Pia Sundhage hat in ihrer Karriere als Spielerin und Trainerin bewiesen, dass Leidenschaft, Führung und Visionen entscheidend für den Erfolg sind. Ihr unermüdlicher Einsatz für den Frauenfussball, ihre Fähigkeit, Teams zu formen und Spielerinnen zu inspirieren, haben den Sport nachhaltig geprägt. Während sich der Frauenfussball stetig weiterentwickelt, bleibt eines sicher: Mit Vorbildern wie Pia Sundhage wird die nächste Generation von Spielerinnen nicht nur sportlich, sondern auch menschlich wachsen. Ihr Blick ist stets nach vorne gerichtet – mit der festen Überzeugung, dass das Beste noch kommen wird.

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Pia, du hast eine beeindruckende Karriere sowohl als Spielerin als auch als Trainerin hinter dir. Was hat dich ursprünglich zum Fussball gebracht?

Schon als kleines Mädchen habe ich auf den Strassen meines Heimatdorfs in Schweden Fussball gespielt. Ich war von Anfang an fasziniert davon, wie sich der Ball bewegt und wie man ihn kontrollieren kann. Damals war es nicht selbstverständlich, dass Mädchen Fussball spielten, aber zum Glück hatte ich eine unterstützende Familie, die mich ermutigte, meinen Traum zu verfolgen – mich hat der Wettbewerb immer gereizt. Mein grosses Vorbild war damals Pelé – seine Leichtigkeit und Kreativität auf dem Platz haben mich immer beeindruckt. 

Nach deiner aktiven Karriere hast du als Trainerin grossen Erfolg gefeiert. Was hat dich dazu bewogen, ins Traineramt zu wechseln?

Fussball war immer meine Leidenschaft, aber irgendwann wusste ich, dass meine aktive Karriere nicht ewig dauern würde. Ich fand einen Weg, mit dem Sport auf eine andere Weise verbunden zu bleiben. Die Möglichkeit, Spielerinnen zu fördern und ihnen etwas beizubringen, hat mich begeistert. Als Trainerin habe ich gelernt, dass Erfolg nicht nur aus Taktik besteht, sondern auch aus Menschenführung. Ich sehe meine Aufgabe nicht nur darin, Spielzüge zu vermitteln, sondern auch Spielerinnen zu inspirieren und ihr Selbstvertrauen zu stärken.

Wie würdest du deinen Führungsstil als Trainerin beschreiben?

Coaching bedeutet für mich vor allem Kommunikation. Es geht nicht nur darum, die Leistung zu bewerten, sondern auch die Beziehungen innerhalb des Teams zu pflegen. Ich versuche, auf zwei Beinen zu stehen – das erste Bein ist die Leistung, das zweite die Beziehung zu den Spielerinnen. Feedback ist für mich ein ganz wichtiger Bestandteil. Ich bin generell eine fröhliche Person und glaube daran, dass die Spielerinnen ihr Bestes geben wollen. Mein Job ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem es okay ist, Fehler zu machen – solange sie sich bemühen und als Team zusammenarbeiten.

Gab es einen Moment in deiner Karriere, der deine Sichtweise auf Führung und Coaching entscheidend geprägt hat?

Ja, als ich 21 war, habe ich gleichzeitig gespielt und trainiert. Damals begann in Schweden ein Camp für talentierte Mädchen, und der Trainer der Nationalmannschaft fragte mich, ob ich als Trainerin dabei sein wolle. Ich war sofort dabei und habe verstanden, wie wichtig es ist, eine Vorstellung davon zu haben, wie man Menschen dazu bringt, einem zu folgen. Zuvor hatte ich immer die Perspektive der Spielerin, aber in dieser Zeit begann ich, die Rolle als Trainerin zu verstehen – man kann so viel mehr erreichen, als nur 90 Minuten zu spielen.

Was war dein persönlich grösster Moment als Trainerin?

Die olympischen Goldmedaillen mit den USA 2008 und 2012 waren natürlich unvergesslich. Aber auch die Finalteilnahme mit Schweden bei den Olympischen Spielen 2016 war besonders, weil wir als Aussenseiter gestartet sind. Solche Momente zeigen, dass harter Einsatz und Teamarbeit sich auszahlen. Besonders stolz bin ich darauf, dass ich dazu beitragen konnte, dass meine Teams nicht nur sportlich erfolgreich waren, sondern auch eine starke Gemeinschaft gebildet haben. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, zu sehen, wie Spielerinnen über sich hinauswachsen und als Team zusammenwachsen.

Zur Person

Pia Sundhage ist Trainerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen und eine der einflussreichsten Persönlichkeiten im internationalen Frauenfussball. Die gebürtige Schwedin begann ihre Karriere als talentierte Spielerin, die für ihre Technik und ihren Spielwitz bekannt war und
in der schwedischen Nationalmannschaft 71 Tore in 146 Spielen erzielte. Nach ihrer aktiven Karriere feierte sie als Trainerin grosse Erfolge, unter anderem mit der US-amerikanischen, der brasilianischen und der schwedischen Nationalmannschaft.

Was ist für ein erfolgreiches Team wichtiger: technisches Wissen oder eine starke Teamkultur?

Es ist eine Mischung aus beidem, aber ohne eine starke Teamkultur wird das technische Wissen wenig wert sein. Ein Team, das sich gegenseitig unterstützt, das eine positive Atmosphäre schafft und in dem jeder an das Wohl des anderen denkt, ist oft erfolgreicher als ein technisch versiertes Team, das keine echte Verbindung hat.

Wie identifizierst du Talent bei deinen Spielerinnen?

Talent zeigt sich oft in einem bestimmten Moment oder einer besonderen Fähigkeit, aber es muss kontinuierlich entwickelt werden. Als Trainerin erkenne ich nicht nur technische Fertigkeiten, sondern auch die Haltung einer Spielerin. Manchmal ist es nicht die Technik, sondern die Bereitschaft, sich immer wieder zu verbessern. Es geht darum, die Eigenschaften zu erkennen, die eine Spielerin ausmachen, und sie mit den richtigen Werkzeugen zu fördern – sei es durch Taktik, Videoanalysen oder Gespräche.

Hast du das Gefühl, dass dein Coaching-Stil sich von dem eines männlichen Trainers unterscheidet?

Ich weiss es nicht genau. Wir alle wollen die besten Spielerinnen auswählen und ein starkes Team aufstellen. Aber was für mich wichtig ist, ist, mein eigenes Coaching zu leben und die richtigen Leute um mich zu versammeln, die mich herausfordern und ergänzen.

Welche Entwicklung siehst du im Frauenfussball für die Zukunft?

Der Frauenfussball wächst rasant, und das ist fantastisch! Die Professionalisierung schreitet voran, es gibt mehr Investitionen, bessere Trainingsbedingungen und steigendes Interesse der Fans. Ich hoffe, dass diese Entwicklung weitergeht und dass noch mehr Länder Frauenfussball auf höchstem Niveau fördern. Es ist wichtig, dass wir weiterhin in die Nachwuchsarbeit investieren und jungen Spielerinnen Perspektiven bieten. Ausserdem hoffe ich, dass Frauen in Führungspositionen im Fussball selbstverständlicher werden und wir mehr Trainerinnen, Managerinnen und Funktionärinnen sehen. Denn der Fussball profitiert von vielfältigen Perspektiven und Ideen.

Pia, du wirst diesen Monat 65 Jahre alt. Was treibt dich noch an, weiterhin auf dem Spielfeld zu stehen und nicht einfach den Ruhestand zu geniessen?

Es ist die Neugierde und die Leidenschaft. Es gibt immer ein Morgen, immer neue Möglichkeiten. Ich glaube fest daran, dass alles möglich ist, wenn man sich darauf einlässt und bereit ist, an sich zu arbeiten. Ich liebe es, mich weiterzuentwickeln und meine Leidenschaft für den Fussball weiterzugeben.

Welche Rolle spielen Mentoren und Vorbilder im Frauenfussball?

Sie sind unglaublich wichtig. Die besten Spielerinnen, die ich trainiert habe, sind grossartige Vorbilder. Es ist wichtig, dass auch die nächste Generation von Spielerinnen und Trainerinnen sieht, dass wir für Gleichberechtigung kämpfen. Wir schaffen heute eine Grundlage für die kommenden Generationen. Der Weg endet nicht.