Das kleine Display in der Wohnzimmerecke zeigt es an: 9,2 Kilowattstunden. So viel Energie generieren die 59 Solarpanels auf dem Dach von Peter und Franziska Stalder gerade an diesem Sommermorgen um 9 Uhr. Im Laufe des Tages wird die Leistung noch steigen, am Vortag bis auf 14 kW. Ein Diagramm mit einem genauen Abbild dieser Leistungskurve in Echtzeit ist dank der Software ersichtlich, die mit der Photovoltaik-Anlage verbunden ist.
Als sich die Familie Stalder vor sieben Jahren für eigenen Solarstrom entschied, war von Stromknappheit in der Schweiz noch keine Rede. Der wichtigste Motivationsfaktor der Eigenheimbesitzer war der Grundsatzentscheid, aus ökologischen Gründen auf fossile Brennstoffe zu verzichten. Sie stiegen auf Elektroautos um und heizen inzwischen mit einer Erdsonden-Wärmepumpe.
Was waren die ersten Schritte zu diesem Projekt? Als Erstes empfiehlt es sich gemäss Peter Stalder, beim zuständigen Bauamt nachzufragen, ob ein Baugesuch erforderlich ist. Die Liegenschaft des Ehepaars am Stadtrand von Zürich, ein Haus im Bauhaus-Stil aus dem Jahr 1931, gehört zum Inventar der schützenswerten Ortsbilder. Ein Gesuch war damals jedoch nicht nötig, wie sie vom Amt erfuhren, weil die Solarpanels das Dach nur minimal erhöhten. Es gibt zwei Möglichkeiten für die Montage: Das eine ist eine Aufdachanlage, bei der die Panels über den Ziegeln montiert werden. Das andere ist die Indachanlage, bei der die PV-Anlage gleichzeitig als Dacheindeckung dient.
Anmeldung bei Elektrizitätswerk
Als Zweites würde Peter Stalder einen Spezialisten suchen, der etwas Erfahrung mitbringt. Er bekam die Empfehlung für seine Solarfirma von seinem Sanitär. «Es ist sicher sinnvoll, zwei bis drei Offerten einzuholen, vor allem wenn man preissensitiv ist», so Stalder. Für die ganze Anlage bezahlten Stalders vor sieben Jahren rund 66 000 Franken. Dabei erhielten sie noch Rückvergütungen des Bundes im Wert von 11 000 Franken. «Heute ist es noch mehr», verrät Peter Stalder. Die Anlage bedeckt die Dächer von zwei aneinandergebauten Mehrfamilienhäusern.
Die Kosten für ein Einfamilienhaus kommen je nach Anzahl Panels tiefer zu stehen. Peter Stalders Mutter hat Solarpanels an ihrem Einfamilienhaus anbringen lassen und dafür rund 12 000 Franken ausgegeben. Auch die Montage ist bei einem Einfamilienhaus nicht gleich zeitintensiv wie bei einem Mehrfamilienhaus, wo in den meisten Fällen ein Gerüst oder ein Gerüstturm nötig ist.
Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Solaranlage ist die Anmeldung beim Elektrizitätswerk. Zudem ist zu überlegen, wo der Wechselrichter im Haus platziert werden kann: Der Boiler-artige Kasten ist eine Art Herzstück der Solarstromanlage. Er wandelt den Gleichstrom der Solarmodule in netzüblichen Wechselstrom um und speist ihn in das öffentliche Stromnetz. Bei Stalders steht der Kasten in der Garage.
Gesamtes Dach nutzen
Was würden die Stalders heute anders machen? «Sicher von Anfang an die gesamte Dachfläche mit Solarpanels füllen, weil damit die Leistung steigt», sagt Peter Stalder. Er hätte nachträglich noch gerne die Ost- und die West-Front mit Panels bestückt, um einen Drittel mehr Energie zu generieren. Die Denkmalpflege vereitelte diese Pläne jedoch.
Um herauszufinden, wie viele Panels man überhaupt braucht, sei es ratsam, sich zum eigenen Stromverbrauch Gedanken zu machen. Gemeinsam mit dem Solaranbieter bespricht man dann Fragen wie: Wie viel Strom brauche ich gemäss Stromrechnung heute in einem Jahr? Wie viele Panels brauche ich dafür? Wofür werde ich den künftigen Solarstrom verwenden?
Bei Stalders kommt der erhöhte Stromverbrauch für die Elektroautos, eine Erdsonden-Wärmepumpe und eine Naturpool-Heizung dazu. Heute generieren Stalders rund 60 Prozent ihres Strom-Jahresverbrauches der Liegenschaft selber. Dank der schrägen Lage der Panels im Dach können Stalders bis im November die Autos mit dem eigenen Solarstrom laden. Schräge Dächer haben im Winter den Vorteil, dass sie länger Strom generieren, während flache Dächer im Sommer mehr Strom erzeugen.
Von ihrer gesamten hauseigenen Stromproduktion nutzen sie jedoch nur 60 bis 70 Prozent. Die Überschüsse speisen Stalders ins regionale Stromnetz ein und werden dafür vom Elektrizitätswerk Zürich entschädigt. Die Rückvergütung stieg kürzlich von 8 auf 13 Rappen pro kWh. Wenn die Solaranlage zum Beispiel im Winter weniger Strom liefert, als die Liegenschaft braucht, muss Peter Stalder wie alle Solaranlageneigentümer den fehlenden Strom beim EWZ zum normalen Tarif einkaufen.
Zur besseren Stromnutzung wird künftig in eine Batterie investiert.
«Eine Solaranlage ist kein Business Case», betont Peter Stalder. «Wenn ich das Geld an die Börse bringen würde, könnte ich unter Umständen etwas mehr verdienen.» Aber der Verdienst sei auch nicht die Motivation gewesen, auch nicht die Rückvergütung, die etwa einen Fünftel des Investitionspreises beträgt.
Wenn die Panels besonders viel Strom produzieren, steuert er selber, welche seiner Geräte wann mit Strom versorgt werden. Der gelernte Informatiker hat dank einer selbst bewirtschafteten Smarthome-Lösung die Steuerung des Stroms gut im Griff. Um die Verteilung noch besser zu steuern und den überschüssigen Strom zu einem späteren Zeitpunkt selber zu brauchen, wird er demnächst zusätzlich noch in einen Speicher mit Batterie investieren. Mit dem Output der Anlage ist Peter Stalder zufrieden, denn je nachdem wie konservativ er rechnet, wird er die Investition innerhalb von 10 bis 15 Jahren amortisiert haben. Dazu trägt auch bei, dass er bis zu drei Elektroautos und die Wärmepumpe mit dem eigenen Solarstrom speist. Wenn der Strompreis weiterhin so ansteigt, könnte es nach Peter Stalders Meinung mit der Amortisation der Anlage noch schneller gehen.
Nachbarn laden ihre Handys
Peter Stalders Fazit ist: Er würde es sofort wieder machen und kann jedem empfehlen, eine Solaranlage bauen zu lassen. Seiner Meinung nach wird der Strombedarf in Zukunft – trotz 2000- Watt-Gesellschaft – eher zunehmen. Denn auch wer in alternative Heizungen investieren will, braucht Strom, seien es Luft- oder Erdsonden-Wärmepumpen. Als sie im Quartier kürzlich einen längeren Stromunterbruch hatten, blieb die Liegenschaft der Stalders verschont. Ob Zufall oder nicht, sei dahingestellt, erklärt Peter Stalder. Die Nachbarn sind am Ende des Tages bei ihm vorbeigekommen und haben ihre Handys und Notebooks geladen – mit seinem Solarstrom.