Wie konnte es sein, dass Dieter Behring, der in Bellinzona vor dem Bundesstrafgericht steht, riesige Summen verschieben konnte, ohne dass je jemand daran zweifelte? Eine Antwort gibt ein Bericht der Postfinance, der sich in den Prozessakten befindet. Zwischen 2001 und 2004 war Behring Kunde der Post. Ein grosser Kunde: über eines der Konten flossen insgesamt 200 Millionen Franken.
Die Kundenbeziehung begann gleich mit einer Panne: Zwar hatte der damalige Postfinance-Chef Urs Wepf im 2001 beschlossen, keine Offshore-Konten mehr zu eröffnen. Ein halbes Jahr später konnten Behrings Firmen aber doch noch Kunde werden, obwohl von Anfang an klar war, dass es sich um Offshore-Firmen handelte.
Verschleppte Geldwäscherei-Abklärung
Der Bericht konstatiert: «Wären die Beschlüsse der Geschäftsleitung Postfinance umgesetzt worden, hätte keine Geschäftsbeziehung zu MPI International bestanden und die Geschäftsbeziehung zu Moore Park und Platinum Capital hätten kritisch überprüft werden müssen.» Postfinance wäre «sehr wahrscheinlich viel weniger stark» in den Fall Behring involviert gewesen.
Nicht, dass später niemand genauer hin geschaut hätte. Bereits im August 2001 sei intern ein Geldwäscherei-Verdacht registriert worden, heisst es im vertraulichen «Bericht Behring». Doch dann passierte wenig. Erst im April 2002 wurden Abklärungen aufgenommen. Im November 2002 habe man Behring aufgrund der Meldungen kontaktiert, sich aber «zu früh» mit seinen Antworten zufrieden gegeben. Erst Ende Juni 2004 erfolgte eine Meldung an die Geldwäschereistelle des Bundes.
Mangelnde Fachkompetenz
Die Erklärungen der Kunden seien «zu unrecht als plausibel betrachtet» worden, heisst es im Bericht. «Wohl aufgrund mangelnder Fachkompetenz» des Kompetenzzentrums Geldwäscherei der Postfinance (KPG). Und weiter: «Die lange Untätigkeit bzw. die Langsamkeit in der Bearbeitung des Dossiers lässt sich nicht mit Artikel 6 des Geldwäschereigesetzes vereinbaren und ist zu beanstanden.»
Die Postfinance war zu dieser Zeit nicht der Bankenaufsicht von EBK/Finma unterstellt. Die Post überwachte ihre Tochtergesellschaft mit einer eigenen Selbstregulierungs-Organisation. Erst Ende 2011, mit Blick auf die anstehende Bankenlizenz, wurde die Postfinance direkt der Finma unterstellt.
Grosse Bargeldbezüge und Überweisungen
Das Verhalten von Behring und dessen Geschäftspartner Peter Weibel war alles andere als durchschnittlich: Der interne Bericht der Postfinance verweist unter anderem auf fünf Bargeld-Bezüge mit jeweils mehr als einer Million Franken. Einzige Erklärung damals: Es handle sich dabei um Geld, das in einer anderen Behring-Firma wieder investiert werde. Weshalb das in Bar geschehen musste, dokumentierten die Postbanker nicht.
Eine Überweisung von 5 Millionen Franken an die Bank Maerki Baumann im März 2002 konnte der Bevollmächtigte Weibel – nur zwei Monate nach Ausführung – gar nicht erklären. Im Fragebogen der Post notierte er zum Zweck: «Keine Angabe Möglich; bei Moore Park, ev. Maerki Baumann & Co. AG, evtl. Dieter Behring nachfragen.» Gleiches gelte auch für den wirtschaftlich Berechtigten des Geldes.
Der Postfinance reichte das offenbar auch so als Erklärung. Heute will sie sich gegenüber der «Handelszeitung» nicht mehr dazu äussern.