Das Metaverse, das oft als das «Gaming der nächsten Generation» oder «Zuckerbergs neustes Projekt» abgetan wird, ist nicht einfach ein technologischer Hype, sondern ein Konzept, das die nächste Evolution des heutigen Internets beschreibt. Denn wir stehen erst am Anfang eines Paradigmenwechsels, der ähnlich einschneidend sein wird wie das kommerzielle Internet.

Die Beispiele im Artikel «Hinter die Kulissen» zeigen eindrücklich, wie Schweizer Unternehmen bereits heute das Metaverse nutzen, um ihre Erreichbarkeit zu erhöhen, ihre Markenpositionierung zu stärken oder relevantes Wissen auf spielerische Art und Weise zu vermitteln und damit die Kundenbindung zu verbessern.

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Die Autorin

Isabel Steinhoff, Mitgründerin Dimenteers, Zürich.

Aber auch jenseits der Kundenschnittstelle ermöglicht das Metaverse bereits deutliche Mehrwerte für Firmen, die es verdienen, genauer betrachtet zu werden. Denn neben dem «B2C»-Metaverse, das sich an die individuellen End-User richtet und von Trends und Netzwerkeffekten auf den jeweiligen Plattformen abhängig ist, gibt es noch die Ausprägungen des «Enterprise Metaverse» und des «Industrial Metaverse».

  • Unternehmens-Metaverse: Dieser Bereich fokussiert auf immersive Geschäftsanwendungen, das heisst Plattformen für Produktivität, virtuelle Zusammenarbeit und spezialisierte Arbeitsumgebungen. Während die Einführung und die Akzeptanz stark vom wahrgenommenen Mehrwert und technologischen Innovationen abhängen, finden diese Plattformen primär Anwendung in Bereichen wie Vertrieb, Kollaboration, Mitarbeitertraining, Rekrutierung und Onboarding.
  • Industrielles Metaverse: Hier steht die Optimierung von Betriebsprozessen und industrieller Automatisierung im Vordergrund. Das industrielle Metaverse ermöglicht die Simulation komplexer Systeme, um reale Probleme effektiv zu adressieren und zu lösen. Beispiele für Anwendungen sind erweiterte Realität im Feld («Field XR»), vorausschauende Wartung («Predictive Maintenance») und die Erstellung digitaler Duplikate realer Systeme oder Produkte, in der Industrie bekannt als «digitale Zwillinge».

In all diesen Gebieten können Unternehmen bereits heute erste Schritte «im Metaverse» gehen und wichtige Erfahrungen für die Zukunft sammeln. Entscheidend dabei ist, stets mit einem relevanten Use Case zu beginnen und Erfolgskennzahlen festzulegen.

 

Besser verkaufen

Man denke konkret an die Maschinenindustrie und Unternehmen wie Caterpillar. Deren Produkte sind in der Regel gross, schwer, teuer, komplex und erklärungsbedürftig. Entsprechend teuer sind Messestände für deren Vertrieb – von den Aufwendungen für den Transport ganz zu schweigen. Virtuelle Showrooms helfen dabei, komplexe Produkte und Services visuell und spielerisch zu präsentieren, um damit einen neuen Kanal zum Kunden zu öffnen oder nach innen zu kommunizieren. Oder man ergänzt den klassischen Messestand mit einem Augmented-Reality-Portal, das es erlaubt, in zusätzliche virtuelle Welten einzutauchen, die beispielweise das Gerät im Einsatz zeigen oder technische Details erläutern. Die Vorteile liegen auf der Hand: Kosteneinsparungen, reduzierter ökologischer Fussabdruck, eindrückliche Kommunikation, welche die Kundenbindung erhöht.

 

Besser lernen

Ein anderer Bereich ist das Training von Mitarbeitenden zum Beispiel im Bereich Sicherheit. Nestlé lancierte dazu einen einfachen virtuellen Zwilling der Nescafé-Fabrik in Girona und kreierte verschiedene Schulungssituationen in virtueller Realität wie 360-Grad-Rundgänge, Sicherheitsübungen, Tests zu Hygienevorschriften und dergleichen. Diese Schulungen sollen Unfälle reduzieren und das Bewusstsein für richtiges Verhalten beispielsweise in Gefahrensituationen schärfen.

BMW simulierte sechs Monate lang die Produktion in einer virtuellen Fabrik, bevor sie gebaut wurde.

 

Neben den gesenkten Risiken, die direkt mit Kosteneinsparungen einhergehen, schafft Nestlé auch eine effektivere Lernplattform für die Mitarbeitenden. Lernen in Virtual Reality ist nämlich gemäss Studien bis zu dreimal schneller und viermal effektiver (sprich: Die Lernenden können sich den Stoff besser merken und fühlen sich in der Anwendung sicherer). Ausserdem können Wartungs- und Serviceprozesse mittels Virtual oder Augmented Reality standardisiert und verbessert werden, wenn solche Lösungen dann firmenübergreifend ausgerollt werden. Durch solche Ansätze können auch Personalengpässe überbrückt werden, da die entsprechenden Prozesse auch von weniger spezialisierten Mitarbeitenden durchgeführt werden können.

 

Besser planen und bauen

Wer ganz gross denkt, dem dient BMW als Beispiel. Der deutsche Automobilkonzern simulierte sechs Monate lang die Produktion in einer virtuellen Fabrik, bevor sie gebaut wurde. Die Ergebnisse sprechen für sich: Teile des Fabrikdesigns wurden angepasst, sodass die finale Produktionsstätte nun mit einer 30 Prozent besseren Produktionsplanung sowie 10 Prozent tieferen Kosten aufwarten kann. Und ein spannender Effekt jenseits der Produktionsstrasse: 80 Prozent der Meetings seien nun deutlich kürzer oder entfielen gar ganz, da die notwendigen Informationen einfach zugänglich seien, erklärten die Bayern.

Diese Beispiele illustrieren das Potenzial, das bereits für Unternehmen jenseits der Kundenschnittstelle schlummert. Dazu sei abschliessend noch erwähnt, dass es bereits budgetschonende Ansätze gibt, die auch kleineren Unternehmen den Zugang zu innovativen Lösungen ermöglichen.