Streit zwischen den Nachfolgern, Verhandlungen über eine mögliche Rettung durch die Nachfolgerinnen, Zerwürfnisse zwischen Brüdern, Adoptivkinder verklagen die Vorgänger – oder Zoff im Unternehmen, und der Chef tritt ab: Wer die einschlägigen News-Meldungen verfolgt, braucht keine Wirtschaftskrimis mehr. Das «richtige» Leben hält fast alles bereit – auch bezüglich der rechtlichen Fallstricke rund um die Nachfolge, die immer wieder zu gerichtlichen und aussergerichtlichen Auseinandersetzungen führen.
Vorsicht vor dem «billigen» Verkauf
«Das Erbrecht erschwert heute oft die Übergabe von Familienunternehmen, da viele Eigentümerinnen und Eigentümer den Hauptteil ihrer Vermögenswerte und ihres dereinstigen Nachlasses im Unternehmen «platziert» haben beziehungsweise der Nachlass zu einem Grossteil aus dem Unternehmen selbst oder aus Unternehmensanteilen besteht», erklärt Michael Cadisch, Partner bei EY Schweiz. Das könne aus zwei Gründen problematisch sein: Erstens erschwere das einem übernahmewilligen Erben oder einer Erbin, der oder die im Unternehmen tätig ist, die Übernahme respektive die Auszahlung der Miterbinnen, die aufgrund des schweizerischen Pflichtteilsrechts ihren finanziellen Mindestanspruch am Nachlass sofort befriedigt haben wollen. Zweitens sei es im Hinblick auf einen finanziell unbeschwerten Lebensabend sinnvoll, dass sich der Verkäufer oder die Verkäuferin durch langfristige Einkommens- und Vermögensplanung Gedanken mache, wie die Zeit nach der Pensionierung gestaltet werden kann.
Oft besteht laut Cadisch das Bedürfnis des zukünftigen Erblassers, seinen im Unternehmen tätigen Nachkommen im Hinblick auf die spätere Übernahme einen Teil des Unternehmens zu Lebzeiten zu übertragen. «Es stellen sich zu diesem Zeitpunkt Fragen der Bewertung des Unternehmens und des Gleichbehandlungsgebots und -anspruchs von Erben und Erbinnen im Rahmen des Pflichtteilsrechts», führt Cadisch weiter aus. «Werden Anteile am Unternehmen zu ‹billig› verkauft, kann dies eine gemischte Schenkung bedeuten, die unter Umständen später der erbrechtlichen Ausgleichung unterliegt.» Cadisch weist darauf hin, dass die geplante Revision des Unternehmenserbrechts für Familienunternehmungen diesbezüglich einige Erleichterungen bei der Übergabe vorsieht, indem zum Beispiel gewisse Zuteilungs-, Bewertungs- und Abgeltungsfragen gesetzlich geregelt werden sollen. «Allerdings handelt es sich hierbei noch nicht um geltendes Recht», so der Experte weiter.
«Das Erbrecht erschwert oft die Übergabe von Familienunternehmen.» Michael Cadisch, Partner von EY Schweiz
Klare Trennung bringt Vorteile
In planerischer Hinsicht sei es oft ein Wunsch der Parteien, dass Unternehmen und Privatvermögen klar getrennt werden. «Dies kann zum Beispiel durch den Abschluss eines Vertrags auf (partieller) Gütertrennung erreicht werden, indem man die Anteile am Unternehmen vom ehelichen Vermögen ausschliesst, damit dieses beispielsweise im Fall von Trennung, Scheidung oder Tod keinen nachhaltigen Schaden nimmt», sagt Cadisch.
Auch rund um einen Kauf- respektive den Verkaufsvertrag einer Firma stellen sich Fragen. «Generell ist jedes Unternehmen, jede Unternehmerin und jeder Unternehmer einzigartig», betont Cadisch. Das heisst, dass jede Firma nebst ihren Vermögenswerten vor allem auch von ihren Mitarbeitenden und der gelebten Kultur profitiert. «Das ist ein kritischer Faktor insbesondere bei Familienunternehmen, in welchen Werte unter Umständen über mehrere Generationen gelebt und weitergegeben werden», so Cadisch. «Daraus resultiert teilweise auch die Differenz zwischen den Preisvorstellungen der Verkäufer und Käuferinnen, die in nicht wenigen Fällen zu einem Abbruch der Verkaufsverhandlungen führt.»
Kein Spielraum für spätere Interpretationen
Der Kaufvertrag stellt gemäss Cadisch häufig den letzten Schritt detaillierter Verhandlungen zwischen den Parteien und unter Einbezug weiterer Personen wie Familie, Verwaltungsrat, Management, Berater oder Banken dar. Der Vertrag sollte schriftlich abgefasst sein, damit kein Spielraum für Interpretationen bleibt. Er enthält laut Cadisch auch die Ergebnisse der rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Due-Diligence-Prüfung in kondensierter Form und sollte mindestens die Höhe des Kaufpreises und die Übertragung der Aktien oder Gesellschaftsanteile klar definieren. «Da der Vertrag die Parteien häufig über einen längeren Zeitraum bindet, etwa bei einem sogenannten Earn-out, welcher auch als Kauf in Tranchen verstanden werden kann, ist ein spezielles Augenmerk auf geleistete Zusicherungen und Gewährleistungen des Verkäufers zu achten», sagt Cadisch. «Diese sind preisrelevant und können Haftungsrisiken beinhalten, falls sie nicht sorgfältig abgeklärt wurden.»