Wie definieren Sie die langfristige Vision Ihres Unternehmens?
«We improve the way the world is led» – mit dieser Mission positionieren wir uns als Leadership Advisors, die ihre Klienten bei den vielfältigsten strategischen und operativen Führungsherausforderungen erfolgreich begleiten und unterstützen. Unsere Strategie besteht aus drei Pfeilern. Erstens arbeiten bei uns Menschen, die wir aufgrund ihrer langjährigen Lebens- und Berufserfahrung sowie ihres Potenzials zu Leadership Advisors entwickeln können. Zweitens unterstützen und fördern wir unsere Advisors mit einer erstklassigen digitalen Infrastruktur, inklusive modernstem Einsatz von künstlicher Intelligenz. Drittens pflegen wir unsere Kultur unter dem Aspekt «Caring Meritocracy» aktiv und fortlaufend. Das bedeutet, dass jede und jeder bei Russell Reynolds Associates (RRA) zum Erfolg des Ganzen beiträgt – und dies in einem Umfeld von gegenseitigem Respekt, Vertrauen und Teamarbeit.
Welche Schritte unternehmen Sie, um sicherzustellen, dass diese Vision von allen verwirklicht wird?
Wir haben eine starke Firmenkultur, die geprägt ist von einer unternehmerischen Grundhaltung. Ich selbst fördere Mut und Innovation, pflege einen offenen, transparenten Kommunikationsstil und tausche mich proaktiv über unsere Vision und unsere Werte aus. Zudem unterstützen wir bewusst einen schnellen, kundenzentrierten Ansatz. Als Teamplayer und Vorbild ist es für mich entscheidend, diese Kultur und unsere Werte täglich vorzuleben.
Aus vorherigen Gesprächen mit Ihnen weiss ich, dass wir beide Leadership nicht als ein Nice-to-have, sondern als ein Must-have sehen – zig Unternehmen sind «overmanaged», aber «underled». Was sind die Kernprinzipien Ihres Führungsstils?
Ich habe einen einfachen Führungsstil. Ich führe menschen- und zielorientiert. Dabei ist mir wichtig, dass ich die Menschen verstehe, ihren Background und ihre Motivation erkenne, um sie am optimalen Ort einzusetzen. Darüber hinaus sehe ich es als meine Aufgabe an, den Mitarbeitenden viele Freiheiten zu geben und Handlungsspielraum zu ermöglichen, den sie benötigen, um erfolgreich zu sein. Ich habe viel Energie und versuche, diese als Multiplikator positiv einzusetzen. Ich mag Leute, die etwas machen, und ermutige jeden und jede dazu, innerhalb vernünftiger Grenzen «besser mal um Verzeihung als immer um Erlaubnis zu fragen». Basis dafür ist ein Grundvertrauen, eine Kultur, die Initiative belohnt. Denn unser Geschäft ist ein Doing-Business. Denken ist eine Grundvoraussetzung, aber «overthinking» und «underdoing» sind nicht zielführend.
In Begegnungen mit Ihnen merkt man, dass Sie Menschen lieben – spüren das auch Ihre Teams? Wie fördern Sie eine positive Unternehmenskultur?
Ich hoffe natürlich, dass das meine Teams spüren. Mein Vater war in der Assekuranz tätig und hat mir den MMMM-Ansatz auf den Weg gegeben: Man muss Menschen mögen. Jedes Geschäft ist ein Geschäft von Menschen für Menschen. Diese Haltung hat mich früh geprägt und leitet mich noch immer. Mit Menschen zusammenzuarbeiten, gemeinsam mit meinen Teams das Beste für unsere Klientinnen und Klienten zu erreichen und Mitarbeitende weiterzuentwickeln, ist für mich Antrieb und Anspruch zugleich. Gerade weil Menschen für unseren Erfolg so entscheidend sind, investiere ich bewusst in Beziehungen. Es ist mir wichtig, ausreichend Zeit in Eins-zu-eins-Interaktionen bei der Arbeit, einem Frühstück, Lunch oder Abendessen zu ermöglichen. So entwickelt sich Vertrauen – und Teams, die sich vertrauen, können Berge versetzen.
Wie wichtig ist Ihnen Diversität und Inklusion in Ihrem Unternehmen?
Diversität und Inklusion sind essenziell. Verschiedene Perspektiven führen zu besseren Lösungen. Arbeiten in diversen Teams macht mehr Spass und führt zu kreativeren und innovativeren Resultaten. Diversität ermöglicht zusammen mit einer inklusiven Kultur langfristige Stabilität und stärkt damit den Zusammenhalt sowie die Resultate.
Welche Initiativen haben Sie definiert?
Bei Russell Reynolds leben wir Diversität und Inklusion, das zeigen unsere Zahlen: 68 Prozent unserer Mitarbeitenden sind Frauen. 30 Prozent sind ethnisch divers. Unsere Partnerschaft besteht zu 35 Prozent aus Frauen. 44 Prozent unseres Executive Committees sind Frauen. In der Schweiz sprechen die 47 Mitarbeitenden insgesamt 15 Sprachen, und 12 verschiedene Nationalitäten sind vertreten. Wir publizieren jährlich unseren «Diversity, Equity & Inclusion Report», mit klar definierten, messbaren Zielen.
Wie wird der Erfolg der Initiativen bemessen?
Inklusion bedeutet für mich, dass jede und jeder bei der Arbeit so sein kann, wie sie oder er ist, und sich bestmöglich entfalten und einbringen kann. Das ist mir sehr wichtig. Wir verbringen so viel Zeit bei der Arbeit. Da muss es so sein, dass sich niemand verstellen muss und authentisch sein darf.
Herausforderungen scheinen Sie zu mögen – welche sind das?
Meine gegenwärtige berufliche Herausforderung, in Asien zu wachsen, ist eine tolle Aufgabe. Asien hat unfassbar viel Potenzial. Mein langfristiges Ziel bei Russell Reynolds ist, einen Beitrag zu leisten, die nächste Generation von Leadership Advisors zu entwickeln. Leadership Advisors, die mutig, authentisch und menschlich sind.
Was ist Ihr Anspruch an Ihr persönliches Wachstum, und wie setzen Sie es um?
Ich mag Sprüche und Zitate: «Lernen ist wie das Rudern gegen den Strom. Wenn man aufhört, treibt man zurück.» In diesem Sinne habe ich für mich die persönliche Vision definiert, die beste Version von mir selbst zu werden. Ich habe dies bewusst als Prozess definiert, der nie fertig ist. An der Umsetzung dieser Vision arbeite ich täglich. Zum Beispiel bin ich davon überzeugt, dass man den Morgen gewinnen muss, um den Tag zu gewinnen. Ich habe mir gegen meine Natur angewöhnt, früh aufzustehen und eine klar definierte Morgenroutine zu leben. Diese beinhaltet Meditation, Sport, kaltes Duschen sowie die Definition der Ziele für den Tag. Mit dieser Struktur gewinne ich Energie, Klarheit und Fokus für den ganzen Tag. Das frühe Aufstehen birgt zudem den unbezahlbaren Vorteil, dass ich am Abend mehr Zeit mit meiner Frau und den beiden Töchtern verbringen kann.
Über welchen Rat wären Sie dankbar gewesen als junger Mann? Gibt es etwas, was Sie besonders inspiriert hat?
Mich haben vor allem Menschen inspiriert. Meine Eltern, die mir alles zugetraut haben, meine Frau, meine Töchter, Klienten und Chefs. Rückblickend hätte ich gerne früher erkannt, dass die Meinung anderer über einen selbst viel weniger wichtig ist, als man denkt. Zentral ist, authentisch zu sein und die eigenen Werte zu leben.
Welchen Tipp geben Sie oder würden Sie gerne anderen geben, um als Leader wahrgenommen zu werden?
Mich hat ein Zitat von alt Bundesrat Blocher beeindruckt: «Kraft ist da und wirkt.» Ein Leader wird als Leader wahrgenommen, wenn er Wirkung erzielt. «Erziele Wirkung» lautet der Tipp.
Was ist für Sie die wichtigste Fragestellung, die wir in der Zukunft von Führungskräften beantwortet haben sollten?
Wie man nachhaltig erfolgreich wirtschaftet. Meine Definition von nachhaltigem Wirtschaften ist eine Kombination von Zielerreichung und Menschlichkeit. Nachhaltige Führungskräfte erreichen überragende Resultate auf eine humane, authentische und für alle wesentlichen Anspruchsgruppen ausgeglichene Art.
Wie wird die Führungskraft der Zukunft aussehen?
Die Führungskraft der Zukunft denkt und handelt langfristig, ist menschlich, authentisch, mutig, sieht ihr Unternehmen als Teil eines grösseren Ökosystems, entscheidet unter Berücksichtigung aller Anspruchsgruppen und erreicht ausgezeichnete Resultate.
KI ist in aller Munde – welche Herausforderungen ergeben sich hier für das Thema Leadership?
KI wird Firmen und Führungskräften helfen, besser zu werden, mehr Informationen zu haben und zu verarbeiten – also fundierter und schneller entscheiden zu können. Ganz wichtig ist, dass zukünftige Führungskräfte KI zwar integrieren, aber ohne ihre eigene Urteilsfähigkeit, Menschlichkeit, Authentizität und Intuition zu vernachlässigen.
Zur Person
Matthias Oberholzer hat 2008 als erster Mitarbeiter bei Russell Reynolds (RRA) in der Schweiz gestartet. Er leitet gegenwärtig das RRA-Geschäft in Asien, nachdem er für das Unternehmen zuerst vier Jahre lang Europa und dann ein globales Ländercluster, inklusive Kalifornien, geführt hat. Er ist ein Spielertrainer und betreut nebst den strategischen Aufgaben im Führungsgremium der Firma noch immer viele Klientinnen und Klienten direkt. Sein Spezialgebiet sind die Branchen Finanzdienstleistungen, inklusive Versicherungen, sowie Verwaltungsrats- und CEO-Positionen.
Das Unternehmen Russell Reynolds ist Schweizer Branchenleader in Executive Search und Leadership Advisory. Die 47 Mitarbeitenden unterstützen Klientinnen und Klienten in über 250 Mandaten pro Jahr. Russell Reynolds hilft vielen der bekanntesten Firmen bei ihren Führungsherausforderungen sowohl im exekutiven als auch im nicht exekutiven Bereich.