Wer zu Beginn der Pandemie eine Zweitwohnung kaufte, schätzt sich zurzeit zumindest aus zwei Gründen glücklich. Erstens liess die starke Nachfrage die Immobilienpreise in den Bergen klettern, im Durchschnitt der alpinen Feriendestinationen um rund 20 Prozent pro Quadratmeter in den letzten drei Jahren für Objekte guter Qualität. Die stärksten Preisanstiege verzeichneten Destinationen mit relativ kurzen Fahrzeiten zu Grosszentren, da sie vom Homeoffice-Trend profitierten. So verteuerten sich Ferienwohnungen in Flims/Laax seit Anfang der Pandemie um fast 50 Prozent und in Davos/Klosters sowie Engelberg um rund 45 Prozent. In anderen Kantonen stachen vor allem die Preisanstiege von über 35 Prozent in der Jungfrau-Region und in Zermatt heraus.
Der Markt ist ausgetrocknet
Zweitens bestand zu Beginn der Pandemie noch ein gewisses Angebot an attraktiven Objekten, während heute der Markt für Ferienwohnungen weitgehend ausgetrocknet ist. Derzeit stehen rund 3 Prozent des Wohnungsbestands im Angebot, verglichen mit über 5 Prozent vor der Pandemie. Besonders knapp ist der Markt in Graubünden, im Berner Oberland sowie in der Zentralschweiz, wo die Angebotsquoten nur leicht über 1 Prozent liegen. Einzig in den touristischen Destinationen der Kantone Wallis und Waadt ist die Angebotsverknappung weniger fortgeschritten. Dort ist allerdings ein grosser Teil der ausgeschriebenen Objekte kleinflächig und unrenoviert, sodass ein Kauf in der Regel einen grossen Sanierungsaufwand nach sich zieht.
Der Autor
Maciej Skoczek, Immobilienanalyst, UBS Chief Investment Office Global Wealth Management, Zürich.
Eine Fortsetzung des Preisbooms ist jedoch vorerst unwahrscheinlich. Allgemein sinkt in wirtschaftlich stürmischen Zeiten die Nachfrage nach Luxus- und Statusgütern wie Ferienwohnungen. Manche Haushalte werden grössere Investitionen auf die lange Bank schieben. Die Nachfrage nach Ferienwohnungen dürfte auch Opfer des eigenen Erfolgs werden. Es gilt: je höher im Allgemeinen das Preisniveau, desto kleiner die potenzielle Nachfragegruppe, welche die Tragbarkeitskriterien für eine Fremdfinanzierung erfüllt. Kostete beispielsweise eine Zweitwohnung vor der Corona-Pandemie 830 000 Franken, so beträgt der heutige Preis 1 Million Franken. Bei einer Belehnung von 60 Prozent sind dafür aktuell im Durchschnitt 68 000 Franken mehr Eigenkapital sowie rund 20 000 Franken mehr Einkommen erforderlich als vor der Pandemie.
Trotz rekordhohen Preisen bieten Ferienimmobilien langfristigen Werterhalt.
In den letzten Monaten verschlechterten sich auch die Finanzierungskonditionen. Die Hypothekarzinsen haben sich gegenüber Anfang 2022 mehr als verdoppelt. Im Beispiel eines Objekts zu 1 Million Franken bei einer Neubelehnung von 60 Prozent dürften die Zinskosten zurzeit bei gut 15 000 Franken jährlich liegen. Noch vor einem Jahr waren es etwa 6000 Franken. Zudem kann man das für den Wohnungskauf nötige Eigenkapital beispielsweise in Alternativanlagen wie Anleihen investieren, da sie dank dem Zinsanstieg nun eine positive Rendite abwerfen. Damit hat sich die Attraktivität eines Ferienwohnungskaufs auch als Kapitalanlage verschlechtert.
Weiter dürften unter Berücksichtigung höherer Energiepreise die Nutzungskosten (Kapital-, Betriebs-, Unterhalts- und Investitionskosten) einer durchschnittlichen Ferienwohnung um gut einen Drittel höher liegen als noch vor Beginn des jüngsten Zweitwohnungsbooms im Jahr 2020. Angesichts einer jährlichen effektiven Nutzungsdauer von etwa elf Wochen kostet die Nutzung einer Ferienwohnung im obigen Beispiel etwa 3000 bis 4000 Franken pro Woche. Die höheren Nutzungskosten werden bei vielen Eigentümerinnen und Eigentümern Unbehagen auslösen. Und: Im laufenden Jahr werden sie kaum von steigenden Preisen profitieren können. Die Quadratmeterpreise dürften wegen der schwächeren Nachfrage «nur» im tiefen einstelligen Prozentbereich zulegen.
Mittelfristig dürfte das Ferienwohnungsangebot in den Bergen aber zunehmen. Zum einen werden manche Eigentümerinnen und Eigentümer von Zweitwohnungen die aktuelle Hausse nutzen, um mit einem Verkauf Kapitalgewinne zu realisieren. Zum anderen dürften Einheimische vermehrt altrechtliche Erstwohnungen zu luxuriösen Ferienwohnungen umbauen und anschliessend veräussern. Denn bei einem Verkauf einer bisherigen Erstwohnung als Zweitwohnung kann mit einer durchschnittlichen Prämie von etwa 15 Prozent gerechnet werden.
Trotz momentan rekordhohen Preisen dürften Ferienwohnungen längerfristig Werterhalt bieten, da Schweizer Alpenchalets gerade an Topstandorten auch von ausländischen Investoren stark nachgefragt werden. Solange der Franken als sicherer Hafen fungiert, dürfte dieses internationale Kaufkraftreservoir vor sinkenden Preisen schützen.