Lange Zeit war Recycling die Hauptstrategie im Kampf gegen Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung. Abfall sammeln, verarbeiten und daraus neue Produkte schaffen: Ging es um die Schonung der natürlichen Ressourcen, gab es nur diesen Weg. Doch immer öfter und verstärkt zeigt sich, dass Recycling seine Schwächen und Grenzen hat. Einer der stärksten Kritikpunkte in diesem Kontext ist die abnehmende Qualität der wiederverwendeten Materialien. Plastik beispielsweise wird spröde, Papierfasern verkürzen sich, und in Metallen können sich Verunreinigungen aus den verschiedenen Verarbeitungsstufen anreichern. Dies schränkt die Nutzbarkeit des recycelten Materials ein, und schliesslich kommt es nur noch für minderwertige Produkte zum Einsatz. Sprich: vom Recycling zum Downcycling.
Und auch die erheblichen Energieaufwendungen betrachtet man mit kritischem Auge. Das Sammeln, Sortieren und Verarbeiten von Abfällen erfordert beträchtliche Mengen an Energie, die bis heute oft aus fossilen Brennstoffen stammt. Da bleibt der ökologische Nutzen des Recyclings schnell auf der Strecke, denn CO2-Emissionen und der Energieverbrauch versalzen die Suppe. Zudem ist der Prozess des Recyclings wirtschaftlich nicht immer rentabel, was dazu führt, dass nur ein Bruchteil des globalen Abfalls tatsächlich recycelt wird. So liegt die weltweite Recyclingquote von Plastik bei gerade einmal bei 14 Prozent. 40 Prozent landen hingegen auf Mülldeponien, 14 Prozent in den Öfen von Müllverbrennungsanlagen, und 32 Prozent verbleiben in der Umwelt.
Den Lebenszyklus verlängern
Es braucht demnach ein Umdenken. Und dieses trägt den Namen Kreislaufwirtschaft. «Circular Economy» geht weit über das klassische Recycling hinaus. Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, den gesamten Lebenszyklus eines Produkts nachhaltig zu gestalten. Das beginnt bei der Rohstoffgewinnung und geht über die Produktion und Nutzung bis hin zur Sammlung und Wiederverwertung. Das Schlüsselprinzip ist die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten, die sich durch Wiederverwendung, Reparatur oder auch Renovierung erzielen lässt. Ziel ist, die Produkte möglichst lange zu nutzen und sie dann in andere Wertschöpfungskreisläufe zurückzuführen.
Eine weitere wichtige Strategie in der Kreislaufwirtschaft ist die Modifizierung der Produkte, sowohl bezüglich Design als auch hinsichtlich Produktion. Von Anfang an werden sie so gestaltet, dass sie repariert, aufgerüstet und recycelt werden können. Damit sich das aber durchsetzen kann, braucht es die Verbraucherinnen und Verbraucher. Vor allem die Menschen der westlichen Welt werden zunehmend zum Wegwerfen motiviert – angefangen damit, dass Reparaturen nur unwesentlich günstiger sind als der Kauf eines neuen Produkts. Und die Schweiz ist eine lebende Wegwerfgesellschaft: Jährlich fallen über 700 Kilo Abfall pro Kopf an, wovon jedoch nur knapp über 50 Prozent rezykliert werden. Und dies auch nur, so sind sich die Experten und Expertinnen einig, weil in den 1990er-Jahren die Sackgebühren eingeführt wurden. Dazu schrieb das Bundesamt für Umwelt (Bafu) einmal: «Mit den Gebühren wurde ein finanzieller Anreiz für das Separatsammeln geschaffen.» Ausreichend aber ist das eben noch nicht. Denn auch wenn die Menschen der westlichen Welt viel über Klimawandel, Grün und Nachhaltigkeit diskutieren – bei sich selbst anzufangen, liegt nicht allen.
Doch der bewusste Konsum und die Akzeptanz von Secondhandprodukten sowie die Bereitschaft, Produkte zu reparieren und länger zu nutzen, sind entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft. Denn Recycling allein wird in Zukunft nicht genügen, um die ökologischen Herausforderungen zu bewältigen. Die Kreislaufwirtschaft bietet einen umfassenderen und nachhaltigeren Ansatz, der über die blosse Wiederverwertung von Materialien hinausgeht. Durch die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten, die Förderung von Upcycling und die Einbindung nachhaltiger Designprinzipien liesse sich der Materialkreislauf schliessen und der Verbrauch von Ressourcen nachhaltig reduzieren. Der Mensch ist gefordert.