Lebensmittelversorger, insbesondere von Frischprodukten, haben typischerweise einen sich täglich wiederholenden Takt, um ihre Produkte nach Herstellung und Verpackung zu kommissionieren und über Verteilzentren oder Plattformen zu den Detailhändlern bis in die Randregionen zu liefern.
Für viele Lebensmittelversorger sind die Lager- und Distributionskosten ein zentrales Thema, insbesondere die Verteilung von Kleinmengen- oder Nischensortimenten in die Randregionen. Trends wie laktosefreie Produkte – zum Beispiel laktosefreie Joghurts, Milch, Käse, Butter, Desserts – führen regelmässig zu einer Verbreiterung des Produkteportfolios, zu geringeren Mengen pro Produkt und zu höheren Entwicklungs- und Komplexitätskosten.
Der Preisdruck durch den lokalen Wettbewerb und europäische Anbieter erlauben es kaum, Mehrkosten in Form höherer Preise weiterzugeben. Vielmehr geht es darum, Stellhebel zur Kostensenkung zu identifizieren. Neben der op-timalen Nutzung von Gebäuden und Produktionsanlagen gilt es, Logistikinfrastrukturen sowie Transportkapazitäten bestmöglich auszulasten.
Kommt ein Lebensmittelversorger an seine eigenen Kapazitätsgrenzen, ist das Management gefordert, Kapazitäten zu mieten oder den Aufbau von zusätzlichen Produktionsanlagen und Logistikinfrastrukturen in Betracht zu ziehen. Letzteres kann meist nur mit Zeitverzug realisiert werden und verlangt erhebliche Investitionen, welche die Produkte infolge über-schaubarer Abschreibungsdauer meist verteuern.
Die Lebensmittelversorger suchen heute als übergeordnete Zielsetzung eine möglichst grosse Handlungsfreiheit, weil sich die Sortimente zunehmend schneller verändern und vermehrt Nischen mit geringen Mengen bedient werden. Die Produktlebenszyklen werden kürzer und nicht selten werden Produkte oder Teilsortimente nach kurzer Zeit wieder vom Markt genommen. In der Distribution steigt die Anzahl der Lieferstellen respektive Drop-offs und aufgrund des Bedürfnisses nach dauerhafter Verfügbarkeit erhöhen sich die Lieferfrequenzen. Diese Trends führen bei Lebensmittelversorgern zu grossen Unsicherheiten betreffend Erweiterungs- und Erneuerungsinvestitionen.
Aus diesen Erkenntnissen wird klar, dass Lagerlogistik und Distribution der Lebensmittelversorger agiler und die Kosten variabilisiert werden müssen. Investitionen sind damit auf die Kernkompetenzen (Marketing, Produktentwicklung, Produktions- und Anlagentechnik) aus-zurichten und sehr selektiv für zusätzliche Logistik- und Distributionskapazitäten einzusetzen. Ein Lebensmittelversorger für Kühlprodukte stand genau vor dieser Fragestellung. Als Ansatz zur Lösung wurde ein Joint Venture im Logistikbereich (Lager, Kommissionierung, Distributionslogistik) formuliert. Kernelement dieses Ansatzes sollte die Nutzung von mehrheitlich vorhandenen Kapazitäten eines komplementären Lebensmittelversorgers sein, damit keine relevante Wettbewerbssituation vorliegt.
- Unternehmenssituation und strategische Ausrichtung müssen für das initiative Unternehmen wie auch für den favorisierten JointVenture Partner klar sein.
- Zur Wahrung der unterschiedlichen Interessen der Joint-Venture-Partner sollte der Prozess durch einen externen Berater geführt werden. Entsprechende Erfahrung in gesamtunternehmerischen Fragestellungen sowie Fachexpertise in den Bereichen Bauinfrastruktur, Produktions und Anlagentechnik sowie Logistik und Distributionsprozessen sind kritisch für den Erfolg.
- Damit die Akzeptanz für das Vorhaben und die anschliessende Umsetzung von Beginn an sichergestellt ist, muss mit den Kernteams der beiden JointVenturePartner eng zusammengearbeitet werden.
Die zeitnahe und transparente Konkretisierung dieses Ansatzes wurde mittels externer Beratungsunterstützung sichergestellt. Die wesentlichen Schritte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Bedarf an zusätzlichen Logistik- und Distributionsleistungen definieren und quantifizieren
- Potenzielle Joint-Venture-Partner suchen, evaluieren und auswählen
- Zusammenarbeit (Verantwortlichkeiten, Verrechnungsmodus, Vertragsgrund-lagen, Leistungsvereinbarung) definieren
- Synergien in der Kooperation neutral, ehrgeizig und realistisch darstellen
- Detailprozesse inklusive IT (Systemanbindung und Datenaustausch) bestimmen
- Anpassungsbedarf bei den vorhandenen Logistikinfrastrukturen und in der Distributionslogistik eruieren
- Punktuelle Investitionen und erforderliche Einmalkosten ableiten
- Betriebskosten für beide Parteien im Joint Venture transparent modellieren
- Vertrag verhandeln und zum Abschluss bringen
- Masterplan inklusive Performance-Controlling umsetzen
Der Nutzen dieses Ansatzes hat sich in mehreren Punkten gezeigt:
- Verbesserung der Logistikperformance bei minimalen Investitionen für beide Joint-Venture-Partner
- Zugang zu zusätzlichen Lieferstellen und damit besserer Zugang zu (neuen) Endkunden
- Schnelle Umsetzung der Lösung und grösstmögliche Beibehaltung der Handlungsfreiheit bei sich verändernden Gegebenheiten