Für viele Menschen auf der Welt haben die letzten Jahre einen dramatischen Anstieg der Lebensmittelpreise mit sich gebracht. Zurückzuführen ist dies auf die sich verstärkenden Auswirkungen des Klimawandels, auf Handelsunterbrechungen und die steigenden Energiepreise infolge der weltweiten politischen Konflikte.
Die Autorin
Olivia Watson, Senior Thematic Investment Analyst, Responsible Investment, Columbia Threadneedle Investments
Leider besteht die Gefahr, dass sich der seit 2019 zu beobachtende Aufwärtstrend bei der weltweiten Ernährungsunsicherheit fortsetzt. Darüber hinaus erhöht sich das Risiko sozialer und politischer Unruhen, insbesondere in den Ländern, die am stärksten von Lebensmittel- und Düngemittelimporten abhängig sind, während die Ungleichheit in den Industrieländern zunimmt. Die physischen Auswirkungen des Klimawandels, die Volatilität der Energiepreise im Zuge der Energiewende, zunehmender Wasserstress und der Rückgang der biologischen Vielfalt werden den Druck auf das Ernährungssystem in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter verstärken.
Nachhaltigkeit im Fokus
Der Übergang zu einem nachhaltigeren Ernährungssystem wird weitreichend und komplex sein. Um besser zu verstehen, wie sich die Veränderungen in Richtung eines nachhaltigen Ernährungssystems auf Investments auswirken kann, wurden fünf miteinander verwobene Querschnittsthemen identifiziert:
- Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Klima- und Wasserstress
- Neue Wege zur Verbesserung der Produktivität
- Dekarbonisierung der Nahrungsmittelproduktion
- Effizientere Eiweissproduktion
- Verbesserter Zugang zu erschwinglichen Lebensmitteln und gesunder Ernährung
Letztlich muss jedes dieser fünf Themen gleichzeitig und in einer Weise verfolgt werden, dass sie sich gegenseitig ergänzen und verstärken. Jedes Thema hängt von politischen Massnahmen und erweiterten Technologien ab, was Risiken und Chancen für den Lebensmittelsektor birgt.
Lebensmittelverschwendung im Visier
Beim Thema «Neue Wege zur Verbesserung der Produktivität» steht die Lebensmittelverschwendung im Mittelpunkt. Da schätzungsweise ein Drittel der Lebensmittel in der gesamten Wertschöpfungskette verloren geht oder verschwendet wird, ist die Verringerung von Lebensmittelverschwendung einer der wichtigsten Treiber, um die Produktivität im Ernährungssystem zu erhöhen. Durch diese Verringerung liessen zudem etwa 8 bis 10 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen einsparen und die Umweltbelastung reduzieren, weil weniger Wasser, Land und landwirtschaftliche Betriebsmittel benötigt werden, um die Nahrungsmittel zu produzieren, die derzeit verschwendet werden. Darüber hinaus ergeben sich aus einer verbesserten Effizienz und der Verfügbarkeit von Lebensmitteln auch soziale Vorteile.
Die Verschwendung von Lebensmitteln ist ein bekanntes Problem, das jedoch aufgrund seiner Komplexität, der Lebensmittelpreise und falsch ausgerichteter Anreize im Allgemeinen keine hohe Priorität geniesst. Angesichts der weltweit gestiegenen Preise für Nahrungsmittel und des wachsenden Bewusstseins für Ernährungsunsicherheit glauben wir jedoch, dass sich dies ändern wird, wenn für Konsumentinnen, Unternehmen und Regierungen mehr Anreize geschaffen werden, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.
Transparenz erhöhen
Im Zuge dieser Entwicklung müssen Unternehmen zunehmend Rechenschaft über die Verschwendung von Nahrungsmitteln in ihren Betrieben und Lieferketten ablegen und Massnahmen zur Verminderung der Verschwendung ergreifen. Dies muss zu einem integralen Bestandteil des Weges der Unternehmen werden, um sowohl die Netto-null-Ziele als auch die Biodiversitätsziele zu erreichen.
Trotz der Herausforderungen, die die Reduzierung von Lebensmittelabfällen mit sich bringt, bietet sie auch Chancen. Auf jeder Stufe der Wertschöpfung kann die Reduzierung Märkte für neue Technologien, Produkte und Geschäftsmodelle schaffen. Gleichzeitig hilft es Unternehmen, Kunden zu binden, Innovation in Lieferketten voranzubringen und die Kosten zu senken.