Lange Zeit hat Apple sich gegen die Umstellung des hauseigenen Ladekabel fürs iPhone auf den Standard USB-C gewehrt. Doch nun ist es so weit. Dabei hätte der iPhone-Konzern den von der EU vorgeschriebenen Umstieg noch um ein weiteres Jahr herauszögern können.
Apple nimmt Abschied von seinem hauseigenen Ladekabel-Format Lightning und wechselt mit dem neuen iPhone 15 zum Standard USB-C. Bei der Einführung vor elf Jahren war Lightning ein grosser Fortschritt, weil Anwender nicht mehr darauf achten mussten, wie herum man den Stecker einführt. Doch zuletzt entwickelte sich Lightning zu einem politischen Zankapfel.
Verhinderung von Elektroschrott
Im September 2021 machte die EU nach langer und kontroverser Debatte USB-C zum einheitlichen Ladestandard. Langfristig könne dadurch Elektroschrott verhindert werden, weil nur noch ein Kabel für alle Geräte benötigt werde - vom Laptop über Tablet-Computer und Smartphone bis hin zu Kopfhörern und anderen Kleingeräten.
Apple hatte zuvor vergeblich versucht, die EU von ihrem Vorhaben abzubringen. Der iPhone-Hersteller argumentierte, die Politik sollte keine kleinteiligen Vorgaben machen. Der Konzern verwies auf einen ersten Anlauf der EU, den technisch unterlegenen Micro-USB-Anschluss zum Standard zu erheben. Ausserdem befürchtete Apple Ärger mit der eigenen Kundschaft, die ihre vorhandenen Lightning-Kabel und anderes Zubehör dann nicht mehr mit neuen Geräten verwenden könnte.
Kaum auf Veränderung hingewiesen
Bei der eineinhalbstündigen Präsentation der neuen iPhone-Generation am Dienstag auf dem Firmen-Campus in Cupertino nahm sich die für iPhone-Vermarktung zuständige Managerin Kaiann Drance keine zwei Minuten Zeit, um über die fürs Apple-Universum weitreichende Änderung zu sprechen. Sie verwies darauf, dass bereits seit geraumer Zeit MacBook-Laptops und iPad-Tablets mit USB-C geladen werden können. Auch könne man damit Daten synchronisieren und Zubehör anschliessen. Kein Wort zu den Vorgaben der EU, die aber auch erst in einem Jahr gegriffen hätten.
Hinter den Kulissen hiess es im Apple Park jedoch, es sei richtig gewesen, sich vor Jahren gegen den fummeligen Micro-USB-Standard zu Wehr zu setzen. Inzwischen sei die Zeit aber für einen Wechsel reif. Ob Apple wie zuvor beim Lightning-Kabel auch geeignete USB-C-Kabel in seinem «Made for iPhone»-Programm (MFI) kostenpflichtig zertifizieren wird, steht noch nicht fest.
Neuerungen beim iPhone 15 Pro
Blendet man das Thema USB-C aus, lockte beim Apple-Event vor allem das iPhone 15 Pro mit Neuerungen. Es bekommt unter anderem ein Gehäuse aus Titan sowie einen neuen Chip mit stark verbesserter Grafik-Leistung. Die teureren Pro-Modelle attraktiver zu machen ist ein probates Mittel, um in einem schrumpfenden Smartphone-Markt die Umsätze hochzuhalten.
Das grösste und teuerste iPhone – Pro Max – bekommt eine weitere Innovation: fünffachen optischen Zoom. Wenige Monate vor dem Start von Apples VR-Brille wird die Kamera der Pro-Modelle auch 3D-Aufnahmen machen können, in die man dann mit dem Headset eintauchen kann. Apple hofft, dass die Inhalte, die mit dem iPhone 15 Pro Max erzeugt werden, den Marktstart der Computer-Brille im kommenden Jahr erleichtern.
Im neuen Standard-Modell kommen unterdessen nun die Innovationen der Pro-Version aus dem Vorjahr an. So bekommt das iPhone 15 den Bild-Sensor mit 48 Megapixel für detailreichere Fotos und den Bereich zur dynamischen Anzeige aktueller Informationen.
Preis teilweise gesunken
Für etliche Käuferinnen und Käufer ist aber der Preis ein gewichtiges Argument. Und hier konnte Apple zumindest für den Euro-Raum gute Nachrichten verkünden. Nachdem Apple vor einem Jahr angesichts des damals schwachen Euro-Kurses die Preise in Europa zum Teil deutlich angehoben hatte, gibt es nun eine Gegenbewegung. So kostet das günstigste iPhone 15 nun 949 Euro – 50 Euro weniger als beim 14er. Das Pro-Einstiegsmodell wird mit 1199 Euro nun 100 Euro günstiger, der Preis des grossen Pro Max blieb aber unverändert bei 1449 Euro.
In der Schweiz kostest das Iphone 15 849 Franken, während das Iphone 15 Pro bei 1079 Franken liegt. Die teuerste Variante, das 15 Pro Max, kostet 1299 Franken.
Die Preisgestaltung hilft Apple, die Rückgänge im Smartphone-Markt auszugleichen. Zuletzt konnte auch Apple sich nicht mehr gegen den allgemeinen Abschwung stemmen: Laut der Analysefirma IDC wurden im zweiten Quartal gut sechs Prozent weniger iPhones abgesetzt als ein Jahr zuvor. Der Umsatz sank aber nur um rund 2,4 Prozent - Apple gelingt es also, teurere Modelle zu verkaufen. Das iPhone ist Apples wichtigstes Produkt und bringt mehr als Hälfte der Erlöse ein.
Neue Bedienung der Apple Watch
Die Computer-Uhr Apple Watch bekommt in der neuen Version unter anderem einen schnelleren Chip und kann nun Anfragen an die Sprachassistentin Siri direkt auf dem Gerät verarbeiten. Das Display kann doppelt so hell sein wie beim Vorgängermodell.
Neu ist, dass man Funktionen der Uhr auslösen kann, indem man Daumen und Zeigefinger zwei Mal aneinander tippt. Das soll helfen, die Uhr zu bedienen, wenn die andere Hand nicht frei ist. Zum Beispiel kann man damit einen Anruf annehmen oder beenden. Die Uhr erkennt die Art der Bewegung mit Hilfe ihrer Sensoren und maschinellen Lernens.
Einen grossen Teil der Präsentation widmete Apple Umweltthemen. So verkündete die zuständige Top-Managerin Lisa Jackson, dass die neuen Apple-Uhren komplett CO2-neutral sind. Ausserdem wird der Konzern keine neuen Produkte aus Leder mehr einführen. Selbst künftige Armbänder des Luxus-Konzerns Hermes bestehen aus Stoff. Beim iPhone 15 wird das Gehäuse zu 75 Prozent aus Recycling-Aluminium gefertigt. Beim Pro-Modell besteht das Chassis im Inneren nur aus recyceltem Aluminium. Auch das Kobalt in Batterien kommt aus dem Recycling.
(sda/mdl)