Ihre Mission ist die Suche nach Erklärungen. Dank ihren Einsichten werden diese Wissenschaftler weit über die Grenzen hinaus gehört.
Lars P. Feld zählt zu den einflussreichsten Wirtschaftswissenschaftern in Europa. Als sogenannter Wirtschaftsweiser berät er unter anderem die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dem fünfköpfigen Gremium gehört der 53-jährige Ökonom seit 2011 an und widmet sich dort insbesondere der Finanzpolitik. Er gilt manchen als Hardliner, liegt ihm doch die Sparsamkeit deutlich näher als die Ausgabenfreudigkeit. Die Modern Monetary Theory zumindest, sprich die Konjunkturförderung mithilfe der Gelddruckmaschinen, wie sie derzeit mancherorts propagiert wird, nennt er «Finanzpolitik à la Münchhausen». Mit Schulden mache man keine Experimente. Viel mehr sei dieses Vorgehen brandgefährlich. Stattdessen macht sich der ständige Gastprofessor am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW in Mannheim für die Einhaltung der Schuldenregel stark. Die seit 2009 im Grundgesetz Deutschlands verankerte Maxime gilt als sein wissenschaftliches Baby, basiert sie doch auf Entwürfen, die er gemeinsam mit anderen Ökonomen erarbeitet hat.
Inspiriert hat ihn dabei seine Zeit in der Schweiz.
Der Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg hat nach seinem Volkswirtschaftsstudium an der Universität des Saarlandes 1999 in St. Gallen promoviert, wo er drei Jahre später auch habilitierte. Der Leiter des Walter Eucken Instituts schätzt an der Eidgenossenschaft unter anderem den Steuerwettbewerb der Kantone und Gemeinden. Dieser garantiere die Vielfalt, er treibe auch zu mehr Effizienz und Innovation von öffentlichen Leistungen an. Kein Wunder, nimmt Feld bei seinen Vorträgen immer wieder Bezug auf die Schweiz.
Als Ordoliberaler setzt sich Feld für eine Marktwirtschaft ein, in welcher der Staat den Ordnungsrahmen für den ökonomischen Wettbewerb schafft und die Freiheit der Bürger auf dem Markt gewährleistet. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in verschiedenen Bereichen der Wirtschaftspolitik, der Finanzwissenschaft, der Neuen Politischen Ökonomie und der ökonomischen Analyse des Rechts. Von den Medien wird Feld aufgrund seiner klaren, zum Teil auch kontroversen Aussagen geschätzt. 2013 führte er die Liste der einflussreichsten Ökonomen im F.A.Z-Ökonomenranking an und rangiert auch heute noch in den Top Ten der jährlich veröffentlichten Liste. Der Wirtschaftsprofessor publiziert regelmässig in Fach- und Publikumszeitschriften, tritt im Fernsehen und an Wirtschaftsveranstaltungen auf und wird auch in den sozialen Medien gerne zitiert. Wenn Feld beispielsweise über den Zustand von Italien referiert, nimmt er kein Blatt vor den Mund. Die Entwicklung im Stiefelstaat sei potenziell katastrophal, heisst es dann – trocken, aber wohl treffend. Zudem sei das Problem von Italien weder Deutschland noch die Europäische Union, sondern vielmehr Italien selber.
Wenn es seine knappe Freizeit zulässt, besucht der Vater von drei Kindern Rock-, Pop- und Jazzkonzerte und ist auch hin und wieder als Anhänger des FC Bayern München in der Allianz Arena zu sehen. Feld ist mit einer Medizinerin verheiratet, sammelt antiquarische Bücher, insbesondere von ökonomischen Klassikern, aus denen er gerne zitiert, liebt gutes Essen und Reisen. Mit der Schweiz dürfte der Wirtschaftsweise auch zukünftig eng verbunden sein: Einerseits pflegt er einen regelmässigen Austausch mit hiesigen Ökonomen. Anderseits studieren inzwischen auch seine beiden erwachsenen Söhne an der ETH in Zürich und in St. Gallen.
Das Vorzeigeprojekt von Frédéric Kaplan heisst Venice Time Machine. Damit wird es möglich, virtuell durch das altertümliche Venedig zu surfen und Informationen über die Lebensweise in dieser Gesellschaft zu erfahren. Grundlage für diese digitale Zeitmaschine bilden umfangreiche Archive, welche die Stadtverwaltung von Venedig über mehrere Jahrhunderte angelegt hat, sowie moderne Big-Data-Lösungen und Museografie.
Seit 2013 arbeiten Kaplan und sein Team am Digital Humanities Lab der EPFL zusammen mit der Universität Ca’Foscari in Venedig an einem 4D-Modell der mittelalterlichen Dogenstadt. Um die gewaltige Zahl an Dokumenten des Staatsarchivs – es füllt Regale von 80 Kilometern Länge –, der Fondazione Giorgio Cini und der städtischen Bibliotheken von Venedig zu digitalisieren und zugänglich zu machen, hat das Team um den Professor für digitale Geisteswissenschaften eigene Scanner und Suchmaschinen entwickelt. Selbst alte Handschriften werden automatisch analysiert, um wesentliche Merkmale der Akten zu erfassen.
Aus dem Pilot Venedig hat sich inzwischen ein europaweit und mit mehr als 200 Partnern vorangetriebenes Projekt entwickelt, welches von der EU als strategisch wichtig eingestuft und gefördert wird. Entstehen soll eine europäische Zeitmaschine. Die Koordination der gross angelegten Forschungsinitiative liegt dabei beim 45-jährigen Franzosen. Es gehe darum, die Geschichte in die digitale Welt zu holen, so der Erfinder der Venice Time Machine. Die Philosophie von Kaplan: «Wenn wir unsere Vergangenheit nicht kennen, werden wir auch nicht erahnen, wohin uns die Zukunft führen könnte.»
Patrick Aebischer ist in seinem Leben vielen Aktivitäten nachgegangen. Die wichtigste war sicherlich seine Amtszeit als Präsident der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL). Er hat den Campus in Lausanne zu dem gemacht, was er heute ist: eine der besten Hochschulen Europas, ja der Welt. Um dorthin zu gelangen, hat der Medizin- und Neurowissenschafter an der EPFL eine Fakultät für Biowissenschaften errichtet. Inspiriert vom eigenen Studium in Amerika, schuf er ein Umfeld, in dem sich junge Absolventen als Unternehmer versuchen können. Im Innovationspark Lausanne werden Startups dabei unterstützt, die Forschungserkenntnisse in der Praxis umzusetzen. Auch das Rolex Learning Center, diese Welle aus Beton, eigentlich selber ein Kunstwerk, fällt in seine Ära.
Der Campus hat die Seele einer echten Kleinstadt mit Studentenwohnungen, Cafés, Restaurants, Hotels und dem Swisstech Convention Center. Patrick Aebischer, Vater von zwei Kindern, arbeitete 17 Jahre lang daran, die EPFL auf die Stufe von Universitäten wie Harvard und Oxford zu bringen. Er ist 2016 zurückgetreten, aber weiterhin im Verwaltungsrat mehrerer Firmen wie Nestlé, Lonza und Logitech aktiv. Der 64-Jährige ist auch Vorsitzender des Novartis Venture Fund. Neben seinem Engagement für die Innovationsförderung interessiert ihn die Verbindung von Kultur und Wissenschaft. Der Freiburger ist in einer Künstlerfamilie aufgewachsen, er ist Mitglied des Stiftungsrates des Montreux Jazz Festival, des Verbier Festival und der Jacobs Foundation.
Politische Streitdebatten sind nicht beliebt bei Akademikern. Thomas Maissen ist die Ausnahme. Er ist bemerkenswert konfrontativ und scheut auch nicht die Auseinandersetzung mit National-, Stände- oder Bundesräten. Der Basler Historiker hat sich an den Schweizer Geschichtsmythen abgearbeitet und damit die wichtigsten Exponenten der SVP gegen sich aufgebracht. Er stellt sich gegen den «Mörgeli in uns», widerspricht Christoph Blochers Hymne auf Marignano und schickt Ueli Maurers Nationalhelden Wilhelm Tell zurück in die Märchenecke.
Als «akademisches Störsignal» wird der 1962 geborene Sohn einer Finnin bezeichnet. Seine Habilitation verfasste er in Zürich. Thema: «Die Geburt der Republic. Staatsverständnis und Repräsentation in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft». Anschliessend verfasste Maissen historische Analysen für die NZZ, lehrte als Professor in Luzern und Heidelberg und ist seit 2013 Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Paris, als erster Nicht-Deutscher.
Inzwischen lebt Maissen auch in der französischen Hauptstadt, was ihm eine Aussensicht auf die Schweiz erlaubt. Erfreulich: Sein Bild der Eidgenossenschaft hat sich dadurch wenig verändert, wenngleich sich, so Maissen, die Bedeutung der direkten Demokratie für ihn etwas relativiert habe.
Christa Tobler ist derzeit eine sehr gefragte Stimme, wenn es um das schwierige Verhältnis der Schweiz und der Europäischen Union geht. Kein Wunder: Als Professorin für Europarecht am Europainstitut der Universität Basel und der Universität Leiden, Niederlande, sorgt sie für mehr Verständnis in einem überaus komplexen Themenbereich, in dem viele die Übersicht verloren haben. Beispielsweise mit einem Brevier zum institutionellen Abkommen Schweiz–EU, welches sie mit Rechtsanwaltskollege Jacques Beglinger seit 2017 veröffentlichte und seither regelmässig aktualisiert. Oder als Mitbegründerin des EU Law in Charts Project, welches zum besseren Verständnis des EU-Rechts beitragen will.
Mit ihrer nüchternen Art bringt die in Zürich und Leiden lebende Europarechtlerin darüber hinaus oftmals Ruhe in die zum Teil hitzigen Diskussionen. So ist die 58-jährige Pfarrerstochter sowohl in der «Arena» am Schweizer Fernsehen als auch an regionalen Veranstaltungen ein gern gesehener Gast. Unter EU-Kritikern gilt Tobler als zu europafreundlich, was sie jedoch von sich weist: «Das System des Rechts der Europäischen Union zu verstehen, heisst noch nicht, dass man EU-freundlich ist. Ich halte die EU zwar grundsätzlich für eine gute Sache, sehe aber durchaus auch Kritikpunkte – zum Beispiel im Umgang der EU mit der Schweiz in Sachen Börsenäquivalenz.»