Die Migros sucht mal wieder eine Chefin oder einen Chef, nachdem Fabrice Zumbrunnen gestern Abend seinen Abschied per kommendem Frühling angekündigt hat. Zumbrunnens Self-Checkout ist im Kern eine Flucht. Eine Flucht vor dem unmöglichen Job, ein gestaltungswilliger Migros-Chef zu sein.
Denn das verhindern die verkrusteten Migros-Strukturen. Und das macht die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger vielleicht nicht gerade zu einem Himmelfahrtskommando, aber zu einer Beinah-Mission-Impossible.
Natürlich kursieren mit Jörg Blunschi (Migros Zürich) oder Matthias Wunderlin (Marketingchef) bereits Namen, die den Job machen könnten und vielleicht machen wollen. Aber fähiges Personal ist nicht das Problem der Migros. Ihr Problem ist, dass bei ihr die Führungskrise systemimmanent ist.
Die Migros hat einen Verwaltungsrat, den man als Governance-Albtraum bezeichnen muss.
Erstens hat die Migros einen Verwaltungsrat, den man als Governance-Albtraum bezeichnen muss. Interne dominieren, der Chef selbst sitzt im Gremium, die Mitarbeitenden ebenfalls und die wenigen Externen sind zum Teil schon ewig dabei. Statt Aufsicht ergibt dieses Amalgam eher Selbstreferenzierung.
Zweitens endet der Einflussbereich des Migros-Chefs dort, wo der Kern der Migros – man muss sagen: der schrumpfende Kern – beginnt: bei den Gärten der Regionalfürsten, bei den Supermärkten und Fachmärkten. Statt Gestaltungsmöglichkeiten provoziert dies ein permanentes Gegen-die-Wand-Rennen.
Die Migros braucht ein Erdbeben
Was also braucht die Migros? Ein Erdbeben, eine tektonische Verschiebung. Eine Präsidentin, deren einziges Ziel ist, die Migros zu einer einzigen Organisation zu machen, nicht zu einem Verbund von Organisationen mit teilweise gegenläufigen Interessen.
Dann braucht die Migros eine Chefin, die willens ist, die Detailhändlerin ins 21. Jahrhundert zu hieven statt in den Strukturen und Gepflogenheiten zu verharren.
Wird das passieren? Kaum. Jedenfalls nicht solange die Migros Bank die Detailhändlerin über Wasser hält.