Die eidgenössischen Räte haben bereits im März 2024 die parlamentarische Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» verabschiedet. Betroffen sind dabei das Umweltschutzgesetz (USG), das Energiegesetz (EnG) sowie das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB). Ziel ist es, in Form eines übergeordneten Rahmens die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz zu fördern, indem die Umweltbelastungen und der Ressourcenverbrauch gesenkt werden. Am 13. November 2024 entschied der Bundesrat, dass die meisten Regelungen der Initiative ohne zusätzliche Ausführungsbestimmungen bereits am 1. Januar 2025 in Kraft treten können. Das geht auch an der Schweizer Baubranche nicht vorbei, zählt sie doch zu den grössten Umweltsündern. In der Schweiz fallen pro Jahr rund 15 Millionen Tonnen Bauabfälle an, was rund 65 Prozent des Gesamtabfalls ausmacht.
Es braucht mehr Einsatz
«Die Gesetzesänderungen aus der parlamentarischen Initiative schaffen eine Grundlage, um Materialkreisläufe zu schliessen und die Kreislaufwirtschaft bei Produkten und Bauwerken zu stärken«, sagt Thomas Weibel, Vizedirektor und Leiter Unternehmensführung beim Schweizerischen Baumeisterverband (SBV). «Fakt ist aber, dass es final Auftraggeber braucht, welche die Kreislaufwirtschaftsprodukte bestellen, und damit stehen die öffentlichen Bauherren in der Mitverantwortung.» In der Schweiz stammen rund 40 Prozent aller Aufträge von öffentlichen Bauherren, und die werden durch die Vorlage verstärkt in die Pflicht genommen. Bereits am 1. Januar 2021 trat das revidierte öffentliche Beschaffungsrecht in Kraft und hat hier einen ersten Anschub gegeben. «Bis zu diesem Zeitpunkt stand vor allem der Preis bei einer öffentlichen Ausschreibung im Fokus, seitdem ist der Preis eine weiterhin sehr wichtige Grösse, aber Qualität und Nachhaltigkeit haben als Vergabekriterien an Bedeutung gewonnen», so Thomas Weibel.
Nun heisst es, die nächsten Schritte zu gehen. Und machbar ist das. Denn in der Schweiz sind mindestens 16 Prozent des verwendeten Baumaterials Recyclingmaterial. «Je nach Baumaterial ist die Wiederverwertungsquote hoch, bei Beton beträgt sie 85 Prozent. Stahl wird beinahe zu 100 Prozent recycelt. Und Backstein wird gebrochen und das Granulat kann ebenfalls wiederverwendet werden», sagt Thomas Weibel. Dazu steht die Annahme im Raum, dass diese Anteile aufgrund der Gesetzesanpassungen vermutlich steigen werden. Parallel werden die CO2-Emissionen und der Energieverbrauch abnehmen. Seit den 1990er-Jahren hat die Baubranche den CO2-Ausstoss pro Tonne Zement um 30 Prozent reduziert, und die Schweizer Zementindustrie hat ihre CO2-Emissionen aus primär fossilen Brennstoffen um zwei Drittel gesenkt.
Mehr Einfluss vom Bundesrat
Die konkrete Einflussnahme des Bundesrates hat seit Anfang Jahr zugenommen. Was sachlich klingt, ist dabei nicht ohne. Denn nun kann der Bundesrat Anforderungen an das Inverkehrbringen von Produkten und Verpackungen in Abhängigkeit von der Umweltbelastung festlegen. Dies insbesondere über die Vermeidung schädlicher Einwirkungen und die Erhöhung der Ressourceneffizienz während des Lebenszyklus (gemäss Art. 35i USG). Zudem kann er im Rahmen einer gesamthaften, bauwerk- und lebenszyklusbasierten Nachhaltigkeitsbetrachtung nach Massgabe der durch Bauwerke verursachten Umweltbelastung und unter Beachtung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz die Anforderungen modifizieren und konkretisieren.
Erste Themen sind hier die Pflicht zur Verwendung umweltschonender Baustoffe und Bauteile, die Verwendung von Baustoffen, die aus der stofflichen Verwertung von Bauabfällen stammen, die Rückbaubarkeit von Bauwerken und die Wiederverwendung von Bauteilen in Bauwerken. «Wie der Bundesrat die Anforderungen festlegen wird, ist offen», sagt Thomas Weibel. «Aber eine reine Ressourcenschonung greift zu kurz. Die Ausschreibung von Bauwerken muss sich stets an der benötigten beziehungsweise gewünschten Funktion orientieren und nicht an spezifischen Baumaterialien.» Ist das umsetzbar, geht man davon aus, dass etwa ein Drittel der CO2-Emissionen während der Abbau- und Veredelungsphase der Baumaterialien wegfällt und zwei Drittel während des Betriebs (der Nutzung) des Gebäudes.
Veränderung als Chance
Die beschlossenen Gesetzesänderungen aus der parlamentarischen Initiative bringen neue Anforderungen für Bauunternehmen, viele Aspekte sind aber bereits in den bestehenden Vorschriften enthalten. Organisationen wie der Schweizerische Baumeisterverband unterstützen mit wichtigen Hilfsinstrumenten wie dem neuen «Tool Nachhaltigkeit» für öffentliche Ausschreibungen, um die neuen Anforderungen zu erfüllen. «Im Bauwesen werden bereits viele Materialien wie Beton oder Backsteine recycelt. Neue Technologien und Onlineplattformen fördern die Wiederverwendung von Bauteilen», meint Thomas Weibel. «Und das stärkt nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit und die Versorgungssicherheit der Schweizer Wirtschaft.
Schweizer Unternehmen eröffnen sich ausserdem zukunftsorientierte Geschäftsfelder mit neuen Möglichkeiten zur Wertschöpfung.» Damit das gelingt, wurden auch die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten angepasst. «Der SBV verfolgt das Ziel, dass die Branche den Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften auch künftig decken kann. Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind dabei mit dem Masterplan ‹SBV-Berufsbildung 2030› in gewissen Berufen integriert», fasst es Thomas Weibel final zusammen. «Dazu gehören unter anderem die Berufe Bauführer und Baupolier. Aber nachhaltiges Bauen und neue Technologien erfordern laufend Anpassungen in der Aus- und Weiterbildung.» Es bleibt bewegend.