnte 2022 wiederum zulegen – das Ladenetz ist noch stärker gewachsen als im Vorjahr. Traditionellerweise verfügt die Schweiz über eines der besten und dichtesten Ladenetze Europas, was den aktiven und nicht subventionierten Marktakteuren geschuldet ist. Das Schweizer Ladenetz gehört zusammen mit den skandinavischen Ländern Norwegen, Schweden und Finnland sowie den Niederlanden zur Spitzenklasse.

Der Verkauf elektrischer Lastwagen brummt. Der energieeffiziente Antrieb und rapide sinkende Kosten für Batterien und Ladeinfrastruktur bringen in den kommenden fünf bis zehn Jahren je nach Nutzungsart eine Gesamtkostenersparnis von 10 Prozent gegenüber Verbrenner-LKW.