Es spricht zwar vieles dafür, den Anteil pflanzlicher Lebensmittel in unserer Ernährung zu erhöhen, die Lösung des Emissionsproblems in der landwirtschaftlichen Tierhaltung steht allerdings oben auf der Liste. Denn das Ernährungssystem ist für mehr als einen Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, wobei die Rindfleisch- und Milchproduktion den grössten Anteil an den weltweiten landwirtschaftlichen Emissionen ausmacht.
Pflanzen effizienter als Fleisch
Etwa ein Viertel der eisfreien Fläche der Erde wird als Weideland für Vieh genutzt. Pflanzliches Fleisch benötigt Studien zufolge 47 bis 99 Prozent weniger Land als konventionelles Fleisch (gemessen als Quadratmeter pro Jahr an Land pro Kilogramm Fleisch). Was die Emissionen betrifft, so verursacht pflanzliches Fleisch 30 bis 90 Prozent weniger Treibhausgase als konventionelles Fleisch (CO₂-Ausstoss in Kilogramm pro Kilogramm Fleisch).
Der Autor
Dimitry Dayen, Senior Analyst bei Clearbridge Investments, New York
Auch wenn man die Skalierbarkeit dieser Effizienzgewinne bei einer Umstellung von konventionellem auf pflanzlich hergestelltes Fleisch nicht in den Vordergrund stellt, hat pflanzliches Fleisch einen klaren Effizienzvorteil. Schätzungen zufolge stammen mehr als 50 Prozent der weltweiten ernährungsbedingten Emissionen aus tierischen Erzeugnissen, die jedoch nur knapp 20 Prozent der verzehrten Kalorien liefern. In gewisser Weise sind pflanzliche Lebensmittel im Vergleich mit tierischen Lebensmitteln das, was der Elektroantrieb im Vergleich zum Verbrennungsmotor ist: eine effizientere Energiequelle.
Die Umstellung des Fleischkonsums von Rind- auf Hühnerfleisch hat dazu geführt, dass weniger Flächen für die Fleischproduktion genutzt werden. Von 1961 bis 2016 hat sich die weltweite Weidefläche zwar um eine Fläche von fast der Grösse Alaskas erweitert, im Jahr 2000 aber erreichte die Flächennutzung ihren Höhepunkt und ging dann aufgrund der Umstellung auf die Produktion und den Verzehr von Hühnerfleisch und wegen des verstärkten Einsatzes industrieller Landwirtschaftsmethoden wieder zurück.
Hafer- statt Mandelmilch
Trotz der grossen Aufmerksamkeit, die pflanzliches Fleisch seit dem Börsengang von Beyond Meat im Mai 2019 geniesst, haben pflanzliche Milchprodukte den grössten Sprung in Bezug auf die Entwicklung der Kategorie gemacht. Der ökologische Impact eines Produkts wird jedoch von vielen Faktoren bestimmt, und Emissionen sind nicht der einzige Faktor, den es zu berücksichtigen gilt.
Die Gesamtauswirkungen auf die Umwelt können je nach Pflanzensubstrat sehr unterschiedlich sein. Mandelmilch beispielsweise hat bei weitem geringere direkte Emissionen als Kuhmilch. Eine Studie schätzt die Treibhausgasemissionen von Kuhmilch auf das Dreifache der Emissionen von Mandelmilch. Mandeln verursachen zwar nicht so viele Emissionen wie Kühe, jedoch ist der Wasserverbrauch von Mandeln sehr gross: Für den Wachstumszyklus einer einzigen Mandel werden etwa elf Liter Wasser benötigt. Ausserdem ist der Wasserbedarf für die Mandelmilchproduktion etwa neunmal so hoch wie derjenige für die Kuhmilcherzeugung.
Ferner stammen rund 80 Prozent der weltweiten Mandelernte aus Kalifornien, einem wasserarmen Bundesstaat, in dem extreme Dürreperioden herrschen. Die Verknappung der Wasserressourcen kann ebenfalls negative Auswirkungen auf das Klima haben, da Wasserknappheit zum Klimawandel beiträgt. Weltweit führen Dürren zu einer geringeren Stromerzeugung aus Wasserkraftwerken. Dies erhöht wiederum die Abhängigkeit von Kohle- und Erdgaskraftwerken und verschärft die Emissionsprobleme. Die hohen Preise für Flüssigerdgas im 2021 waren zum Beispiel teils auf die Dürre in Brasilien zurückzuführen, wo die LNG-Importe in der ersten Jahreshälfte um 60 Prozent zunahmen.
Hafermilch hingegen löst einige dieser Probleme: Sie hat ähnliche Gesamtemissionen wie Mandelmilch – beide reduzieren die Emissionen um etwa 70 Prozent im Vergleich zu Kuhmilch –, aber Hafer ist viel einfacher anzubauen als Mandeln, kann mehrmals im Jahr geerntet werden und wächst praktisch überall und unter verschiedensten Bedingungen. Vor allem aber kann Hafer in wasserarmen Regionen angebaut werden.
Foodtechnologien mit viel Potenzial
Einige dieser Entwicklungen mögen im Supermarkt sichtbar sein, andere nicht, aber sie alle sind mitentscheidend dafür, was auf unsere Teller kommt. Für Anlegerinnen und Anleger sind umfassende Emissionsreduzierungen in der Landwirtschaft durch die Entwicklung von Technologien noch weit davon entfernt, rentabel zu sein. Pflanzliche Lebensmittelkategorien haben aber Wachstumspotenzial und werden in vielen Fällen von grossen Konsumgüterherstellern gefördert.