«Lädelisterben in Wasen», hiess es kürzlich in der Gemeinde Wasen im Emmental. «Kirchberg – wieder ein Laden weg, weil das Personal fehlt», titelte eine Zeitung kurz zuvor. Und auch der Autobusbetrieb Zürich–Zollikon–Küsnacht schliesst, weil man innerhalb der Familien keinen geeigneten Nachfolger gefunden hat. Das Problem ist nicht ganz neu. «Fehlende Nachfolge lässt Zehntausende KMU sterben», titelte bereits 2016 die Handelszeitung.

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Bereits 2015 ermittelte Dun & Bradstreet im Detailhandel einen Anteil von 16,8 Prozent von Unternehmen mit offener Nachfolge. Vergangenes Jahr lag dieser Anteil bei 17,9 Prozent. «Die Nachfolgeregelung ist ein zentrales Thema für Schweizer KMU», weiss Gianluca Scheidegger, Trendforscher am Gottlieb Duttweiler Institute (GDI) in Rüschlikon.

 

Viel Wandel im Handel

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Unternehmen mit offener Nachfolge deutlich gestiegen – von 71’447 im Jahr 2015 auf 101’427 im Jahr 2024. «Auch im Einzelhandel stellt die Nachfolgeregelung eine grosse Herausforderung dar», sagt Scheidegger. Der Detailhandel gehört damit zu den am stärksten betroffenen Branchen. In absoluten Zahlen ist er aktuell sogar die meistbetroffene Branche nach Unternehmens- und Steuerberatungen.

Im Detailhandel handle es sich oft um Familienbetriebe oder Einzelfirmen mit wenigen Mitarbeitenden – rund 90 Prozent der Unternehmen haben weniger als zehn Beschäftigte. «Die Nachfolge innerhalb der Familie ist längst nicht mehr selbstverständlich und ist in den letzten zwei Jahrzehnten stark zurückgegangen», so Scheidegger weiter. «Eine externe Nachfolgelösung gestaltet sich ebenfalls schwierig: Strukturelle Herausforderungen wie geringe Margen, der starke Wettbewerb durch Grossanbieter und E-Commerce sowie hohe Mietkosten in Innenstädten mindern meist die Attraktivität einer Übernahme.»

«Die Herausforderung liegt darin, dass eine Firma gleichzeitig auf mehreren Hochzeiten gut und rasch tanzen können muss», beschreibt Kaspar Engeli, Direktor des Verbandes Handel Schweiz, das Gesamtbild. «Kommt hinzu, die Kundschaft wird heterogener, unberechenbarer und will zunehmend individuell angesprochen werden.» Stichworte sind individualisiertes Marketing, Tailor-made Produkte und Dienstleistungen. Der Druck komme von unterschiedlichen Seiten. «Die Veränderungen haben eine hohe Kadenz, die Technologie verändert sich rasant», beobachtet Engeli. «Gleichzeitig sind die Anforderungen an den Handel in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit, Rückverfolgbarkeit oder Energieeffizienz hoch. Wer das nötige Tempo nicht halten kann, droht abgehängt zu werden.» 

 

City-Managerin gegen Lädelisterben

«Aktuell stehen insbesondere Betriebe mit gleichbleibendem Sortiment vor Herausforderungen», beobachtet Corinne Caracuta, die sich als City-Managerin von Rheinfelden dafür einsetzt, die Stadt für Handel und Anwohner attraktiver zu machen. Der stationäre Detailhandel, der sich nur langsam erneuert, habe es definitiv schwerer. «Erfolgreicher sind Unternehmen, die eine hohe Kadenz an neuen Angeboten, Kollektionen oder Themen haben», so Caracuta weiter. «Dazu zählen Concept Stores, trendbewusste Modegeschäfte und Erlebniskonzepte.» Ebenso würden Betriebe mit einer starken Online-Präsenz profitieren. 

Fehlende Nachfolge und fehlende jüngere Talente sieht Caracuta bei traditionellen Handwerksbetrieben wie beispielsweise einer Bäckerei, Metzgerei oder einem Uhren- und Schmuckbetrieb. Als City-Managerin steuert sie hier aktiv dagegen. «Wir machen das auf mehreren Ebenen», erklärt Caracuta. Wie beispielsweise mit einer aktiven Erhebung der Bedürfnisse im direkten Dialog mit den lokalen Unternehmen und Eigentümern von Liegenschaften. Dann mit einem Leerstandsmanagement und dem proaktiven Ansprechen potenzieller Marken oder Betriebe, die zur Stadt passen und den bereits bestehenden Angebotsmix ergänzen. «Zudem erfassen wir die Daten und Kennzahlen von Passantenfrequenzen und schaffen so Fakten als Grundlagen», erklärt Caracuta weiter. Hinzu komme eine Verbindung der Marketingstrategien mit dem Stadtmarketing und dem Tourismus. Hierzu zählen gemeinsame Initiativen zur Steigerung der Sichtbarkeit durch saisonale Kampagnen, wie «Adventfunkeln», «Frühlingserwachen», «Usestuehlete» oder den Herbstmarkt, und guter Content in Form von Blogs und Social-Media-Posts. «Und schliesslich steigern wir die digitale Kompetenz mit Schulungen für lokale Betriebe zur Optimierung ihrer Online-Sichtbarkeit», sagt Corinne Caracuta.

Auch für eine optimale Nachfolge hat die City-Managerin einige Hinweise zur Hand. «Wenn wir es schaffen, die nachfolgenden Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer wieder für diese Individualität, die Freude am persönlichen Kontakt in Kombination mit den vielen digitalen Möglichkeiten zu begeistern, dann ist meiner Meinung nach ein regionales Zentrum sogar attraktiver für einen Shopping-Ausflug als eine Grossstadt.»