«Bei uns verantwortet jeder und jede seinen und ihren eigenen Garten», sagt Remo Guthauser, begleitet von einem sympathischen Lachen. Der 34-Jährige ist seit 2021 CEO der Smart Schweiz GmbH und verantwortlich für ein Team mit sieben Mitgliedern. Wobei er selbst immer von einem achtköpfigen Team spricht und sich somit als Teil davon sieht. Er weiss um seine Verantwortung und Führungsaufgabe als CEO, aber noch mehr um das Know-how der Menschen und ihre wichtige fachliche, aber auch menschliche Rolle im Gesamtkontext.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

«Jeder und jede verantwortet seinen und ihren eigenen Bereich, und ich bin verantwortlich für das strategische Gesamtbild», beschreibt er das Teamwork. «Sicher würde ich bei gewissen Themen jeweils gerne noch mehr ins Detail gehen, doch gerade in der Automobilbranche gibt es so viele Fachbereiche, da muss man lernen, loszulassen, damit die Expertinnen und Experten ihren Job machen können.» Das zu akzeptieren, sei jedoch ein täglicher Lernprozess, gibt er zu. Und das sei herausfordernd. Aber noch mehr trage das zur Weiterentwicklung bei, so findet er selbst – für die eigene, aber auch für die des Unternehmens.

 

Vertrauen und Verständnis

Empathie ist für ihn ein zentraler Teil von Führungskompetenz. «Wer führen will, muss Menschen mögen», sagt er. «Ich hatte den grossen Vorteil, dass ich mein Team vor drei Jahren von Grund auf neu zusammenstellen konnte. Kompetente Menschen, die fachlich in ihren Disziplinen überragend sind und auch als Persönlichkeiten zusammenpassen.» Führung bedeutet für ihn, zu verstehen, dass jeder Mensch ein Individuum ist und nicht jeder immer seinen besten Tag hat. Vertrauen und Verständnis für Menschlichkeit sind für ihn erfolgsrelevant. «Loyal ist, wer sich am richtigen Ort fühlt. Hier ist es meine Aufgabe, diesen Rahmen zu schaffen. Was auch bedeutet, Diversität zu ermöglichen.»

«Daher möchten wir das Bild der sehr männerlastigen, konservativen und technisch fokussierten Automobilbranche verändern», sagt Guthauser. Er engagiert sich mit seinem Unternehmen daher bei der Initiative Equal Voice United, um die intern gelebten Diversity-Werte nach aussen sichtbar zu machen. «Unser Ziel ist, mehr Frauen für die Branche zu begeistern.» In die Karten spiele ihm dabei, so sieht er es selbst, die komplette Umstellung von Smart auf E-Mobiliät. Seit 2020 gehört die Marke Smart einem Joint Venture zwischen Mercedes-Benz und Geely Automobile. Damit wurden auch die internen Strukturen neu geordnet und die Flotte neu aufgestellt. «Für Frauen hat das Thema Nachhaltigkeit laut verschiedener Studien flächendeckend einen oft grösseren Stellenwert», meint er. «Mit den neuen elektrischen Modellen #1, #3 und #5 liefern wir hier die passenden Antworten.»

 

Kommunikation und Kontroversen

Diversität zu leben, hat in Guthausers Augen vor allem mit Kommunikation zu tun: «Wie schnell ist mal ein blöder Spruch gemacht. Das darf nicht toleriert werden.» Auch das sei die Aufgabe einer Führungskraft. Wobei nicht gemeint sei: Ist jetzt so, weil ist jetzt so. Guthauser möchte, dass seine Teammitglieder in den Dialog gehen. Miteinander sprechen, sich austauschen, auch über unterschiedliche Meinungen zu den verschiedensten Themen. Wichtig sind hier Akzeptanz und Respekt. «Interesse am Gegenüber zeigen, um zu verstehen, warum dieser Mensch vielleicht eine andere Einstellung hat oder in seiner Kultur Dinge anders gelebt werden», fasst er es zusammen. «Das führt im besten Fall dazu, eigene Einstellungen auch einmal zu hinterfragen.»

Remo Guthauser selbst hat seine eigene Mutter in seiner Erziehung als sehr stark und unabhängig erlebt, sodass er diese Fähigkeit nie einem spezifischen Geschlecht zugeordnet hat. Was er jedoch in seiner bisherigen Karriere in Sachen Unterschiede sehr präsent erfahren hat, sind die Einstellungen der verschiedenen Generationen. «Es ist sehr einfach, Menschen nach Geschlecht, Herkunft und Alter zu beurteilen», sagt er. «Diversität hat viel damit zu tun, Vorurteile zu haben. Für die Automobilbranche bin ich sicher mit 34 Jahren ein sehr junger CEO, und das auch für meine Mitarbeitenden.» Er selbst hat enorm viel Respekt vor ihrem Fachwissen, besonders vor dem der älteren Kolleginnen und Kollegen. Aber es braucht dennoch Flexibilität. «Was früher gut funktioniert hat, funktioniert vielleicht heute nicht mehr. Auf der anderen Seite ist neu auch nicht immer besser, aber meistens», meint er lachend. «Daher geht es bei Equal und Diversity in meinen Augen auch nicht nur um Geschlechtergleichstellung, sondern vor allem um den genannten Respekt gegenüber anderen Werten und Einstellungen.»  

 

Veränderung und Verbesserung

Auf die finale Frage, ob er sich selbst gerne als Chef hätte, folgt wieder ein Lachen. Seine Antwort: «Gute Frage. Ich würde sagen, ich habe sehr viel von meinen bisherigen Vorgesetzten gelernt. Oft bleibt einem das, was man selber besser oder anders machen möchte.» Er ist sich aber auch klar darüber, dass er in den Augen anderer Menschen und in denen der Mitarbeitenden nicht immer alles richtig macht. «Man kann sich immer verbessern, aber klar ist es nicht schön – vor allem als Führungskraft –, kritisiert zu werden. Doch hier gilt es loszulassen und Kritik als Grundlage zu sehen, um sich selbst zu reflektieren und zu verbessern.» 

Für ihn sei eine der wichtigsten Lektionen die, dass es als Führungskraft nicht darum gehe, fachlich bis ins Detail alles zu wissen. «Und noch mehr, nicht alles, was an mich herangetragen wird, selbst lösen zu wollen.» Ein für ihn spannender Prozess, der noch lange nicht abgeschlossen ist. «Die nachkommenden Generationen erwarten von einer Führungskraft viel, aber nicht das, was ich noch von meinen Vorgesetzten erwartet habe. Gen Z stellt mich vor Herausforderungen. Die Erwartungshaltungen sind selbst in meiner Generation andere, und ich bin Baujahr 1990.» Diversität in ihrer ganzen Bandbreite ist für die jungen Menschen keine Frage des Ob, sondern des Wie, und danach wird entschieden, ob ein Unternehmen interessant ist. Die Lösung ist jedoch, sie als Chance zu sehen.