Abgesehen von der KI-Chip-Technologie gibt es bei Nvidia einen weiteren Rekordwert: Jensen Huang ist Mitgründer und seit 31 Jahren CEO. Im Technologiebereich gibt es noch weitere langjährige Firmenlenker. Mark Zuckerberg etwa, CEO und Mitgründer von Facebook/Meta, ist seit zwanzig Jahren dabei. Umgekehrt haben etliche bekannte Namen diese Rolle längst abgegeben. Microsoft-Gründer Bill Gates gab im Jahr 2000 den CEO-Job weiter. Zwei Jahre zuvor hatten Larry Page und Sergey Brin Google gegründet – und sich 2015 von ihren Chefposten verabschiedet. Nicht alle CEOs eignen sich für die unterschiedlichen Phasen einer Startup-Entwicklung», resümiert Ben Horowitz, Unternehmer, Firmengründer und Autor des in Startup-Kreisen legendären Handbuchs «The Hard Thing about Hard Things».
Es gibt eine Reihe guter Gründe, Firmenchefs auszuwechseln und eine Nachfolgerin beziehungsweise einen Nachfolger zu installieren. Der Wechsel der Startphase in die Wachstumsphase gilt als heikler Moment – laut Horowitz kann es vorkommen, dass man jemanden zu früh oder zu spät für die Wachstumsphase ausgesucht hat. Oder man hat eine Person eher aufgrund eines Mangels an Schwächen als wegen ihrer Stärken berücksichtigt. Oder die Person hatte die «falsche Art der Ambitionen», wie es Horowitz umschreibt, und dachte demnach mehr an das eigene Fortkommen als an das Gedeihen des Startups.
«Ein Startup-Founder muss viel Leidenschaft, Durchhaltewillen, Frustrationstoleranz, Unternehmergeist und Leadership mitbringen», sagt Ralph Mogicato, Firmengründer, Early-Stage-Investor und Berater von Startups. «Grossartige Visionen und hohe Strategiekenntnisse werden überbewertet.» Laut Mogicato sind Einzel-Founder viel weniger effektiv und erfolgreich als ein Founder-Team mit zwei bis vier Personen.
Respekt an alle Founder
Von der Gründung des Startups bis zum Exit könne es locker fünf bis sieben Jahre dauern, wenn nicht länger. «Es gibt viel Höhen und meistens noch mehr Tiefen», so Mogicato. «Da braucht man einen langen Atem. Ich und alle anderen Early-Stage-Investoren haben einen grossen Respekt vor Personen, die dieses Wagnis eingehen.» Dafür würden die Founder aber auch mit einer unglaublichen Breite und Tiefe von Erfahrungen in den Bereichen Sales, Marketing, HR und Firmenführung entschädigt.
In der Regel wollen Gründer die Firma bis zum erfolgreichen Exit führen. «Die meisten Founder haben aber noch nie eine Firma aufgebaut, geschweige denn eine stark wachsende Firma gemanagt», so Mogicato. «Daher ist es nachvollziehbar, dass die Founder irgendwann das Schiff verlassen oder ins zweite Glied zurücktreten.» In der Regel erfolgt dies, wenn die Firma die Marke mit fünfzig Mitarbeitenden überschreitet und sich international aufstellen muss. Mogicato: «Zu Beginn ist bei einer Firma Content wichtiger als Management. Man spricht hier vom Scientist-Manager-Dilemma.»
Zu Beginn ist bei einer Firma Content wichtiger als Management.
Es gibt laut Mogicato kein Alterslimit für erfolgreiche Founder. «Mehr Erfahrung hilft, kann aber auch hinderlich sein», beobachtet er. Zu Beginn sollte oder muss einer der Founder die CEO-Rolle übernehmen. «Das ist meistens ein Primus inter Pares», sagt Mogicato. Wachse die Firma schnell und erfolgreich, helfe Seniorität und Erfahrung, um sich länger in der CEO-Rolle zu halten. «Anders gesagt: Founder ab Uni/ETH werden später eher von einem externen erfahreneren Manager ersetzt.»
Streit unter Gründern als Anfang vom Ende
«Ich würde nie in ein Startup investieren, das von Beginn an auf einen externen, erfahrenen CEO setzt», hält Mogicato fest. Denn das (Founder-)Team sei einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine Success-Story. Idealerweise ist das Team noch mit diversen Skills ausgerüstet: Technologie kombiniert mit Business und Sales.
«Dass diese Founder irgendwann an ihr Limit kommen, ist normal», so Mogicato. «Es kann auch sein, dass die Investorinnen einen solchen Wechsel einleiten. Diese Wechsel sind immer heikel, führen zu sehr viel Unruhe und verletzten Egos.» Daher seien in der Regel während der fünf bis sieben Jahre bis zum Exit maximal ein bis zwei Wechsel nötig, um das Startup weiterzubringen. «Mehr Unruhe ist nicht gut», so Mogicato. «‹Failed Startups› haben übrigens meist Streitigkeiten unter den Foundern als Ursache, und von einem solchen Streit erholt sich das Unternehmen selten, stagniert – oder es ist der Anfang vom Ende.»