Mitten im Übernahmestreit mit der italienischen Unicredit wechselt die Commerzbank ihren Vorstandschef aus. Der Aufsichtsrat habe beschlossen, Finanzchefin Bettina Orlopp zur Vorstandsvorsitzenden zu bestellen, teilte die Bank mit. Sie solle den aktuellen Vorstandsvorsitzenden Manfred Knof «zeitnah» ablösen. Als stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden werde der Aufsichtsrat zum selben Zeitpunkt Michael Kotzbauer bestellen. Knof habe Anfang September mitgeteilt, dass er keine zweite Amtszeit als Coba-Chef anstrebe, danach habe die Kandidatensuche begonnen.

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Aufsichtsratschef Jens Weidmann nannte Orlopps Berufung eine «ideale Nachfolgelösung». Sie und Kotzbauer seien Mitarchitekten der Strategie der Bank bis 2027. «Gerade in der jetzigen Phase der Bank sind klare Verantwortlichkeiten entscheidend», sagte Weidmann. Deutschlands zweitgrösste börsennotierte Bank sieht sich derzeit mit einem möglichen Übernahmeversuch durch die zweitgrösste italienische Bank Unicredit konfrontiert.

Finanzderivate mit eingerechnet, hat sich Unicredit schon rund 21 Prozent an der Commerzbank gesichert. Damit wären die Italiener mit Abstand grösster Aktionär bei dem Frankfurter Institut – weit vor dem Bund, der noch rund zwölf Prozent hält. Unicredit beantragte zudem bei der Bankenaufsicht, das Paket auf bis zu 29,9 Prozent erhöhen zu können.

«Rechtlich können wir nichts machen»

Die Bundesregierung sieht nach interner Einschätzung rechtlich keine Handhabe gegen eine Übernahme. «Rechtlich können wir nichts machen», sagte eine mit den Überlegungen der Ampel-Regierung vertraute Person am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Aber die Einschätzung der Regierung habe natürlich Gewicht. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sagte, ihre Regierung halte sich aus der Angelegenheit heraus. «Die Commerzbank-Affäre betrifft nicht die (italienische) Regierung», sagte sie zu Reportern in New York. Bei der Unicredit war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Commerzbank-Aufsichtsratsmitglied Uwe Tschäge erwartet im Fall einer Übernahme tiefe Einschnitte und befürchtet einen massiven Abbau von Filialen. Mit Blick auf die Übernahmepläne von Unicredit-Chef Andrea Orcel sagte der stellvertretende Aufsichtsratschef und Betriebsratsvorsitzende vor der Commerzbank-Zentrale in Frankfurt: «Das wollen wir nicht.»

Über die Aussenwirtschaftsverordnung, über die in bestimmten Fällen Übernahmen aus Nicht-EU-Staaten unterbunden werden können, geht den Insidern zufolge nichts, weil beide Banken unter Aufsicht der EZB stehen. Die Commerzbank sei auch keine kritische Infrastruktur, für die ein besonderer Schutz gelte. Jeder Anteilseigner müsse sich selbst zu dem Vorstoss der Unicredit positionieren. Die Bundesregierung sieht die Commerzbank am Zug, eine Übernahme durch den italienischen Rivalen abzuwehren. «Das ist eine Angelegenheit von Vorstand und Aufsichtsrat der Commerzbank», sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner in Berlin. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Montag eine feindliche Übernahme der Commerzbank klar abgelehnt. «Unfreundliche Attacken, feindliche Übernahmen sind nicht das, was für Banken eine gute Sache ist», betonte Scholz. Die Bundesregierung will vorerst keine weiteren Aktien der Commerzbank verkaufen. Die Ampel hält die Vorgehensweise der Unicredit nicht für transparent.

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bewertete jeden Übernahmeversuch der Commerzbank als «wirklich ganz verheerendes Zeichen für die Stabilität des Industriestandortes Deutschlands,» wie er in Berlin sagte. Grundsätzlich sei er nicht gegen eine Beteiligung im Rahmen einer europäischen Bankenkonsolidierung, auch nicht das Zusammengehen mit Banken aus Frankreich oder Italien, sagte der CDU-Vorsitzende. Er wies darauf hin dass die Commerzbank ungefähr ein Drittel des deutschen Mittelstandes finanziere und ungefähr ein Drittel des gesamten deutschen Aussenhandels. «Eine solche Bank jetzt in die Hände der Unicredit zu geben, hat erhebliche Auswirkungen auf den deutschen Mittelstand, hat erhebliche Auswirkungen auch auf die gesamte deutsche Exportfinanzierung.»

Unterdessen hob die EU-Kommission in Brüssel die Vorteile von Bankenfusionen für den Binnenmarkt hervor. Banken könnten dadurch ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber wirtschaftlichen Schocks stärken. Und sie könnten dadurch effizienter arbeiten, was der Wirtschaft in der EU zugute käme, teilte die EU-Kommission am Dienstag mit. Sie erklärte, sie äussere sich nicht zu konkreten Fällen, wies aber auf die positiven Aspekte einer Konsolidierung im Bankensektor hin. «Fusionen könnten Banken aufgrund einer grösseren Diversifizierung der Vermögenswerte widerstandsfähiger gegen Schocks machen», teilte sie mit. Grössere und breiter aufgestellte Banken könnten von Vorteil für die Wirtschaft der Ländergemeinschaft sein. Aber auch kleine und mittelgrosse Institute seien weiterhin wichtig.

(reuters/spi)