Der Übergang von linearen zu zirkulären Wirtschaftssystemen ist unumgänglich – besonders für die eher ressourcenarme Schweiz. Bereits seit den 1980er-Jahren gibt es Ansätze, Kreisläufe zu schliessen, etwa durch hohe Recyclingquoten bei Baustoffen oder Hausabfällen. Doch Kreislaufwirtschaft umfasst weit mehr als Recycling – sie bedeutet, Produkte langlebiger zu gestalten und von Anfang an den gesamten Zyklus – von der Rohstoffgewinnung bis zur Wiederverwertung – mitzudenken. Trotz Erfolgen bleibt die Transformation komplex: Sie erfordert ein gezieltes Ansetzen an mehreren Punkten gleichzeitig, von Geschäftsmodellen über politische Rahmenbedingungen bis hin zur Sensibilisierung der Bevölkerung und der Unternehmen. Besonders auf regionaler Ebene zeigt sich, dass dieser Wandel nur gelingt, wenn alle relevanten Akteurinnen und Akteure eingebunden werden.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 
Die Autoren:

Karina von dem Berge, Dozentin, Hochschule Luzern (HSLU)

Hanna Pütters, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Hochschule Luzern (HSLU)

Herausforderungen der regionalen Kreislaufwirtschaft

Die Transformation zur Kreislaufwirtschaft bringt Herausforderungen – lokale wie globale. In der Schweiz zeigt sich dies etwa in der grossen Abfallmenge pro Kopf – trotz vorbildlicher Recyclingquoten – oder in der noch unzureichenden Kreislauffähigkeit von Textilien, Kunststoffen, Baumaterialien und biogenen Materialien. Über Jahrzehnte etablierte sich ein lineares, effizientes, aber ressourcenintensives Wirtschaftssystem. Dies macht den Wandel anspruchsvoll. Auf regionaler Ebene wird die Aufgabe noch anspruchsvoller: Ein funktionierendes Kreislaufsystem muss nicht nur technische Lösungen bieten, sondern auch wirtschaftlich tragfähig und gesellschaftlich akzeptiert sein. Unterschiedliche regionale Gegebenheiten – etwa zwischen urbanen Zentren wie Zürich und ländlichen Gebieten wie dem Berner Oberland – verlangen nach massgeschneiderten Ansätzen.

Der «Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft» von Stucki und Wörter (2022) verdeutlicht, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, ihr Wissen auf zirkuläre Modelle zu übertragen. Oft fehlen Innovationskraft und die Fähigkeit, Prozesse neu zu denken. Entscheidend ist hier die interdisziplinäre und transdisziplinäre Zusammenarbeit. Die erfolgreiche Umsetzung von Kreislaufwirtschaft setzt nicht nur ein systemisches Verständnis und spezifische Fachkompetenzen voraus, sondern auch die Fähigkeit, mit unterschiedlichen Akteuren und Akteurinnen innerhalb eines regionalen Ökosystems effektiv zu kooperieren. Ohne die Einbindung von Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft bleiben Lösungen Stückwerk.

 

Lösungsansätze: Stakeholder und Kompetenzen

Eine funktionierende regionale Kreislaufwirtschaft braucht Zusammenarbeit: Unternehmen, Gemeinden, kantonale Verwaltungen, Wissenschaft, Bürgerinnen und Bürger bringen jeweils eigene Perspektiven ein. Doch wie können diese effektiv einbezogen werden? Multi-Stakeholder-Plattformen, wie sie etwa von Circular Economy Switzerland (CES) mit den City Circles gefördert werden, bieten hier einen Ansatz. Sie schaffen Räume für Dialog und Wissensaustausch. Ebenso wichtig sind die Kompetenzen, die diesen Prozess tragen. Systemisches Denken, um die komplexen Wechselwirkungen eines regionalen Wirtschaftssystems zu verstehen, steht dabei an erster Stelle. Dazu kommen Fähigkeiten wie partizipative Planung, Ressourcenmanagement und die Bewertung von Materialkreisläufen – etwa durch Ökobilanzen. Die Studie «Kreislaufwirtschaft für KMU: 11 Erfolgsgeheimnisse» des Schweizer Think-and-Do-Tanks Sanu Durabilitas hebt zudem praktische Ansätze wie die Förderung von Innovation, die Schaffung finanziellen Spielraums und die aktive Mitgestaltung politischer Rahmenbedingungen hervor. Diese Kompetenzen müssen nicht nur einzeln vorhanden sein – sie müssen miteinander verknüpft werden, um kreislauffähige Lösungen in Regionen umzusetzen.

 

Praktische Beispiele aus der Schweiz

Wie sieht diese Zusammenarbeit in der Praxis aus? Walter Weiler, Kreislaufwirtschaftsexperte bei Rytec Circular und Verantwortlicher des City Circles Luzern-Zentralschweiz, betont: «Kreisläufe funktionieren nur, wenn alle Beteiligten – von der öffentlichen Hand über Unternehmen bis zur Bevölkerung – an einem Strang ziehen. Netzwerke wie die City Circles schaffen genau diesen Austausch.» Genau hierin sieht Roman Hollenstein, verantwortlich für den Bereich Lifecycle Care bei Burri Public Elements aus Glattbrugg ZH einen Schlüssel für den Erfolg auf dem Weg zu kreislauffähigen Geschäftsmodellen. Das Unternehmen gestaltet seit über 120 Jahren den öffentlichen Raum – mit Aussenmobiliar, Beleuchtung und Haltestelleninfrastruktur. «Unsere Produkte halten lange und sind reparierfähig, damit war Nachhaltigkeit schon immer in der DNA dieser Firma», so Hollenstein. Als das Thema Kreislaufwirtschaft konkret in die Strategie integriert wurde, sah sich Burri mit diversen komplexen Themen konfrontiert. Um sich da zu orientieren, ist der Austausch mit allen Stakeholdern wichtig, damit man gemeinsam ins Handeln kommt – das geht gerne auch über Branchengrenzen hinaus, zum Beispiel bei Roundtable-Veranstaltungen oder in Regionalverbänden. Erfolg haben aber gemäss Hollenstein letztendlich drei Buchstaben: TUN. Weiter sagt er: «Wir glauben, dass das Sinn macht und deshalb auch Erfolg hat.»

 

Ausblick: Die iterative Entdeckungsreise

Die Transformation zur Kreislaufwirtschaft ist keine einmalige Aufgabe, sondern eine iterative Entdeckungsreise. In der Schweiz bieten die vielfältigen regionalen Ökosysteme – von den urbanen Zentren bis zu den Alpentälern – einzigartige Chancen, diesen Wandel voranzutreiben. Entscheidend ist, dass sich alle Akteurinnen und Akteure einbringen, vernetzen und Kompetenzen aufbauen, um Kreislaufwirtschaft umzusetzen. Unternehmen und Regionen, die diese Herausforderung annehmen, können nicht nur nachhaltiger, sondern auch resilienter und wettbewerbsfähiger werden. Es liegt an uns, diesen Weg aktiv zu gestalten.